Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
fleißig mithelfen. Vielleicht sollten wir jetzt den Bestellzettel zu Ende ausfüllen?« Resolut zückte sie ihren Stift.

4 . K APITEL
    A ls sie an diesem Abend den Gasthof Goldene Henne erreichten, waren Mutter und Tochter zwar müde und bis in den letzten Knochen durchgefroren, dafür aber um dreivollständig ausgefüllte Bestellzettel reicher. Außer der Gärtnerei Flumm hatten sie noch zwei weitere Gärtnereien am Rande der Stadt aufgesucht, und alle hatten gut eingekauft. Am nächsten Tag würden die Kunden in der Stadt – Hotelgärtner, Besitzer von Privatgärten sowie die städtischen Gärtner, die für die Bepflanzung der Kuranlagen zuständig waren – an die Reihe kommen. Auch bei diesen versprach sich Hannah gute Geschäfte.
    Das Essen stünde in einer Viertelstunde auf dem Tisch, versprach die Wirtin, kaum dass Mutter und Tochter durch die Tür traten. Außerdem habe sie zwei Wärmflaschen in die Betten gelegt, fügte sie mit einem mütterlichen Lächeln hinzu.
    Ein angewärmtes Bett – Flora stöhnte vor Wonne auf, als sie die schmale Treppe zu ihrer Kammer hinaufstiegen. Wenn das Zimmer nicht gar zu kalt war, konnte sie sich bis aufs Unterkleid ausziehen, sich zwischen die Laken kuscheln und –
    Â»Glaub ja nicht, du kämst heute so schnell ins Bett«, sagte Hannah, als könne sie Gedanken lesen. »Jetzt feiern wir erst einmal unsere guten Umsätze. Auch das gehört zum Geschäft. Warte nur ab, ich werde dir den Handel noch richtig schmackhaft machen!«

    Ein gutes Essen, vielleicht ein Krug Bier dazu oder ein Glas Wein – so hatte sich Flora den Abend vorgestellt. Dass ihre Mutter die ganze Gaststube mit ihrem Gesang unterhalten würde – damit hatte sie nicht gerechnet.
    Â»â€¦ Es wollt ein Schneider wandern,
    Am Montag in der Fruh,
    Begegnet ihm der Teufel,
    Hat weder Strümpf noch Schuh’:
    He, he, du Schneiderg’sell,
    Du musst mit mir in die Höll,
    Du musst uns Teufel kleiden,
    Es gehe, wie es wöll …
    Los, sing mit, Kind!«, forderte Hannah Flora auf, doch die schüttelte nur den Kopf. Die Handtasche mit dem eingenommenen Geld fest auf dem Schoß, saß sie da und hörte zu, wie Hannah die zweite Strophe des Wanderliedes anstimmte. Die Männer, die sich rund um ihren Tisch versammelt hatten, fielen mit ein.
    Hannah und Flora hatten ihr Essen – ein kräftiges Gulasch mit allerlei Gemüse und dicken Fleischstücken – noch nicht ganz aufgegessen, als schon der erste Gast fragte, ob er ihnen Gesellschaft leisten dürfe. Es dauerte nicht lange, bis der nächste kam. Und der nächste.
    Schnell geriet man ins Erzählen – Flora staunte, wie lebhaft sich Hannah am Gespräch beteiligte. Nach den anstrengenden Verkaufsverhandlungen wäre es kein Wunder gewesen, wenn sie ein wenig mundfaul reagiert hätte. Flora selbst war das ganze Palaver schon fast zu viel.
    Bis auf einen der Männer – er hatte sich als Vertreter von Miederwaren vorgestellt, was bei seinen Tischnachbarn wahre Anfälle von Heiterkeit ausgelöst hatte – gaben alle eine Runde Bier, Schnaps oder Wein aus. Und als Hannah das erste Lied anstimmte, fielen alle außer Flora mit ein. Sie lächelte verlegen und wunderte sich darüber, dass die anderen alle den Text kannten.
    Â»â€¦ Sobald der Schneider in die Höll kam,
    Nahm er seinen Ehlenstab,
    Er schlug den Teuflen Buckel voll,
    Die Hölle auf und ab:
    He, he, du Schneiderg’sell,
    Musst wieder aus der Höll,
    Wir brauchen nicht zu messen;
    Es gehe, wie es wöll …«
    Flora schüttelte den Kopf. Auch auf Dorffesten war Hannah immer diejenige, die als Erste das Tanzbein schwang, was nicht von allen mit Wohlgefallen gesehen wurde. Tanzen war liederlich – manch einer von den älteren Gönningern vertrat noch immer diese Ansicht, die natürlich weder Flora noch ihre Freundinnen teilten. Doch manchmal war Flora die Ausgelassenheit der Mutter ein wenig peinlich.
    Gerade war sie aufgesprungen und wiegte sich im Takt der Musik.
    Â»â€¦ Nachdem er all gemessen hat,
    Nahm er seine lange Scher
    Und stutzt den Teuflen d’ Schwänzlein ab
    Sie hüpfen hin und her.
    He, he, du Schneiderg’sell,
    Pack dich nur aus der Höll,
    Wir brauchen nicht das Stutzen,
    Es gehe, wie es wöll …«
    Unwillkürlich musste auch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher