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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel
Autoren: Petra Durst-Benning
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Blicke der Frauen unter gesenkten Lidern auf seine Schenkel richteten, auf sein breites Kreuz, sein herzliches Lachen.
    Flora lachte traurig auf. Die Menschen waren so leicht zu täuschen! Glaubten sie allen Ernstes, dass sich unter einer edlen Hülle auch in jedem Fall eine edle Seele verbarg? Oder war den Leuten dies gleichgültig?
    So, wie es ihr gleichgültig gewesen war?
    Konstantin. Ihr Abenteurer. Wild und unbezähmbar. Und unter seiner edlen Hülle …
    Jetzt hatte er sie gesehen, wedelte fröhlich mit seinem Hut, signalisierte ihr, dass er sie weiter vorn treffen wollte. Eilig versuchte Flora, sich aus der Menge zu lösen.
    Â»Flora, die liebe Anna hat uns noch zu einem Umtrunk eingeladen. Du bist doch nicht böse, wenn ich auf ein, zwei Gläschen vorbeischaue? Ich verspreche dir, heute Abend bin ich nur für dich da.« Er lächelte sie an, verheißungsvoll, verführerisch, aber auch bestimmend.
    Flora seufzte. Heute war es die erfolgreiche Jagd, die gefeiert werden musste. Morgen war es dies, übermorgen etwas anderes. So würde es wohl immer sein.
    Konstantins Pferd hatte sich schon wieder in Bewegung gesetzt, als er sich im Sattel noch einmal zu ihr umdrehte. »Denk an heute Abend! Nur du und ich!« Er zwinkerte ihr ein letztes Mal zu.
    Flora nickte stumm.
    Dafür, für dieses Augenzwinkern, habe ich alles zerstört, was mir lieb und teuer war.
    Wie ein Fleck einen Stoff durchdringt, so durchdrang diese Erkenntnis Flora mit jedem Schritt, den sich Konstantins Pferd von ihr entfernte, mehr und mehr.
    Konstantin, ein Frauenheld, dessen größter Besitz sein Lächeln war. Eine edle Hülle, unter der nicht allzu viel steckte.
    Unfähig zu einem anderen Gedanken, blieb Flora inmitten von Apfelbutzen, Pferdeäpfeln und anderem Unrat stehen, während sich die Menge um sie herum auflöste. Ein spitzenbesetztes Taschentuch wirbelte zusammen mit dem Herbstlaub im aufkommenden Wind.
    Tat sie Konstantin Unrecht? Weil er sie abermals allein ließ und sie wütend auf ihn war? Er hatte ihr schließlich nie etwas versprochen, hatte nie vorgegeben, anders zu sein, als er war.
    Alles verloren. Für nichts und wieder nichts.
    Mit steifen Schritten setzte sich Flora in Bewegung.
    Wenn sie tief in sich hineinhorchte, war da nur eine endlose Leere. Alles andere war verbraucht, ihre große Liebe, das, was sie dafür gehalten hatte, ein Strohfeuer. Erloschen. Wohin hatte der Herbstwind plötzlich all ihre Sehnsucht, ihre leidenschaftlichen Gefühle getragen?
    Auf einmal fühlte sie sich so kraftlos wie noch nie in ihrem Leben. Mechanisch setzte sie einen Fuß vor den anderen und versuchte dabei, ruhig durchzuatmen. Doch ihre Kehle war wie zugeschnürt.
    Und nun – wohin? Zurück ins Hotel? Allein bei dem Gedanken sträubte sich alles in ihr. Nein! Nie mehr! Sie wollte nicht mehr warten.
    Oder doch fort aus Baden-Baden? Zurück nach Gönningen?
    Dort würden sie sie aufnehmen müssen. Es war doch ihr Zuhause! Auch wenn sie Schande über die Familie gebracht hatte.
    Und was war dann mit Alexander? Nein, sie musste in seiner Nähe bleiben, konnte nicht weg.
    Flora hatte die nächste Parkbank noch nicht ganz erreicht, als ihre Beine den Dienst versagten und sie kraftlos zusammensackte.

59 . K APITEL
    N achmittags um fünf schlüpfte Friedrich in seine Jacke und schaute sich ein letztes Mal in der Trinkhalle um. Keine Menschenseele weit und breit. Entweder feierten die Kurgäste ihren Abschied oder sie waren bereits beim Kofferpacken.
    Wer jetzt noch kam, sollte sich in Gottes Namen sein Heilwasser selbst abfüllen!
    Was hatte sich in diesem Jahr eigentlich geändert, außer dass es das Spielcasino nicht mehr gab?, fragte er sich, während er sich durch die Trauben von gutgekleideten Menschen rund um das Conversationshaus schlängelte. Gesellschaften, Ausflüge, Champagner – nach wie vor stand das Amüsement bei den Kurgästen an erster Stelle. Und auch seitens der Kurverwaltung waren keine allzu großen Anstrengungen unternommen worden, um daran etwas zu ändern.
    Â»Sie sind zu ungeduldig! Die jahrelangen Gepflogenheiten der Gäste lassen sich nicht so schnell ändern. Seien Sie froh, dass die Leute überhaupt noch in unsere Stadt kommen. Und wenn erst einmal das Friedrichsbad seine Pforten öffnet, werden auch die echten Kurgäste anreisen«, hatte der Kurdirektor erst
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