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Das bisschen Haushalt

Das bisschen Haushalt

Titel: Das bisschen Haushalt
Autoren: Martin-Nils Däfler
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etwa fünfzehnjährigen Jungen, der wohl dachte, ich sei flotter unterwegs. Aber auch mit diesem zusätzlichen Schub kommen wir nur unmerklich schneller voran, sodass wir schon bald weitere Gesellschaft haben. Immer mehr Rutschende stoßen hinten an. Vor der letzten Biegung müssen es wohl insgesamt etwa zehn Personen sein, aus denen unsere Rutschpartie besteht. Als wir unten ankommen, steht Paul schon längst am Beckenrand und krümmt sich vor Lachen: „Mensch, Alter, du bist ja so was von lahm!“
    „Na ja, ich habe wohl das falsche Outfit an“, erwidere ich und schlage den Weg zurück zu unserem Lager ein „und außerdem sollst du nicht ,Alter‘ zu mir sagen, verstanden!“ An unserem Platz schnappe ich mir das Schlauchboot und beginne damit, es aufzublasen. Nach etwa zwanzig kräftigen Zügen muss ich pausieren. Das Weißbier, die Hitze und meine schlechte Kondition sind verantwortlich dafür, dass das Gefährt nur ganz langsam Form annimmt. Mit hummerrotem Kopf und völlig außer Puste vollende ich dann doch irgendwann das Werk und blicke voller Stolz auf das blau-gelbe Zweikammer-Gummiboot, das wir sofort zum Becken tragen. Gerade als wir unseren Ozeanriesen besteigen wollen, stürzt der Bademeister auf uns zu.
    „Was denken Sie sich eigentlich? Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass Sie Ihr Boot hier benutzen können?“, werde ich angeblafft. „Natürlich habe ich das gedacht, sonst hätte ich nicht den Erstickungstod riskiert, um dieses Boot aufzublasen“, gebe ich schnoddrig zur Antwort. „Vielleicht schauen Sie sich mal um. Bei so vielen Besuchern können Sie doch nicht so einen Schrott anschleppen.“ „Also, das ist erstens kein Schrott, sondern ein hochwertiges Schlauchboot. Zweitens ist das hier doch kein Trainingsbecken für die Schwimm-Olympiamannschaft, sondern ein Freizeitpool.“
    „Ich diskutiere mit Ihnen jetzt nicht weiter. Eins ist klar: Das Boot bleibt draußen!“ „Aber da vorn, dort rechts und drüben beim Nichtschwimmerbereich sehe ich doch auch Leute mit Reifen, Gummitieren und Luftmatratzen.“ „Ich bin nicht blind! Aber wie Sie vielleicht erkennen können, sind das alles keine Boote. Gegen Schwimmhilfen haben wir ja nix, nur gegen Schlauchboote mit diesen Ausmaßen.“
    Ich muss mich geschlagen geben. „Kommt, Kinder, wir gehen!“ Etwas deprimiert ob meiner Niederlage kehre ich mit den beiden enttäuschten Seefahrern zurück zu unserem Basislager. „Leute, der Typ hat schon Recht. Die anderen Gäste müssen ja auch schwimmen können. Lasst uns das Gummikrokodil nehmen, das dürfen wir ja.“ Also heißt es wieder: Pusten, bis die Polizei kommt. Als das Krokodil in voller Größe vor uns liegt, weiß ich, was Kurzatmigkeit bedeutet und wie sich Bronchialasthmatiker nach einem Anfall fühlen müssen.
    Die Freude über das befüllte Reptil währt nur kurz. Wir können zusehen, wie das - nicht ganz der Originalfarbe entsprechende - Tier Luft verliert. „Pfffffft“, macht es. Habe ich das Ventil nicht richtig geschlossen? Nein, das ist nicht die Ursache, wie meine Prüfung ergibt. „Auf, wir gehen zum Pool und checken mal, woran der Druckverlust liegt“, fordere ich Paul und Rebecca auf, mit mir zu kommen. Am Kinderbecken angelangt, tunken wir das Luftmatratzenungetüm unter Wasser. Und siehe da: Am Schwanz blubbert es. Ich ziehe selbigen nach oben und erkenne ein daumennagelgroßes Loch. „Tja, das war’s dann wohl“, verabschiede ich das Krokodil und stopfe es in einen bereits reichlich gefüllten Mülleimer. Paul ist den Tränen nahe: „Mit was sollen wir jetzt ins Wasser?“, schluchzt er.
    Zum Trost verspreche ich ein Eis. Wir stapfen im Storchenschritt zu unserem Platz, holen den Geldbeutel, marschieren zum Kiosk, reihen uns wieder in die Schlange ein und erstehen schließlich ein Solero Exotic, ein Magnum Mandel und einen Milchfinger. Es ist nicht unser Tag: Rebecca fällt auf dem Weg zurück das Eis aus der Hand, mitten auf ein orangefarbenes Badetuch. Da selbiges gottlob gerade nicht belegt ist und auch sonst niemand es mitbekommen hat, machen wir uns schnell davon.
    Die Stimmung ist hin. Keiner von uns hat mehr Lust, hierzubleiben. Wir packen unsere Sachen, wovon wir natürlich nur zehn Prozent gebraucht haben, wieder zusammen und verlassen gesenkten Hauptes diesen Ort des Wartens und Scheiterns.
Samstag, 5. Juli
    Heute das übliche Samstagsprogramm: Morgens zum Bäcker, Brötchen fürs Frühstück holen, Rebecca zum Voltigieren fahren, in der
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