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Das Band spricht Bände

Das Band spricht Bände

Titel: Das Band spricht Bände
Autoren: Carter Brown
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aber sooft ich auch versuchte, mir Chuck MacKenzies Züge
vors geistige Auge treten zu lassen — es wollte einfach nicht klappen. Ich
hatte gerade geduscht und wollte mich abtrocknen, da klingelte es an der Tür.
    Ich ging ins Schlafzimmer, zog
einen Bademantel an, holte den .38er aus der obersten Schublade des
Schreibtischs und ließ ihn in die Manteltasche gleiten. Sie beulte sich ja
etwas aus, aber was sonst sollte ich tun? Lieber sollten doch meine Sachen
kaputtgehen als ich selber. Sodann schritt ich zur Wohnungstür, kam mir
ziemlich mutig vor und öffnete sie eine Handbreit. Die Dame hatte ihren
Nil-Kahn wohl im Aufzug zurückgelassen, denn vor mir stand nur Kleopatra, mit
einem etwas unsicheren Lächeln im Gesicht. Ich öffnete die Tür ein Stückchen
weiter, so einen knappen halben Meter, dann bat ich sie herein. Sie kam in die
Diele und wartete, während ich wieder abschloß.
    »Habe ich Sie aus dem Bett
geholt?« erkundigte sie sich.
    »Nur aus der Dusche«, erwiderte
ich.
    »Ich hätte Sie ja nicht gestört
— aber es ist dringend.« Sie zog das weiße Cape aus Satin aus und reichte es
mir. »Ich werde Sie nicht lange aufhalten, Mr. Boyd.«
    »Danny«, sagte ich.
    »Danny.« Ihre schwarzen Augen
glommen etwas auf. »Alysia ist ein alberner Name. Die meisten Bekannten nennen
mich Liz.«
    »Darf ich Ihnen ein Gläschen
anbieten, Liz?« sagte ich.
    »Gern.« Sie musterte mich
beifällig. »Ist das Haar auf Ihrer Brust alles echt, Danny?«
    »Ich muß es morgen früh wieder
abliefern«, sagte ich. »Ich bekomme es über Nacht für eine geringere Leihgebühr
von einem alten Perückenmacher, der im Keller Pilze züchtet.«
    Wir begaben uns ins Wohnzimmer,
und ich füllte zwei Gläser, gab ihr eins und nahm meins mit ins Schlafzimmer, wo
ich den Bademantel mit Sporthemd und leichten Hosen vertauschte. Im Spiegel
überprüfte ich das Profil. Es sah so gut aus wie immer, woraufhin ich es
leutselig anlächelte, ehe ich ins Wohnzimmer zurückkehrte.
    Liz Ames saß auf der Couch, in
einer Hand das Glas und in der anderen eine Zigarette. Nun schlug sie die Beine
übereinander, und die seidene Hose tuschelte einen Augenblick. Versonnen
überlegte ich, ob die Brustplatten wohl klingelten, falls sie tanzte.
    »Ich wollte Sie um einen
Gefallen bitten, Danny«, sagte sie. »Ich möchte das Band noch einmal hören.«
    »Das ganze Band?«
    Sie nickte nachdrücklich. »Das
ganze.«
    Ich stellte mir ja den
nächtlichen Besuch einer Dame anders vor, aber je länger sie in meiner Wohnung
blieb, desto mehr Gelegenheit gewann sie, das Profil recht zu würdigen. Ich
holte das Taschengerät aus dem Schlafzimmer, stellte es auf den Tisch und
drückte den Knopf. Sie lauschte aufmerksam, die Augen hinter den Lidern
verborgen, bis die Stimme sich zum zweitenmal an diesem Abend verabschiedete.
Ich schaltete das Gerät ab, setzte mich ihr gegenüber in einen Sessel, nippte
an meinem Rye und wartete.
    »Vielen Dank, Danny«, sprach
sie endlich. »Sind Sie Stirling Wayland schon jemals begegnet?«
    »Noch nicht«, antwortete ich.
    »Ich glaube nicht, daß dies
seine Stimme ist«, sagte sie schlicht. »Sie ist gut imitiert, das gebe ich zu —
aber sie ist es eben nicht.«
    »Weshalb sollte ihn jemand
imitieren?«
    »Das weiß ich auch nicht.« Ihr
breiter Mund nahm wieder diesen verlangenden Ausdruck an. »Aber seit ich es in
Stirlings Wohnung gehört habe, denke ich fieberhaft nach. Diese Bemerkung, von
wegen ich habe mich mit Ed Norman eingelassen — das ist nicht nur eine Lüge,
das ist eine regelrechte Beleidigung! Eher ginge ich mit dem nächstbesten
Portier schlafen als mit diesem großwüchsigen Hasenfuß.« Ihr herrischer Blick
hielt meinen fest. »Die Geliebte eines Mannes zu sein, das ist nie etwas von
Dauer, Danny. Wenn Stirling morgen das Interesse an mir verlöre, dann bliebe
mir das Geld, das er Anfang des Monats auf mein Konto überwiesen hat, die
Wohnungsmiete bis zum Ende des Quartals, ein bißchen Schmuck, eine
zugegebenermaßen teure Garderobe — und das ist alles! Die Lage wäre dieselbe,
wenn er morgen ums Leben käme, weshalb also sollte ich den Wunsch haben, ihn
umzubringen?«
    »Das hängt davon ab, wer
hinsichtlich Ed Normans die Wahrheit spricht, Sie oder die Tonbandstimme«,
sagte ich.
    »Ich kann mir schon denken, wer
Norman das Bettchen wärmt«, schimpfte sie. »Es ist dieses Stück von Shari!«
    »Die Stimme sagte etwas, daß Wayland
sie in der Hand habe und sie deshalb die Scheidung nicht einreichen
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