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Das Begraebnis des Paten

Das Begraebnis des Paten

Titel: Das Begraebnis des Paten
Autoren: Tapani Bagge
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hörte der Asphalt auf.
    Dann ging dem Auto komplett der Strom aus. Die Scheibenwischer erstarrten auf der Stelle, die Heizung gab ihren Geist auf und die Lichter erloschen. Nur noch Dunkelheit. Den Wald links der schmalen Straße hörte man eher, als dass man ihn sah, das Feld oder die Wiese rechts ahnte man nur. Die Nacht war ein schwarzer Haufen, der das Auto unter sich begrub.
    Hier konnte sie nicht bleiben. Die Temperatur lag bei fast null Grad, in einem Auto ohne Strom würde ihr bald kalt werden. Leila kurbelte das Fenster nach oben und ließ nur einen Fingerbreit offen, damit sie besser hörte, was draußen passierte, und damit die Scheiben nicht beschlugen.
    Sie öffnete das Handschuhfach, tastete darin herum und fluchte, als ihr Finger eine Nähnadel traf. Schließlich fand sie die kleine, gummiarmierte Taschenlampe. Die Batterie war schwach, der Lichtkegel matt. Wenn sie die Lampe an die Windschutzscheibe hielt, konnte sie gerade so den vorderen Rand der Kühlerhaube erkennen und davor ein bisschen Schneeregen. Löste sie die Lampe von der Scheibe, sah sie ihr eigenes undeutliches Spiegelbild: glatte braune Haare, dunkle Augen, schwarze Lederjacke.
    Leila behielt einen klaren Kopf. Nüchtern war sie sowieso, denn sie trank schon seit Jahren nichts mehr, erst recht seit ihrer Schwangerschaft. Inzwischen war Valto ein Jahr alt, ein dunkelhaariger Junge mit blauen Augen. Die Haare und den Namen hatte er vom verstorbenen Vater seines Vaters Allu geerbt, die Augen von Allu selbst. Von Leila hatte er den jähzornigen Charakter.
    Leila hielt die Lampe aus dem Seitenfenster, richtete sie nach links vorne und sah die weiß reflektierende Spitze eines Markierungsstocks für den Schneepflug. Dann legte sie den ersten Gang ein und fuhr mit Hilfe der Markierungsstöcke im Schritttempo weiter. Schneller traute sie sich nicht.
    Plötzlich hörte sie vor sich ein schnell lauter werdendes Grollen, und gleich darauf kam eine grelle Lichterfront aus der Kurve geschossen, direkt auf den Renault zu. Ein Holztransporter, was sonst. Die fahren schließlich ständig in solchen Hinterwäldern herum. Der Fahrer drückte auf die Hupe, Leila zog hastig die Hand mit der Taschenlampe zurück. Im Nu war der Lkw vorbei. Leila sah im Rückspiegel die roten Punkte der Rücklichter im Dunkel des Waldes verschwinden.
    Neben einem Markierungsstock am rechten Rand hielt sie an und stellte den Motor ab. Ihr Herz schlug so heftig, dass sie sonst nicht mehr viel hörte. Allmählich beruhigte sich der Puls jedoch und sie nahm das Glucksen des Regens, das Rauschen im Wald und ihren Atem wahr. Er klang bereits relativ ruhig.
    Dann begriff sie, dass sie gedämpft die Titelmelodie des Films Der Pate hörte: In ihrer Handtasche meldete sich das Handy unter Make-up-Zubehör, Taschentüchern, Pastillendosen, Xylitol-Kaugummis, Kopfschmerztabletten, Pflaster, Erfrischungstüchern, Binden, Teleskopschlagstock, Pfefferspray, Neun-Millimeter-Glock, Ersatzmagazinen und Handschellen. Wieso rutschte es eigentlich immer ganz nach unten?
    »Allu ruft an«, stand auf dem Display – nicht mehr »Unbekannter Anrufer« wie früher, denn vor einem halben Jahr hatte Allu zum ersten Mal einen Handyvertrag abgeschlossen, unter seinem eigenen Namen, wohlgemerkt. Zuvor hatte er sich immer am Kiosk Prepaids gekauft.
    »Was gibt’s?«, wollte Leila wissen.
    »Nichts. Ich hatte bloß Sehnsucht.«
    »Wir sind ja auch schon fast eine Stunde getrennt.«
    »Und der Junge schläft. Wieso ist es bei dir so still?«
    »Ich bin gerade angekommen«, log Leila. Es hatte keinen Zweck, Allu unnötig zu verschrecken. Sie würde es ihm später erzählen. »Hat Valto seine Mama vermisst?«
    »Er kann sich schon gar nicht mehr an dich erinnern. Wenn du zurückkommst, fragt er sich, wer du bist.«
    »Du erinnerst dich aber noch?«
    »Wir kennen uns ja auch schon länger.«
    Sonst nichts Großartiges. Ein paar Küsschen und Liebesbekenntnisse, dann ließ Leila das Handy wieder in der Handtasche versinken.
    Sie wunderte sich noch immer über ihre Reaktion auf den Laster. Seit wann war sie so schreckhaft? Früher hatte sie vor nichts Angst gehabt, sondern war frontal auf alles zu und überall hineingegangen. Immer. Zum Beispiel ins Elternhaus von Allu, als sein Stiefbruder ihn gerade im Heroinwahn abstechen wollte. Hätte Leila ihm damals nicht zufällig das Leben gerettet, wären sie nie ein Paar geworden. Und keine Familie.
    Nur deshalb. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte Leila praktisch zu
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