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Das bisschen Haushalt

Das bisschen Haushalt

Titel: Das bisschen Haushalt
Autoren: Martin-Nils Däfler
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Aufträge abzuwehren. Den zweiten Brief schicke ich an meine Lieblingskunden. Darin lasse ich wissen, dass ich wegen eines höchst anspruchsvollen und langwierigen Projekts zukünftig nur noch vormittags zur Verfügung stehe, gern aber weiterhin für sie tätig sei.
    Beide Briefe beende ich just-in-time. Also muss Paul nicht auf sein Mittagessen warten. Um 14:50 Uhr verlassen wir das Haus, um Rebecca aus dem Kindergarten abzuholen. Ich gehe zur „Bärengruppe“ und suche dort mein Töchterlein. Selbige ist aber nicht im Gruppenraum anzutreffen. Sie trainiert im oberen Hof für ihre Karriere als Formel-1-Pilotin und malträtiert erbarmungslos ein Dreirad. Gerade als ich erscheine, nimmt sie eine Kurve, viel zu schnell, wie ich finde, und verliert das Gleichgewicht. Schluchzend kommt Rebecca zu mir gerannt und muss erst einmal getröstet werden. Das zerschrammte Knie bekommt ein Pflaster und einen Kuss - danach ist die Welt wieder in Ordnung und wir gehen gemeinsam ins „Drachenzimmer“, den Raum für die älteren Hortkinder. Dorthin ist Paul gleich nach unserer Ankunft gelaufen, um mit seinem Freund Lukas über die beste Spielstrategie bei „Mario Kart“ zu beratschlagen.
    „Nö“, er gehe keinesfalls mit nach Hause, sondern er bleibe lieber hier und setze sein Fachgespräch fort. „Wenn ich sage, dass es nach Hause geht, dann geht es auch nach Hause.“ „Geht es nicht.“ „Wenn du nicht augenblicklich kommst, liegst du heute Abend um sieben Uhr im Bett.“ „Ist mir doch egal!“ „Das wird dir nicht egal sein.“
    Offensichtlich will er vor seinen Kumpels einen auf dicke Hose machen. Aber nicht mit mir. Ich flüstere ihm ins Ohr, dass ich, sollte er nicht sofort seine Sachen zusammenpacken, vor allen seinen Freunden davon berichten werde, wie er als Baby Daumen gelutscht hat. Das ist zwar eine pädagogische Bankrotterklärung, aber es wirkt. Paul ist gnadenhalber damit einverstanden mitzukommen, allerdings nur unter der Bedingung, dass er seine Hausaufgaben erst nach dem Abendessen machen müsse.
    Ich begleite Rebecca zu ihrem Kleiderhaken. „Wo sind eigentlich deine Haarspangen, die Mami dir heute Morgen reingemacht hat?“ „Keine Ahnung!“ Aber jetzt, wo ich es sage, vermisst Rebecca ihren Lillifee-Haarschmuck plötzlich auf das Ärgste. „Wooohooo sind die Spangen?“, wimmert sie.
    Also machen wir uns auf die Suche. Zunächst am Maltisch, dann in der Puppenküche, anschließend im Kinderrestaurant und schließlich auf den Toiletten. Fehlanzeige. Meine weiße Jeans hat inzwischen schwarze Knie. Trotzdem: Weitersuchen! In der Legoecke, auf dem oberen Hof und im Traumstundenzimmer - dort schließlich finde ich sie, zwischen zwei Matratzen. Inzwischen ist es 15:34 Uhr, Paul hat die Wartezeit genutzt, um die Sandalen seiner Schwester zu verstecken: „Na, du Kack-balken, wo sind denn die Schühchen?“, provoziert er Rebecca. „Noch einen Ton von dir und du hast eine Woche strengstes Fernsehverbot. Und wenn die Schuhe nicht innerhalb von 30 Sekunden auftauchen, kommt noch eine weitere Woche dazu!“
    „Papa, du bist ein Spielverderber!“ Ist mir jetzt auch wurscht
    - Hauptsache, wir kommen vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause. Teilerfolg: beide Kinder vollständig angezogen, inklusive Haarspangen. Doch da kommt Ursula, Supermami von Anne-Sophie und Ole-Leander, um die Ecke gebogen. Ursula ist nicht irgendeine Mutter - sie ist stellvertretende Elternbeiratsvorsit-zende. Ursula hat nicht nur die gesamte Ratgeberliteratur zum Themenkomplex „Erziehung, Kinder, Familie“ gelesen, sondern verfügt auch über ein ausgeprägtes Sendungsbewusstsein. Das hatte mir schon Carola erzählt. Mit missionarischem Eifer nutzt sie jede sich bietende Gelegenheit, pädagogische Flachpfeifen wie mich zu belehren und bekehren. Sie drängt mir ein Gespräch über die mittägliche Verpflegung im Kindergarten auf.
    „Du, sollten wir nicht zukünftig einführen, dass die Mütter einmal pro Monat für alle Kinder kochen?“ „Jo“, antworte ich knapp. Das ist meine Strategie: Ich lasse mich erst gar nicht auf eine Diskussion ein. „Weißt du, da müssen wir nicht täglich etwas zum Wärmen mitgeben.“ „Jo.“ „Und außerdem werden die Kinder viel abwechslungsreicher ernährt.“ „Jo.“ „Und auch der soziale Aspekt des gemeinsamen Essens ist nicht zu unterschätzen.“ „Jo.“
    Ich will nur noch weg von hier. Rettung naht - eine andere Mutter erscheint, um ihren Sohn abzuholen. Ich binde sie galant in
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