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Das Begraebnis des Paten

Das Begraebnis des Paten

Titel: Das Begraebnis des Paten
Autoren: Tapani Bagge
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bog Veke in einen Waldweg ein und öffnete den Koffer einen Spaltbreit. Und machte ihn sofort wieder zu. Öffnete ihn wieder um ein paar Zentimeter, nur um sich zu versichern, dass er Halluzinationen hatte.
    Er hatte keine.
    Der Koffer war voller Geld. Kleine und große Scheine, zerknittert und glatt. Gesegnet und verflucht, wie man es sah. Auf jeden Fall Euros.
    Veke holte tief Luft, und gleich darauf noch einmal. Dann schloss er den Koffer und fuhr weiter. Dabei versuchte er zu begreifen, was ihm gerade passiert war.
    Er brachte den Koffer nach Hause und ging mit den Krapfen zu Raija, um mit ihr Kaffee zu trinken. Sie hätte sich sonst gewundert. Gleich nach dem Kaffee brach Veke auf und tat so, als hätte er Raijas Anspielungen nicht kapiert. In der Situation hätte er sich sowieso nicht auf eine Frau konzentrieren können.
    Zurück in seinem Haus zählte er das Geld.
    Hunderttausend Euro. Ein rundes Sümmchen.
    Irgendwie hatte Veke das Gefühl, dass die Jungs mit den Lederwesten den Verlust nicht der Polizei melden würden. Das Geld war aller Wahrscheinlichkeit nach gestohlen oder gefälscht oder es war Drogengeld. Vielleicht auf dem Weg zur Wäscherei.
    Am nächsten Tag war Veke zum Einkaufen in Pälkäne gewesen und im Lebensmittelladen aus Versehen gegen eine Oma gestoßen, die mit einem Zwanziger in der Hand vor ihm gestanden hatte. Unbemerkt hatte er ihren Schein gegen einen aus dem Koffer getauscht. An der Kasse war die Zahlung der alten Frau ohne weiteres akzeptiert worden, und sie hatte unbehelligt den Laden verlassen können. Das hieß, dass nicht das ganze Geld gefälscht oder markiert war.
    Heute war Veke dann wegen diverser Angelegenheiten in Tampere gewesen. Die Reise nach Hawaii war nun gebucht und bezahlt. Von Hawaii träumte er schon, seit er mit zwanzig in Oulu eingesessen hatte. Als Nepper und Langfinger hatte er wenig Geld und geringe Haftstrafen kassiert, für größere Dinger hatte ihm stets der Mut gefehlt. Außerdem war er ein einsamer Wolf. Er vertraute niemandem genug, um mit ihm ein gemeinsames Ding zu drehen. Auch alleine vergeigte man schon mehr als genug.
    Veke stand bereits vor seinem Häuschen, die linke Hand auf der Türklinke, in der rechten Hand den Schlüssel, als er ein seltsames Aufblinken in einem Fenster des Saunagebäudes registrierte. Das Deckenlicht brannte nicht, es war, als würde sich dort jemand mit einer Taschenlampe in der Hand bewegen. Vielleicht war eine Sicherung durchgebrannt, und Pertsa suchte nach einer neuen.
    Das Gebäude bestand aus der Sauna, einem Umkleideraum, einem weiteren heizbaren Zimmer, einem Holzschuppen und einem Plumpsklo. Dahinter in dem Zimmer befand sich das Labor von Raijas erwachsenem Sohn Pertti, genannt Pertsa. Der Junge hatte Chemie studiert und machte dort Experimente. Der Geruch war stark und übel.
    Veke beschloss, nachzusehen. Mit dem Schlüssel in der Hand ging er über das Grundstück, stieg die breiten Betonstufen zum Saunagebäude hinauf und klopfte an.
    »Pertsa! Bist du da? Ist eine Sicherung ...«
    Er brachte den Satz nicht zu Ende. Die alte, schwere Holztür wölbte sich nach außen, brach aus den Scharnieren, flog Veke ins Gesicht und schleuderte ihn weit von der Eingangstreppe weg. Erst im Flug nahm Veke die Explosion wahr. Sie raubte ihm das Gehör.
    Er fand sich eingequetscht zwischen der rot gestrichenen Bretterwand seines Hauses und der Tür vom Saunagebäude, von der Dunkelheit verschluckt.

2
    »Inseldörfer 9«, behauptete der Wegweiser. Leila hoffte, dass das stimmte. Der Himmel schleuderte Schneeregen auf die Windschutzscheibe, der kleine Renault hatte noch abgefahrene Sommerreifen drauf, und es war am frühen Abend schon so dunkel, wie es Anfang November eben der Fall sein konnte. Der nasse Asphalt schluckte das Licht wie ein Schwarzes Loch.
    Gleich nach der Abzweigung fing das Auto an, Zicken zu machen. Zuerst ging die Stereoanlage mitten in »Ace of Spades« aus. Die überschnelle Dröhnung von Lemmy und seinen Freunden hatte zu Leilas Stimmung gepasst und ihr geholfen, die vor Schlafmangel schweren Lider wenigstens einen Spaltbreit offen zu halten, erst recht nachdem sie den Lautstärkeregler auf Südost gedreht hatte. Es rauschte noch lange in den Ohren nach. Fast wie bei dem Open-Air-Festival vor zwanzig Jahren, bei dem sie die Band live gesehen hatte. An den Auftritt selbst konnte sie sich aus bestimmten Gründen allerdings kaum noch erinnern. Nur noch an das Rauschen.
    Nach der zweiten kleinen Brücke
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