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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons
Autoren: Lynn Raven
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oder ein Vogel baut sein Nest. Raoul hätte jedes einzelne mit Namen gekannt. Erhat sie alle Cathérine gezeigt. Ein Seil schwingt hin und her. Sein leises Knarren. Staub rieselt von dem Balken. Die Tauben scharren und … Ein falscher Tritt! Der Felsen bricht. Für einen Moment hänge ich nur an den Händen. Dann finde ich wieder Halt. – Eine kurze Unaufmerksamkeit genügt und das hier wird unschön. Ein Sturz wäre auf jeden Fall äußerst schmerzhaft. Und auf den Felsen dort unten kann man sich problemlos das Genick brechen, wenn man sich dumm anstellt. – Willst du mich nachholen, Cathí? Im Augenblick ist der Zeitpunkt äußerst schlecht. Gedulde dich noch ein wenig. Wenn das hier schiefgeht, komme ich ohnehin freiwillig.
    Ich löse die Hände nacheinander und wische sie an den Jeans ab. Rücke das Stahlseil über meiner Schulter und den Beutel mit dem, was ich noch brauche, zurecht, ehe ich weiterklettere.
    Je höher ich komme, umso heftiger reißt der Wind an mir. Die Wellen tragen weiße Schaumkronen. Unter mir spritzt die Gischt höher hinauf als noch vor wenigen Minuten. Offenbar bekommen wir einen Sturm. Der Sonnenschein ist manchmal trügerisch. Ich sollte mich beeilen, wenn ich hier nicht festsitzen will.
    Die Spalte ist noch genauso eng, wie ich sie in Erinnerung habe. Kaum erreichbar. Der Fels bietet hier so gut wie keinen Halt. Erst nachdem ich das Seil und den Beutel mit den übrigen Utensilien hineingeworfen habe, kann ich mich hindurchzwängen.
    Von draußen fällt gerade genug Licht durch die Spalte, um die ersten Meter dahinter zu beleuchten. Dann brauche selbst ich eine Taschenlampe. Auch nachdem ich die getönte Brille abgenommen habe.
    Zwischen den Felsen ist gerade genug Platz, dass ich mich seitlich vorwärtsschieben kann. Das Gestein um mich herum ist hell, teilweise fast weiß. Der Boden an manchen Stellen von Rissen zerfressen, an anderen glatt gewaschen.
    Ein Stück tiefer gabelt sich die Spalte. Nach links geht es sanft abwärts, wird sie breiter, öffnet sich nach knapp sechs oder sieben Metern in eine Höhle, in der sich Wasser zu einem See gesammelt hat. Nur hüfttief. Im Licht strahlend blau. Damals war daszumindest so. Am nördlichen Ende ist eine Wand mit Malereien bedeckt. Robben, Wisente und anderes Getier. Um den See herum ein Wald aus Stalagmiten und Stalaktiten. Ein paar davon zusammengewachsen. Wunderschön. Einer von jenen Orten, die ich Dawn gerne zeigen würde. Aber nicht kann. Sie auch nur in die Nähe von Marseille zu bringen, wäre Wahnsinn.
    Ich will nach rechts. Hier geht es deutlich steiler abwärts. Irgendwo tropft Wasser. Hat es angefangen zu regnen? Wäre nicht gut.
    Wie in einem Felskamin muss ich mich zu beiden Seiten mit Händen und Füßen abstützen. Welcher Teufel hat mich eigentlich damals geritten, hier herunterzuklettern? Papa hat schon geflucht, als ich ihm die Spalte gezeigt habe, aber hier … dass er solche Ausdrücke kannte, hat mein Weltbild seinerzeit ein klein wenig erschüttert. Doch er hatte keine andere Wahl, als mich zu begleiten. Offiziell weiß immer nur der Kideimon, wo das Blut verborgen ist. Inoffiziell sind es zwei: der alte und der nächste Hüter. Bei unserer Art wäre alles andere reine Unvernunft. Und wenn Adrien bei dieser Farce von einem Prozess damals die Klappe gehalten hätte, wüsste es heute gar niemand mehr. Genau das war mein Plan. Es wäre vorbei gewesen; mit mir und mit ihrem kostbaren Blut. – Wenn er den Fürsten damals tatsächlich nicht gesagt hätte, dass Papa nicht ihm, sondern mir das Amt des Kideimon übergeben hat, hätte ich Dawn nie kennenlernen dürfen. Scheint so, als müsste ich ihm doch dafür dankbar sein, dass ich es nicht beenden konnte. – Ob Gérard wusste, dass Papa der Kideimon war? Unzählige Male habe ich mich das schon gefragt.
    Am Ende treffe ich auf den Felssims, nicht mehr als einen knappen Meter habe ich als Tritt. Dort, wo ich hinwill, ist er nur noch halb so breit. Daneben geht es senkrecht in die Tiefe. Es dauert verdammt lang, bis ein Stein den Boden dieses Nichts erreicht hat.
    Zweihundertsiebenundachtzig Schritte vom Ende des Felsschachtes aus. Ab einem gewissen Punkt schiebe ich mich mit dem Rücken am Stein entlang. Kein Risiko diesmal.
    Die Überreste des Seils von damals hängen noch dort drüben. Wir haben es seinerzeit nur auf dieser Seite gekappt.
    Ungefähr zwölf oder dreizehn Meter. Zu weit, um hinüberzuspringen. Ohne Platz, um ein paar Schritte Anlauf zu nehmen. Auch
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