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Das Band spricht Bände

Das Band spricht Bände

Titel: Das Band spricht Bände
Autoren: Carter Brown
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Dingen aufgehalten worden, aber er werde später kommen«, erzählte
die Brünette beiläufig. »Ich wußte noch gar nicht, daß er schon von der
Westküste zurück ist. Ursprünglich wollte er die ganze Woche dort bleiben.«
    »Ich würde mir an deiner Stelle
keine Gedanken machen, selbst wenn er sich eine neue Geliebte mitgebracht hat«,
sagte die Blondine mit saccharinsüßer Stimme. »Er wird dir gewiß eine
großzügige Abfindung zahlen.«
    »Hältst du es eigentlich für
klug, so ein transparentes Kleid zu tragen, meine Liebe?« fragte Alysia Ames
mitleidig und spöttisch zugleich. »Ich meine, weil man dadurch doch sieht,
welch schlimmen Kummer du immerzu mit diesem Ausschlag hast — oder sind es noch
Pubertätspickel?«
    Ihre Blicke versenkten sich
ineinander, und ich erwartete jeden Augenblick, daß die Sache mit Kratzen und
Beißen ihren Fortgang nähme. So neutral wie möglich lächelte ich beide an, dann
zog ich mich schleunigst an die Bar zurück. Drei tiefe Züge an einem Martini
vom Rezept 7:1 besänftigten meine zitternden Nervenenden, und meine Hände waren
wieder ruhig genug, mir eine Zigarette anzuzünden. Kurz darauf gesellte sich
ein großer, lebhaft an ein Skelett erinnernder Mensch zu mir an die Theke.
    »Mein Name ist Stanger«, sprach
er mit schnarrendem Bariton. »Kurt Stanger.«
    »Danny Boyd«, verriet ich ihm.
    »Ich möchte nur wissen, was,
zum Teufel, sich Wayland dabei denkt.« Er maß peinlich genau zwei Daumen Scotch
in ein Glas und fügte einen Eiswürfel und etwa einen Teelöffel Sodawasser
hinzu. »Es gehe um Leben und Tod, stand auf der Einladung, und dann kommt er nicht
mal selber pünktlich!«
    »Ich weiß wirklich nicht, was
er im Sinn hat«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Ich bin Mr. Wayland noch nie
begegnet.«
    Seine verwaschenen,
braungefleckten Augen starrten mich unter zerzausten schwarzen Brauen hervor
mißtrauisch an. »Sie machen wohl einen Scherz, Mr. Boyd?«
    »Wie Sie schon sagten, stand in
der Einladung, es gehe um Kopf und Kragen.« Ich zuckte die Schultern. »Das fand
ich irgendwie unwiderstehlich.«
    »Wayland tut nie etwas ohne
Grund«, sagte er säuerlich. »Ich würde diesem Strolch nicht einmal Auskunft
über die Uhrzeit geben, ohne vorher meinen Anwalt um Rat zu fragen.«
    »Sie sind also nicht gerade
sein Freund?« bohrte ich ein bißchen.
    »Wir haben nur rein
geschäftlich miteinander zu tun.« Es hörte sich an, als leide Wayland an einer
unaussprechlichen Krankheit. »Und dazu bin ich gegen meinen Willen und mein
besseres Wissen gekommen. Wayland genießt in Unternehmerkreisen zu Unrecht den
Ruf, eine Art Gesundbeter zu sein, ein Wunderdoktor. Ich bin Präsident der Strategie
Developments Corporation, und im Augenblick stehen wir vor einem Problem.
Wayland wurde beauftragt, es zu lösen, über meinen Kopf hinweg.« Er nippte wie
ein Vögelchen an seinem Scotch. »Im eigenen Haus bin ich hintergangen worden,
von meinem eigenen Vizepräsidenten, Mr. Boyd! Mein lieber Freund, George
Thatcher, hat das alles arrangiert, und hinterher konnte ich nichts mehr daran
ändern.« Er nickte in Richtung der beiden Herren, die sich in einer Ecke
angeregt unterhielten. »Der Judas steht links.«
    Thatcher schien Ende Dreißig;
groß, athletisch gebaut, dichtes schwarzes Haar. Sein gefurchtes Gesicht war
tiefgebräunt, und seine weißen Zähne sah ich selbst auf diese Entfernung
blitzen. Wie er gekleidet war, schien es, als schaue er nur mal eben auf einen
schnellen Martini herein, ehe er sich wieder auf die Titelseite des Esquire zurückzog.
    »Wer ist denn der andere?«
fragte ich.
    »Ed Norman, Waylands jüngerer
Teilhaber.« Stanger schürzte die Lippen zu einem sparsamen Lächeln. »Ein
widerlicher Wicht.«
    »Es sieht aus, als sei er
mindestens einsachtzig«, meinte ich.
    »Nun ja, von mir aus.« Er
seufzte. »Ein widerlicher Riese.«
    Der unfehlbar wirkende Butler
Jeeves marschierte auf uns zu. »Entschuldigen Sie bitte, meine Herren«, sagte
er mit unmöglichem britischem Akzent, »aber soeben ist ein Päckchen für Mr.
Boyd abgegeben worden. Wenn Sie mir bitte ins Arbeitszimmer folgen würden,
Sir?«
    »Ich hoffe von Herzen, daß
Wayland etwas passiert ist«, sagte Stanger mit einer Art irren Behagens in der
Stimme. »Falls das Päckchen seine beiden Zeigefinger enthält oder so etwas
Ähnliches, dann müssen Sie es mir zuerst zeigen, Mr. Boyd.«
    »Gern«, versprach ich. »Und
wenn es tickt, dann lasse ich Sie es sogar öffnen.«
    Ich folgte dem Butler in
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