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Das Band spricht Bände

Das Band spricht Bände

Titel: Das Band spricht Bände
Autoren: Carter Brown
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Untersuchung der Tatbestände.«
    »Wo an der Westküste hält er
sich denn auf?« fragte ich.
    »In einem Ferienstädtchen
namens Santo Bahia. Ich nehme an, Sie kennen es?«
    »Ich kenne es«, antwortete ich
und zuckte zusammen. »Es gibt dort bei der Ortspolizei einen gewissen
Lieutenant Schell, der liebt mich wie einen Bruder. Und zwar meine ich jenen
Bruder, der ihm alle Ersparnisse gestohlen hat und dann mit seiner Frau
durchgebrannt ist!«
    »Stirling sagte, Sie stünden
dort in besonderem Ruf«, grinste er, »und deshalb wollte er Sie für diesen Job
haben.«
    »Sie meinen, ich soll in Santo
Bahia nach ihm suchen, Chuck?«
    »Genaugenommen geht es mich ja
nichts an, aber ich finde doch, Sie sollten sich dort mal umschauen«, sagte er
bedächtig. »Denn dort spielt sich ja auch der ganze Ärger ab.«
    »Ärger?«
    »Dort existiert das große
Problem von Strategie Developments. Stanger und Thatcher sind seit ein
paar Tagen hier in New York und versuchen, sich aus dem Schlamassel zu pumpen,
aber keiner will sie auch nur mit Asbesthandschuhen anfassen. Deshalb werden
sie wahrscheinlich morgen nach Santo Bahia zurückkehren, und das gilt auch für
Ed Norman.«
    »Was ist denn das für ein
Problem, unter dem sie leiden?«
    »Zuvor haben sie sich immer nur
mit der Baulandbeschaffung befaßt«, sagte MacKenzie. »Aber diesmal hatten sie
einen grandiosen Plan entworfen, wonach sie nicht nur das Bauland
bereitstellen, sondern auch selber bauen wollten. Sie kauften mehr als zwanzig
Hektar Land an einem Fluß, machten es urbar und baubereit. Dann umgaben sie es
mit einem Kanal, wodurch es zu einer Insel wurde. Die Absicht war, mitten
darauf einen Country-Klub zu bauen und ihn mit Luxusbungalows zu umgeben, in
der Preisklasse ab achtzigtausend Dollar. Sie rechneten sich aus, da sei
alles vorhanden, was eines Snobs Herz begehre: Der Käufer wohnte auf eigener
Insel, unmittelbar bei seinem eigenen Country-Klub, und hinterm Haus konnte er
schwimmen und sein Boot vertäuen.«
    »Und was ging schief?« forschte
ich.
    »So ziemlich alles. Sie stießen
auf Fels, wo sie keinen erwarteten, die Baubehörden verlangten auf einmal drei
Brücken, nachdem sie zunächst mit einer zufrieden gewesen waren, und dann
setzte eine Regenperiode ein, die den Zeitplan um Monate zurückwarf. Ich könnte
noch weitererzählen, Danny, aber letztlich läuft es nur auf einen wichtigen
Punkt hinaus — das Geld ging ihnen aus, ehe etwas fertig war, das man mit
Gewinn verkaufen konnte. Die Gesellschaft ist bereits bis über beide Ohren
verschuldet, und die Gläubiger schicken sich an, Zahlungsbefehle schreiben zu
lassen.«
    »Wenn doch, wie Wayland auf dem
Tonband sagt, ein Zusammenschluß der einzige Ausweg ist«, meinte ich, »wieso
ist Stanger so dagegen?«
    »Weil er dabei ausgebootet
würde, wie Stirling ja ebenfalls sagte, das ist der eine Grund. Noch wichtiger
für ihn ist, daß er selber zwanzig Prozent der Aktien besitzt, und er fürchtet,
daß er bei jedem Zusammenschluß, den Stirling zustandebringt, viel Geld
verlieren wird.«
    »Aha«, sagte ich. »Dann fliege
ich also morgen gen Westen und sehe zu, ob ich Wayland auftreiben kann.«
    »Wo werden Sie wohnen?«
    »Im Hotel Ambassador, wo
sonst?« sagte ich. »Wie kann ich Sie erreichen?«
    »Ich werde mich mit Ihnen in
Verbindung setzen«, entschied er. »Vielleicht habe ich jetzt schon meine Nase
in Dinge gesteckt, die mich nichts angehen — nach Stirlings Ansicht.«
    »Sind Sie aus Waylands
Branche?« fragte ich beiläufig.
    Ein spöttischer Blitz von
Belustigung zeigte sich in seinen poliert wirkenden blauen Augen, dann
schüttelte er den Kopf. »Keine Spur. Und, ehe ich’s vergesse: Bringen Sie das
Tonband sicher unter.«
    »Na klar.« Ich leerte mein Glas
und rutschte vom Hocker. »Also, nochmals besten Dank, Chuck. «
    »Es war mir eine Ehre«, grinste
er. »Finden Sie allein hinaus, Danny? Ich glaube, ich bleibe noch ein Weilchen
und räume die Wohnung ein bißchen auf.«
    Der Mond hing noch immer hoch
am herbstlichen Nachthimmel, als ich auf die Straße trat, und die feuchte Luft
legte sich um mich wie ein nasses Handtuch. Ich erwischte noch vor der nächsten
Ecke ein Taxi, und um fünf nach zehn befand ich mich schon in meiner Wohnung am
Central Park West. Eine ausführliche heiße Dusche linderte die Steifheit in
meinem Genick und gab mir Zeit, über diesen ganzen verrückten Abend
nachzudenken. Es fiel mir nicht schwer, mich deutlich an die Gesichter der fünf
Gäste zu erinnern,
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