Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Band der Magie

Das Band der Magie

Titel: Das Band der Magie
Autoren: Liane Mars
Vom Netzwerk:
normale Mäuse, aber es sind Magiewesen – sonst könnten sie sich nicht einfach in Luft auflösen, sobald sie etwas erschreckt. Außerdem haben sie kleine, libellenartige Flügelchen, aber ich hab sie noch nie fliegen gesehen. Ich überlege aber oft, ob sie nicht einfach unglaublich schnell fliegen können, quasi einen Blitzstart hinlegen, so dass es nur aussieht, als könnten sie sich in Luft auflösen.
    Die Dipdaps bringen immer ziemlich viel Leben und Chaos in die Bude. Ich freue mich, wenn sie kommen, bin aber auch unfassbar erleichtert, wenn sie wieder weg sind. Meine Hütte sieht danach immer aus, als hätte eine Truppe Usurpatoren ein Rock-Festival darin gefeiert.
    Ich war gerade mal wieder dabei, mich wegen meiner Einsamkeit selbst zu bedauern, als es passierte: Am Abend des dritten Tages nach dem Kampf tauchte er plötzlich zwischen den Bäumen auf. Mein Wolf.
    Er bewegte sich ohne jede Eleganz. Jedes Zucken seiner Muskeln schrie vor Schmerzen. Zwei Schritte schaffte er es hinter die Bäume, dann sackte er im Schnee vor meinem Haus zusammen.
    Ich ließ vor Schreck die Keramiktasse fallen, was sehr ärgerlich war, denn ich hatte nur eine. Sie zersprang in tausend Einzelteile, aber das registrierte ich erst hinterher. Meeha kreischte, verwandelte sich blitzartig in ein Meerschweinchen und flüchtete unter den nächsten Trog. Die Ziege meckerte nur gelangweilt.
    Durch das Milchglas hindurch beobachtete ich, wie der Wolf versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Er schaffte es nicht. Den Seufzer, als er sich wieder zurücksinken ließ, hörte ich bis hierher. Dann blieb er einfach reglos liegen.
    Tja, Aeri? Was jetzt?
    Heldin oder Memme? Verarzten oder erschießen?
    Ich entschied mich erst einmal für das Auskundschaften. Hastig zog ich mir die Lederstiefel an, bewaffnete mich mit meiner Machete und ging hinaus.
    Es roch nach Schnee.
    Mit einem Hüpfer von der Veranda versank ich in der weißen Pampe und watete vorsichtig zu dem gestrandeten Riesen hinüber. Der lag auf dem Bauch, die Hinterpfoten von sich gestreckt, sein Kopf ruhte auf den Vorderpfoten. Hätte er nicht so schrecklich gewinselt, hätte es fast gemütlich ausgesehen.
    „Hey, Wolf!“, begrüßte ich ihn mit piepsiger Stimme. Er hob den Kopf und fixierte mich. Das kaputte Auge war jetzt vollständig zugeschwollen, das andere tränte.
    Aber in diesem einen Blick sah ich die Wahrheit: Dieses Tier war nicht gefährlich, nur verletzt. Sehr schwer verletzt.
    „Es tut mir leid!“, sagte ich aus tiefster Seele und ließ die Machete in den Schnee fallen. „Ich dachte, du wolltest mich fressen.“ Er knurrte leise. Ich zuckte mit den Schultern. „Mein Irrtum. Entschuldige.“
    Dann hockte ich mich neben ihn, um die Wunden genauer zu begutachten.
    Meine Pfeile steckten noch: Einer in der Brust, der andere rechts außen, kurz hinter den Vorderpfoten. Zwei ziemliche Treffer, dachte ich nicht ganz ohne Stolz.
    Ich stupste einen Pfeil vorsichtig an, augenblicklich sträubten sich dem Wolf alle Haare und er schnappte nach mir, verfehlte mich aber. Ich brachte mich mit einem Hocksprung in Sicherheit und starrte ihn böse an.
    „Hey!“, beschwerte ich mich. „Wenn ich dir helfen soll, dann darfst du mich nicht beißen, kapiert?“ Er knurrte wieder, aber der Laut ging in ein Winseln über. Ich nahm das mal als Ja.
    Die nächste Herausforderung: Bring den halbtoten Riesenwolf in die Hütte. Zehn Meter konnten echt weit sein.
    Wir brauchten den gesamten Abend und die halbe Nacht, bis er endlich auf meiner Veranda lag. An dieser Stelle war klar: Mein Wolf würde heute nirgendwo mehr hingehen. Er war ohnmächtig.
    Leider war es zu dunkel, als dass ich irgendwelche Doktor-Spielchen gewagt hätte. Und ohne seine Mithilfe bewegte ich den schweren Körper keinen Millimeter.
    Also ging ich rein, holte das halbwegs gesäuberte Usurpatorenfell und deckte ihn damit sorgfältig zu. Dann legte ich mich schlafen in der Hoffnung, den Wolf am nächsten Morgen noch lebend vorzufinden.
    In dieser Nacht besuchte mich zum ersten Mal kein einziger Geist. Der Riesenwolf auf meiner Veranda hatte sie vertrieben – und das war wohl das Unheimlichste überhaupt.
     
     
     

Kapitel 2 – Die Heilung
    Ich musste tatsächlich eingenickt sein, denn als ich das nächste Mal ein Auge öffnete, war die Nacht verschwunden. Die Sonne war zwar noch nicht aufgegangen, aber durch die Holzritzen meiner Hütte drang diffuses Morgenlicht: Es war noch nicht hell, aber nicht mehr ganz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher