Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das bisschen Haushalt

Das bisschen Haushalt

Titel: Das bisschen Haushalt
Autoren: Martin-Nils Däfler
Vom Netzwerk:
vergessen hatte, heute früh zu erledigen.
    Zweite Panne: Als ich auf die Uhr schaue, erkenne ich, dass ich eigentlich schon längst im Kindergarten hätte sein sollen. Na toll, gleich am ersten Tag zu spät. „Los, Paul, wir müssen los, deine Schwester abholen!“, schreie ich hektisch in Richtung Wohnzimmer. Im Kindergarten begrüßt uns Rebecca mit vorwurfsvoller Mine. Frau Knoll, die Erzieherin funkelt mich böse an, schaut reichlich auffällig auf ihre altmodische Armbanduhr und murmelt etwas von „festen Abholzeiten“.
    „’tschuldigung, ich hatte noch ein wichtiges Kundentelefonat“, verteidige ich mich nicht ganz wahrheitsgemäß, „soll nicht wieder vorkommen.“ Zur Wiedergutmachung biete ich Rebecca an, ohne Umwege zum Spielplatz zu fahren. „Och, nö, ich will lieber weiter fernsehen“, kommentiert Paul meinen Vorschlag. „Ja, ich will auch heim und fernsehen“, verkündet Rebecca in dem ihr eigenen Quengelton. „Bei so einem schönen Wetter geht’s raus an die frische Luft. Drinnen hocken könnt ihr im Herbst noch oft genug. Jetzt keine Widerrede - das wird bestimmt klasse, wenn der Papa mit euch auf den Spielplatz geht“, versuche ich die beiden zu motivieren.
    Mit langen Gesichtern und schlurfenden Schrittes folgen mir zwei sichtlich enttäuschte Kinder. Hatte ich angedroht, dass wir zu Großtante Elfriede fahren oder hatte ich einen schönen Nachmittag auf dem Spielplatz in Aussicht gestellt? Wer soll diese Kinder verstehen? Es scheint wohl Schöneres zu geben, als mit seinem Erzeuger unterwegs zu sein. Nun, die Freude wird noch kommen, wenn wir erst mal dort sind - mutmaße ich.
    Tatsächlich - kaum sind wir angekommen, hellen sich die Minen auf. Allerdings aus einem anderen Grund: Paul und Rebecca haben Freunde entdeckt. Sie stürmen sofort auf das Klettergerüst zu. „Gott sei Dank, wir müssen nicht mit unserem Alten spielen“, denken sie vermutlich erleichtert. Meiner Kinder beraubt, stehe ich nun recht orientierungslos da. Ich lasse meinen Blick wandern und erblicke etliche Sitzbänke mit Müttern, die in heitere Gespräche vertieft zu sein scheinen. Genau so hatte ich mir das vorgestellt. Welche Idylle! Ich fühle mich schon deutlich besser, auch ohne Kinder. Aber: Wohin soll ich jetzt gehen?
    Ich sondiere die Lage und lasse meine Augen wandern: Beate und Carolin im angeregten Dialog. Die zwei kenne ich vom Elternabend, da gehe ich mal hin. „Hallo, ihr beiden, darf ich mich zu euch gesellen?“ Sicher doch - ich sei herzlich willkommen und ach, wie schön, endlich mal ein Mann hier. Ob ich Urlaub hätte? Nein, mit Stolz geschwellter Brust verkünde ich: „Ab sofort bin ich für den Haushalt und die Kinder zuständig!“
    Vier verdutzte Augen blickten mich an, als hätten sie gerade erfahren, dass Desperate Housewives vom Programm abgesetzt wurde. Etwas mehr Begeisterung hatte ich schon erwartet.
    „Du? Das machst du keine vier Wochen!“
    Na, euch werde ich es zeigen - das ist doch eine leichte Übung, den Haushalt zu organisieren und die Kurzen zu beaufsichtigen. Gerade als ich dies denke, dringt fürchterliches Geschrei herüber: Paul ist von der Hängebrücke gestürzt und hat sich beim Aufprall den Ellbogen angestoßen.
    „Das tut doch gar nicht weh“, will ich ihn trösten. Er heult nur noch mehr. „Dann zeig doch mal her.“ Äußerlich ist nichts zu erkennen. Ich vermute eine Fraktur, mindestens jedoch eine ernst zu nehmende Prellung und überlege mir schon den kürzesten Weg ins nächste Krankenhaus. Meine Diagnose erweist sich glücklicherweise als falsch. Wenige Augenblicke später sieht der Patient nämlich seinen Freund Marcel und läuft quietschfidel zu ihm hin. Aus den Augenwinkeln sehe ich Beate und Carolin wissend lächeln.
    Gut, die Lektion hatte ich gelernt: Nicht jedes Kindergeschrei bedeutet automatisch: Notarzt.
    Lässig setzte ich die Unterhaltung mit meinen Banknachbarinnen fort. „Ach, wisst ihr, wer mal so richtig im Business war wie ich, einer der ständig unter Strom gestanden hat, der hat sich auch mal ’ne ruhige Zeit verdient. Ganz geschmeidig wird das jetzt.“
    Beate und Carolin schauen einander vielsagend an. Ihre Antwort geht in einem plötzlich hereinbrechenden Schwall lautstarker Beschimpfungen unter, die ich mich aufgrund jugendschutzrechtlicher Bestimmungen nicht wage, meinem Tagebuch anzuvertrauen. Denn wer weiß schon, wer das mal lesen wird! Mitten in der Gruppe zankender Kinder: Rebecca. Es geht um die Machtverhältnisse im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher