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Maximum Trouble

Maximum Trouble

Titel: Maximum Trouble
Autoren: Hen Hermanns
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1.

    Die beiden Sklaven mußten soviel essen, wie sie konnten. Der eine mußte danach eine halbe Stunde lang ziemlich heftig Gymnastik treiben. Der andere durfte sich solange auf eine Matte legen und Schäfchen zählen. Es waren die letzten Schäfchen in seinem Leben, denn nach dieser halben Stunde erwürgte man beide und schlitzte ihnen die Bäuche auf. Man schaute hinein und war ein bißchen enttäuscht. Beide hatten einen vollen Magen. Der Schäfchenzähler genauso wie der Turner. Das Experiment war mißlungen. Friedrich II., Herrscher des Römischen Reiches und ambitionierter Amateurforscher, war sauer. Seine Hypothese hatte keine Bestätigung gefunden.

    Heute sind wir natürlich schlauer als im 13. Jahrhundert. Heute wissen wir, daß ein BigMac oder eine Schweinshaxe einem Jogger bis zu 15 Stunden schneller durch die Eingeweide jagen als einem Couchpotatoe. Außerdem wissen wir, daß Laufen den Blutdruck, die Cholesterinwerte und das Herzinfarktrisiko senkt. Und um das zu wissen, brauchen wir keine Bäuche aufzuschlitzen, sondern nur die »Runners World« oder die »Brigitte« aufzuschlagen. Wer trotzdem Bäuche aufschlitzt, muß damit rechnen, daß er in den Knast kommt, wenn man ihn erwischt, und daß jemand eine True-Crime-Story über ihn schreibt, wenn er besonders viele Bäuche aufgeschlitzt hat.

    Insgesamt ist die Menschheit eben ein bißchen netter geworden. Wir lassen zwar in sogenannten »Hot-Plate-Tests« lebende Ratten auf heiße Kochplatten fallen, aber das tun wir schließlich nur im Dienst der Schmerzmittelforschung und somit zugunsten der o. a. Couchpotatoes, die so besser mit ihrem Darmverschluß klarkommen. Womit sich der Kreis dann schließt. Er ist nicht ganz rund, sondern eher ein bißchen eierig, aber was Besseres haben wir eben nicht.

    Langstreckenlaufen senkt leider nicht die Leberwerte, aber immerhin ist es gut gegen einen Hang-over, und gegen den rannte ich jetzt schon gut zehn Kilometer lang an. Außer dieser leichten Befindlichkeitsstörung hatte ich zur Zeit so gut wie keine Probleme. Vor drei Jahren hatte ich eine kurzsichtige Frau mit einer schwarzen Hornbrille kennengelernt, der immer eine blonde Haarsträhne ins Gesicht fiel, und wir waren wider alle Erfahrungen und Erwartungen immer noch zusammen. Vor zwei Jahren war ich Privatdetektiv geworden und konnte wider alle Erfahrungen und Erwartungen immer noch ganz gut davon leben. Gestern abend hatte ich das zweijährige Geschäftsbestehen gefeiert. Und zwar ausgiebig. Ich fühlte mich mit meinen zweiundvierzig Jahren fit und gesund und genau im richtigen Alter. Ich ernährte mich relativ vernünftig und vermied Zucker. Ich hatte ein paar gute Freunde, auf die ich mich verlassen konnte. Ich war 175 cm groß, und in 30 Jahren würde ich sicher um gut 5 cm geschrumpft sein, aber dafür würde ich höchstwahrscheinlich an Weisheit gewonnen haben. Auf der Negativseite meines Lebenskontos waren eigentlich nur zwei kleine Posten eingetragen. Ich trank zuviel Grappa, und ich hatte immer noch nicht die taoistische Gelassenheit erreicht, die ich mir seit Jahren wünschte. Leider neigte ich immer noch ein bißchen zum Jähzorn, und ich konnte nicht aufhören, alles um mich herum zu bewerten und dabei in den meisten Fällen schlechte Noten zu verteilen. Aber schließlich mußte es ja auch noch ein paar Leute geben, die das, was Scheiße war, auch Scheiße nannten, oder?

    Wir schrieben den 8. April 1991, es war 8.35 Uhr, die Kuwaitis hatten ein Stück verkohltes Land unter den vergoldeten Klodeckeln, Saddam Hussein war immer noch an der Macht, Stormin’ Norman wurde als Präsidentschaftskandidat gehandelt, der Himmel war blau, und es würde ein fantastischer Tag werden.

    Ich war zum Rhein runtergelaufen, dann am Rheinufer entlang, am Dom vorbei, durch die Altstadt, von da aus zurück bis zum Colonia-Hochhaus, und jetzt rauschte ich über die kleine Fußgängerbrücke am Zoo und winkte den Eseln zu. Zehn Minuten später stand ich in meinem Domizil in Köln-Nippes unter der Dusche, und vierzig Minuten später saß ich hinter meinem Schreibtisch im Belgischen Viertel. Mein Büro war in der Spichernstraße, mit Blick auf den Stadtgarten und schnellem Zugriff auf den Biergarten des »Stadtgarten-Restaurants«. Ich sah meine Kontoauszüge durch. Kein Grund zur Panik. Das Geschäft lief gut. Und da klingelte auch schon das Telefon. Na bitte.

    »Max Reinartz?«
    »Hallo Max, hier ist Freddie. Freddie Bruhns. Du kennst mich doch wohl
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