Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Band der Magie

Das Band der Magie

Titel: Das Band der Magie
Autoren: Liane Mars
Vom Netzwerk:
alle in die Flucht geschlagen.
    Das hatte natürlich auch Vorteile: Die Suppe verdünnisierte sich ausnahmsweise mal nicht, davongetragen von einem Wassergeist. Es war aber auch schwieriger, Feuer zu machen. Normalerweise halfen mir die kleinen Feuerteufel dabei. Ein Funke genügte, schon tanzte eine muntere Schar um mich herum und heizte dem Holz ein. Diesmal brauchte ich fast eine halbe Stunde, um die wie immer leicht feuchten Äste zum Glühen zu bringen.
    Ich hatte gar nicht bemerkt, wie häufig die Geister mir halfen. Hoffentlich kehrten sie zurück, sobald sie sich an den Wolf gewöhnt hatten.
    Dieser rührte sich immer noch nicht.
    Die Stunden quälten sich dahin. Ich war irgendwann sogar so weit, mich mit meinen verlorenen Pfeilen zu beschäftigen. Ich hasse es, neue anzufertigen. Wenigstens musste ich mich konzentrieren, das lenkte mich davon ab, ständig nervös auf und ab zu gehen. Es ist ziemlich aufregend, einen sterbenden Wolf auf seiner Türschwelle liegen zu haben.
    Eigentlich ist die Türschwelle auch gleichzeitig mein Wohnzimmer, denn meine Hütte ist winzig. Eine Binsenmatte bedeckt den Boden an der Tür, dahinter steht mein heiß geliebter Sessel, aus einem gigantischen Holzstamm geschnitzt und mit mehreren Lagen Fell ausgepolstert.
    Rechts von ihm steht ein wackeliger Holztisch, auf ihm stapeln sich alle meine Besitztümer: Geschnitzte Teller und Tassen, die Messer aus Stein und Granit und zwei Kupfertöpfe, die mich mein Erspartes von drei Jahren gekostet hatten.
    Unter dem Tisch schlafe ich: Zwischen zwei Fellen habe ich etwas Stroh gestopft, sozusagen als Matratze. Darauf liegen weitere Felle als Decken und Kissen. Mehr brauche ich nicht. Ich könnte auch auf Stein schlafen: Härte bin ich gewohnt.
    Gegenüber meiner Türschwelle befindet sich der Kamin mit dem Abzug. Er ist das einzige in meiner Hütte, das vollständig aus Stein besteht.
    Hier koche ich auch, deswegen hängt hier mein einziger Kessel.
    Ansonsten habe ich nur noch einen alten Kleiderständer, an dem wirklich alle meine Sachen aufgehängt sind – ich hab ja nicht viel. In dem alten, verrotteten Schrank ist deshalb auch nichts drin, da schlafen nur die Dipdaps, wenn sie mal zu Besuch sind. Meeha schläft unter dem Schrank.
    Wenn ich jemals Besuch hätte, würde die Besichtigungstour meines Heims ziemlich schnell erledigt sein.
    Ich war gerade bei meinem fünften neuen Pfeil angekommen, da bemerkte ich eine Bewegung aus dem Augenwinkel. Mein Herz machte einen hoffnungsvollen Hüpfer, wurde aber enttäuscht: Es war nur Meeha, die vorsichtig unter dem Schrank hervorgekrochen kam und sich in einem Meter Abstand vor den Wolf hockte.
    Sie starrte das schwarze Monster an, als wolle sie es Kraft ihrer Gedanken wegbrennen. Dann stand sie abrupt auf, verwandelte sich blitzschnell vom bunt gepunkteten Meerschweinchen in einen gelb-schwarz gestreiften Dackel, drehte sich um, hob ein Bein …
    „Meeha!“, kreischte ich empört, aber es war zu spät. Sie hatte den Wolf markiert. Mit hoch erhobenem Schwanz stolzierte sie auf mich zu, ihre Schnurbarthaare zitternd vor Empörung, und strich mir um die Beine. Dann legte sie sich auf ihren Lieblingsplatz vor dem Feuer, als sei nie etwas passiert. Sie wirkte ziemlich zufrieden mit sich.
    Ich starrte den Wolf an, rechnete damit, dass er aufwachen und sich wutentbrannt auf Meeha stürzen würde. Und was dann? Zu unser aller Glück rührte er sich nicht.
    Achselzuckend setzte ich mich neben Meeha, zog sie auf meinen Schoß und quälte mich weiter mit den Pfeilen herum. Mein kleines Wechselwesen schnurrte zufrieden.
    Und dann, völlig unerwartet, tauchte endlich auch der erste Feuergeist in meinem Kamin auf. Ich lächelte still vor mich hin.
     
    Die nächsten Tage gestalteten sich noch zäher als sonst. Zu meiner Langeweile gesellte sich eine bohrende Unruhe, nur unterbrochen von jäher Angst. Ich sorgte mich schrecklich um den Wolf.
    Ich konnte ihm quasi beim Abmagern zuschauen.
    Die Wunden sahen gar nicht mal so schrecklich aus, sie verheilten sogar ganz gut. Aber der Wolf hatte viel Blut verloren und wachte nicht auf.
    Fast jede Stunde versuchte ich, ihm Wasser, Brühe oder Kräutersud einzuflößen, aber die Flüssigkeit lief einfach ungeschluckt aus seinem Maul heraus.
    Außerdem hatte er Fieber, zumindest nahm ich das an. Er schwitzte heftig.
    Selbst die Geister schienen ihn nicht mehr als Gefahr einzuschätzen, sie turnten sogar auf ihm rum. Manchmal hatte ich sie im Verdacht, ihn als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher