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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken
Autoren: Kingsley Amis
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scheint, du wirst auf deine alten Tage konservativ.«
    »Oh, das finde ich ein wenig unfair, Nikola. Ich bin niemals ein Gegner von Traditionen als solchen gewesen. Es ist vielmehr ihre gedankenlose Akzeptanz, die ich beklage.«
    »Seltsam, wie oft es auf das gleiche hinauszulaufen scheint. Nehmen wir deine Reform des Grundbesitzes. Ich will nicht vorgeben, mich mit den Einzelheiten beschäftigt zu haben, aber die wichtigsten Konturen habe ich erfaßt. Was du beabsichtigst, ist revolutionär. Das gegenwärtige System hat sich in mehr als vierzig Jahren sehr gut bewährt, und du willst es auf den Kopf stellen.«
    »Ganz und gar nicht, ich möchte es bloß vervollkommnen. Du weißt, daß meine Berater und ich nicht mehr getan haben als eine Reihe von Vorschlägen zu erarbeiten, die der Zentralbehörde zur Entscheidung vorgelegt werden. Die sie jedenfalls beträchtlich mildern wird; das haben wir berücksichtigt. Ich sehe voraus, daß selbst du, mein lieber Nikola, sehr wenig Grund zur Besorgnis finden wirst, wenn die berichtigte Version in Kraft tritt, sollte dies jemals der Fall sein.«
    »Ich kann nur hoffen, daß du recht hast.« Tabidze nahm eine Zigarre, betrachtete sie eingehend und wandte sich zu Korotschenko. »Was halten Sie davon, Verehrtester?«
    »Die Ansicht eines Neuankömmlings, der erst seit Wochen im Lande ist, könnte kaum …«
    »Nein, bitte«, sagte Petrowsky. »Ich möchte hören, was jeder denkt.«
    »Ich bitte um Entschuldigung, aber ich hatte noch nicht die Zeit, das Protokoll mit der Sorgfalt zu studieren, die notwendig ist, um ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.«
    Theodor Markow stieß Nina leise an, dann blickte er nach rechts. Frau Korotschenko saß da und starrte mit geistesabwesendem Ausdruck ihr Gegenüber an, als würde das Gespräch in einer ihr völlig fremden Sprache geführt; vielleicht war es so, dachte er, denn er hatte sie noch nicht sprechen hören. Im Profil zeigte ihr Augenlid eine angedeutete Falte, die auf mongolische Vorfahren schließen ließ. Dann ergriff Alexander das Wort, und Markow lauschte und beobachtete mit der größten Vorsicht und Aufmerksamkeit.
    »Wenn du wirklich wissen möchtest, was jeder denkt, Papa, die Jungen eingeschlossen, sollst du hören, was ich meine, obwohl ich mir einbilde, daß du bereits eine ungefähre Vorstellung davon hast.« Ton und Haltung waren durchaus respektvoll, weder plump noch frivol. »Ich kann den verehrten und geschätzten Oberst versichern, daß nichts auf den Kopf gestellt oder auch nur mehr als ein paar Millimeter aus seiner gegenwärtigen Position bewegt werden wird. – Ihre Bemerkung, mein Vater hege revolutionäre Absichten, könnte, mit Verlaub gesagt, nicht irriger sein; Sie hatten dagegen ganz recht, als Sie ihn einen Konservativen nannten. Aber ich wende mich besser direkt an ihn. – Du verabscheust und fürchtest Veränderungen, Papa, aber du hast auch ein Gewissen. Etwas sollte getan werden, etwas wird getan, etwas ist getan worden, und alles ist wie zuvor, außer daß ein paar Leuten besser zumute ist. O ja, du bist nicht der einzige; die Hälfte der Männer, die dieses Land verwalten, sind vom gleichen Schlag. Nun, wenn ich es recht bedenke, hat die Veränderung, die keine ist, ein weiteres Ergebnis: viele von denjenigen, die Grund zur Klage haben, werden auch die Illusion hegen, das etwas getan worden sei, und so sind die Herrschenden tatsächlich sicherer und können sich überdies in dem Bewußtsein sonnen, etwas getan zu haben.«
    An diesem Punkt griff Elizabeth Cuy ein, ein schmächtiges, blondes, grauäugiges Mädchen, dessen sonstige Vorzüge vielleicht hinter ihrer direkten Art zurücktraten. »Hör mal, wie kannst du es wagen, deinem Vater zu sagen, er sei vom gleichen Schlag wie irgendein anderer!« sagte sie in halb ärgerlichem, halb erheitertem Ton. »Ihn sich selbst zu erklären! Und noch der Unaufrichtigkeit zu beschuldigen!«
    »Ich hatte keine Ungebührlichkeit beabsichtigt.«
    »Aber begangen. Was du sagtest, war frech und ungehörig, und es war dir ernst damit.«
    »Kümmern Sie sich nicht darum, Elizabeth!« sagte Petrowsky mit einem Lächeln. »Ich habe es nicht als Beleidigung aufgefaßt.«
    »Nun, Sie hätten es tun und auch zum Ausdruck bringen sollen, Herr Petrowsky. Wie anders sollen die Jungen Respekt lernen?«
    »Ich finde, die Jungen sind recht zufriedenstellend, so wie sie sind.«
    »Also wirklich! Ich finde sie erschreckend, zumindest einige von ihnen.« Elizabeth funkelte
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