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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons
Autoren: Lynn Raven
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bringen. In Dubai hätte ich genügend Zeit gehabt.
    Zurück auf der anderen Seite löse ich nur das Seil. Mit einem Zischen rasselt es durch die Ratsche und schlägt klatschend unten in der Spalte gegen den Fels. Alles andere bleibt, wie es ist. Ganz abgesehen davon, dass es mehr als unwahrscheinlich ist, dass hier tatsächlich noch einmal jemand herkommen wird, werde ich ohnehin ein anderes Versteck für das Blut suchen. Sofern das überhaupt nötig sein wird.
    Ohne das Seil und den Beutel komme ich auf dem Rückweg deutlich schneller voran. Jenseits der Spalte ist der Fels nass. Es muss tatsächlich geregnet haben, während ich im Innern war. Wie das Seil und das übrige Equipment lasse ich auch die Taschenlampe einfach in der Spalte zurück.
    Der Abstieg gestaltet sich kaum schwieriger als der Aufstieg. Im Gegenteil. Eine dichte Wolkendecke hängt grau und drohend tief über dem Meer. Bei diesem Licht werde ich noch nicht einmal die Brille brauchen.
    Das Boot wirft sich am Fuß der Wand unruhig auf den Wellen hin und her. Die Felsen haben den Fendern übel mitgespielt. Selbst von hier ist das nicht zu übersehen. Der Sturm lässt offenbar trotzdem noch auf sich warten. Gut.
    Um an Bord zurückzugelangen, braucht es nicht mehr als einen Sprung und eine halbe Drehung in der Luft. Das Deck ist glatt. Die Sitze nass.
    Ich zerre das Handy aus der Hosentasche, während ich noch die Taue löse. Die Nummer von di Ulderes Piloten habe ich im Kopf. Er geht nach dem zweiten Klingeln ran.
    Ich werde Dawn nicht noch eine weitere Nacht mit ihren Albträumen allein lassen. »In spätestens zwei Stunden bin ich am Flughafen. Sorgen Sie bitte dafür, dass wir ohne Verzögerung starten können. – Egal wie das Wetter dann aussieht. Jeder Preis ist akzeptabel.« Auch wenn ich nicht weiß, wie ich das Geld aufbringen soll, sollte es tatsächlich nötig sein.
    »Natürlich, Sir.« Mehr braucht es nicht. Wir legen beinah gleichzeitig auf. Sie wird trinken müssen, wenn ich zurückkomme. Vielleicht ergibt sich in Marseille noch eine Gelegenheit zur Jagd. Ich könnte mein Glück im Panier versuchen. Nein. Zu weit. Eine der Kneipen direkt am Alten Hafen wird es tun. Der Wind zerrt an meinen Haaren und peitscht sie mir in die Augen. Draußen vor der Einfahrt in die Calanque ist das Meer dunkel. Die Wellen schlagen gefährlich hoch.
    Vielleicht können Legenden meinen Traum retten.
    Der Wind trägt das Geräusch eines anderen Bootes zu mir. Ein Rennboot, dem Klang des Motors nach. Durchaus möglich, dass es ein paar PS mehr hat als dieses. Eine Witterung hängt daran. Unverkennbar. Mindestens einer davon hatte erst kürzlich direkten Kontakt mit Gérard. Wenigstens steht er im Moment günstig für mich. Sie fahren an der Calanque vorbei. Dummköpfe. – Trotzdem. Das kann kein Zufall sein. Woher wissen sie, dass ich hier bin? Der Bootsverleiher kennt nur einen falschen Namen und ein falsches Ziel. Es ist noch nicht einmal derselbe, unter dem ich eingereist bin. Di Uldere? Unwahrscheinlich. Er kennt auch nur das Flugziel. Aber nicht ausgeschlossen. Wir werden sehen.
    Ich warte gerade lange genug, um sicher zu sein, dass auch sieden Motor meines Bootes nicht mehr hören können, ehe ich ihn starte. Selbst jetzt lasse ich ihn nur gedrosselt laufen, damit er möglichst wenig Lärm macht. Draußen auf dem Meer ist die Witterung verweht. Keine Spur mehr davon. Der Bug hebt sich aus dem Wasser, als ich den Gashebel bis zum Anschlag vorschiebe. Mein Boot schießt über die Wellen. Jede kracht bei dieser Geschwindigkeit mit einem dumpfen Schlag gegen den Rumpf.
    Ich werde in Bangor jagen müssen. Oder direkt in Ashland Falls. Hier in Marseille könnte ich die Beute werden.

Bruderzwist
    A drien hatte mich töten wollen und ich war noch am Leben! Das war irgendwie schwer vorstellbar, eigentlich ein Widerspruch in sich. Wenn Adrien – oder Julien – jemanden töten wollte, dann überlebte man das nicht. Punkt. Und trotzdem lag ich auf meinem Bett und atmete. Finde den Fehler, Dawnie. Dummerweise verweigerte mein Gehirn die Zusammenarbeit.
    Mein Hals brannte und meine Brust tat weh. Ich erinnerte mich daran, dass ich geschrien hatte, als er mir vollkommen unvermittelt das Kissen – Juliens Kissen – aufs Gesicht drückte, dass ich mich unter ihm wand, dass ich kämpfte, keine Luft mehr bekam. Und dass es dunkel um mich geworden war, als ich erstickte. Natürlich. Ich hatte niemals eine Chance gegen Adrien. Er war ungleich stärker als ich. Und
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