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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel
Autoren: Petra Durst-Benning
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vor ein paar Tagen zu ihm gesagt.
    Friedrich schnaubte. Wie viele Jahre würde das noch dauern?
    Auf der Höhe des ehemaligen Hotels Stéphanie blieb er abrupt stehen. Jetzt hatte er tatsächlich vor lauter Grübeleien seinen üblichen Abzweig in die Stephanienstraße verpasst!
    Andererseits wurde er so früh daheim eh noch nicht erwartet. Sabine hatte Ausgang. Hatte Mutter nicht erwähnt, dass sie heute Abend eigenhändig Waffeln backen wollte? Für Alexander und ihn.
    Wie so oft in letzter Zeit hatte er das Mittagessen mangels Appetit ausfallen lassen. Ein vorwitziger Sonnenstrahl fiel durchs Blätterdach der Allee und kitzelte Friedrichs Nase. Vielleicht würde ein Spaziergang seinen Appetit zurückbringen?
    Er war ein paar Schritte gegangen, als sein Blick über die Oos hinweg auf die riesigen Berge Baumaterial fiel, die entlang der Hotelfassade des Stéphanie aufgetürmt lagen. Holz, Steine, noch mehr Holz und – waren das nicht in Stein gehauene Statuen? Der neue Besitzer schien große Pläne mit dem alten Kasten zu haben.
    Genau wie Lady Lucretia mit dem Hotel Marie-Eluise. »Der Kaufvertrag ist unterzeichnet, der Architekt hat die Baupläne fertig, sobald die Baubehörde meinen Umbaumaßnahmen zugestimmt hat, geht es los. Schließlich will ich im kommenden Jahr im eigenen Hotel nächtigen. Und Kurgäste empfangen!«, hatte die Engländerin am Morgen zu ihm gesagt. Sogar am letzten Tag ihres Aufenthaltes hatte sie es sich nicht nehmen lassen, die heilende Wirkung des Wassers zu genießen.
    Lady Lucretia meinte es wirklich ernst. Lange Zeit hatte Friedrich der Sache nicht getraut. Die Leute redeten schließlich viel, wenn der Tag lang war.
    Doch Lady O’Donegal war da anders. Sie machte Nägel mit Köpfen. Voller Eifer hatte sie ihm ihre diversen Ideen unterbreitet. »Die neue Badeabteilung des Marie-Eluise wird zehn Badewannen haben, eine davon wird nur mit Kaltwasser gespeist, falls jemandem der Sinn nach einer Kaltbadekur steht. Sie mit Ihrem Fachwissen wären genau der richtige Mann, um den Hotelgästen all dies nahezubringen! Und bedenken Sie: Eine neue Aufgabe würde Sie ein wenig ablenken von … na, Siewissen schon.« Die Lady hatte ihm in ihrer bekannt heftigen Art auf die Schulter geklopft. »Ich erwarte Ihre Entscheidung endgültig heute Abend um sechs Uhr. Sollten Sie mir dann eine Absage erteilen, muss ich wohl oder übel nach einem anderen Mann Ausschau halten.«
    Noch eine Stunde … Friedrichs Blick wanderte zurück in Richtung Stadt. Sollte er schon jetzt zum Hotel Marie-Eluise gehen und ungestört einen letzten Blick auf die Badewannen werfen? Noch einmal träumen von dieser großen Aufgabe, die ihm auf einem silbernen Tablett angeboten wurde?
    Mit einer Frau an seiner Seite hätte er wahrscheinlich keinen Moment gezögert, das Angebot der Engländerin anzunehmen. Doch allein hatte so etwas keinen Sinn.
    Nein, er würde Punkt sechs im Hotel auftauchen und Lady O’Donegal sagen, dass –
    Seine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als er auf einer Parkbank ein zusammengesunkenes Häuflein Elend entdeckte. Flora!
    Sein erster Impuls war es, die Straßenseite zu wechseln, so zu tun, als hätte er sie nicht gesehen, bevor sie ihn bemerkte. Doch genau in diesem Moment schaute sie auf.
    Ihre Augen waren rot und verheult, ihr Blick war ungläubig. »Friedrich …?«
    Unwillkürlich straffte er die Schultern und nickte ihr zu. Die Lippen aufeinandergepresst, brachte er nicht einmal ihren Namen heraus.
    Â»Friedrich …«
    Wie sie seinen Namen aussprach! Es klang wie ein Seufzer. Friedrich lief ein Schauer über den Rücken.
    Â»Wie geht es Alexander, ist er gesund? Und wie geht es dir? Du –« Sie brach ab, schlug eine Hand vor den Mund. »Verzeih. Ich habe kein Recht, so was zu fragen.«
    Â»Alexander geht es gut. Als ob du das nicht wüsstest! Glaubst du, ich hätte nicht gemerkt, dass Sabine dir allwöchentlich den Buben zuführt? Hältst du mich wirklich für so dumm?«, presste er hervor, während er das Gefühl hatte, dass tausend wild gewordene Bienen in seinem Kopf umhersurrten.
    Einen langen Moment schwiegen beide.
    Sie war blass. Dunkle Schatten unter ihren Augen zeugten von zu wenig Schlaf. Und so mager – sie hatte ja gar kein Fleisch mehr auf den Rippen!
    Vielleicht schmeckte das
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