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Das Blut Von Brooklyn

Das Blut Von Brooklyn

Titel: Das Blut Von Brooklyn
Autoren: Charlie Huston
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von uns auch gibt, es sind immer noch zu viele. Wenn jeder bei einer Heißhungerattacke gleich einen Passanten anfiele, würde sich diese Insel früher oder später in ein Schlachthaus verwandeln. Und die Bombe ginge hoch.
    Denn wenn die normalen Menschen erst mal wissen, was ganz in der Nähe ihres gewöhnlichen Lebens lauert, überleben wir keine weitere Nacht.
    Wir würden alle in der Sonne brennen.
    Und im Vergleich zu dem, was das Vyrus mit seinem Wirt anstellt, wenn er der Sonne ausgesetzt wird, ist das, was Evie gerade durchmacht, ein Spaziergang.
    Wobei ihre Krankheit für sie natürlich alles andere als ein verdammter Spaziergang ist.
    Ich rauche, starre Christian an und erinnere mich, wie er mir geholfen hat, sobald er wieder auf dem Damm war. Er suchte die überlebenden Mitglieder seiner Gang, den Dusters, zusammen und infizierte sie. Einen nach dem anderen. Nach ein paar Monaten waren sie soweit, stiegen auf ihre Öfen und machten der Wall die Hölle heiß. Das Wort Massaker beschreibt es nicht mal annäherungsweise. Für das, was sie in Chinatown anstellten, kenne ich keine treffende Bezeichnung. Das Ende vom Lied war, dass die Pike Street den Dusters gehörte.
    Offiziell sind sie zwar nicht als eigenständiger Clan anerkannt, aber das kann ihnen scheißegal sein, solange sich niemand in ihre Angelegenheiten mischt. Und das tut niemand.
    Ich schnippe meine Kippe in den Verkehr.
    – Nein, ich hab die alten Zeiten nicht vergessen.
    Er setzt die Fliegerbrille wieder auf.
    – Glaub mir. Das, was ich dir zeigen will, geht uns alle an.
    Ich steige hinten auf seine Harley.
    – Wohin fahren wir?
    – Rivington Ecke Essex.
    Ich stelle meine Stiefel auf die Fußrasten.
    – Doch nicht der Candyman?
    Er tippt mit dem großen Zeh auf die Gangschaltung.
    – Genau. Der beschissene Candyman.
    Und gemeinsam überqueren wir die Houston.
     
    Der Keller riecht nach Blut, Ammoniak und Süßigkeiten.
    – Was hältst du davon, Joe?
    – Tja.
    Erneut betrachte ich mir die auf dem Fußboden verteilten Überreste des armen Teufels. Seine Arme, Beine, Hände und Füße, der Kopf, der in der Mitte durchtrennte Torso und das herausgerissene Herz liegen alle genau da, wo sie hingehören. Nur dass die ursprünglich zusammenhängenden Teile jeweils dreißig Zentimeter voneinander entfernt angeordnet sind.
    – Ich glaube, wir haben einen verfluchten Van Helsing am Arsch.
    Christian klatscht die Hände auf die Wangen und rollt mit den Augen.
    – Ein Van Helsing? Nein ehrlich?
    Ich werfe einen Blick auf den großen weißen Kühlschrank der Marke Maytag in der Ecke. Blut klebt am Griff, sickert aus der geschlossenen Tür und bildet eine kleine Pfütze auf dem Boden.
    – Spiel hier nicht den Klugscheißer, Christian. Klugscheißer kann niemand leiden.
    – Das sagt der Richtige.
    Ich gehe zum Kühlschrank und ziehe am Griff. Das Blut um die Tür herum macht ein Geräusch, als ob man zwei aneinandergeklebte Fliegenfänger auseinanderzieht.
    Der Inhalt von zwei Dutzend aufgeschlitzten Blutbeuteln ist über die Einlegeböden aus rostfreiem Stahl verteilt. Etwas davon schwappt auf den Boden.
    Christan kommt zu mir rüber.
    – Taugt es noch was?
    Ich reiche ihm einen der Beutel.
    Er riecht das Ammoniak, das darübergeschüttet wurde. Dasselbe Zeug, das auch im restlichen Keller verteilt ist.
    Er lässt den Beutel fallen.
    – Scheiße. Glaubt er etwa, dass uns Ammoniak was anhaben kann?
    Ich stecke meinen Zeigefinger in das Blut.
    – Auf jeden Fall wird’s dir höllisch schlecht von dem Zeug. Sonst hätte ich schon längst den Kühlschrank sauber geleckt.
    Er schiebt sich den Zylinder aus dem Gesicht.
    – Ich auch, Mann, ich auch.
    Er überlegt.
    – Trotzdem. Das bisschen Magenweh könnte es eigentlich wert sein.
    Ich rieche an dem Blut auf meiner Fingerspitze.
    – Vergiss es. Das Ammoniak hat ihm den Rest gegeben. Damit kann das Vyrus nichts anfangen.
    Er tritt die Kühlschranktür zu.
    – Scheiße.
    Ich wische meinen Finger an einer alten Zeitung ab, die ich von einem Stapel unter der Treppe nehme.
    – Riechst du was?
    Er bläht die Nasenlöcher auf, saugt die Luft ein und verzieht das Gesicht.
    – Das Ammoniak überdeckt alles. Du?
    Ich schüttle den Kopf. Auch ich habe schon herumgeschnüffelt wie ein verdammter Köter, ohne das Geringste zu wittern. Der Inhalt von Solomons Eingeweiden, das Ammoniak und die im Keller gelagerten Süßigkeiten überlagern die subtileren Nuancen von menschlicher Haut und Schweiß. Hätte ich
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