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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken
Autoren: Kingsley Amis
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zugesagt hat, Papa. Das ist das höchste Maß an Gewißheit, das man bei ihm finden kann.«
    »Glaubst du, ich kenne meinen eigenen Sohn nicht? Nicht, daß die Erfahrung eines Vaters vonnöten wäre. Die oberflächlichste Bekanntschaft würde ausreichen. Er weiß, daß Elizabeth kommt?«
    »Du scheinst nicht zu wissen, daß das auf ihn keinen Eindruck macht, aber ich bin überzeugt, daß er diesmal kommen wird«, sagte Nina mit einem Seitenblick. »Ich habe so ein Gefühl, daß er bald auftauchen wird.«
    »Es könnte Ihnen eher nützlich sein als Sie glauben, Markow, zu erfahren, daß meine Tochter etwas in Bereitschaft hat, wenn ihre Mundwinkel sich so kräuseln.«
    »Papa! Muß ich für alles Gründe angeben? Nun, denk an meine Worte: er wird jeden Augenblick hier sein. Er bereitet bloß seinen Auftritt vor. Du wirst sehen.«
    »Ohne Zweifel. Aber jetzt bin ich nicht sicher, daß meine Gegenwart an dieser Stelle notwendig ist. Korotschenko könnte meiner Unterstützung bedürfen – der brave Oberst hat seine Vorurteile, fürchte ich.«
    Petrowsky verließ die beiden und ging hinüber zu einem der hohen Fenster, die den Ausblick nach Süden öffneten und wo die zuvor Erwähnten standen. Die Spuren von Kartuschenmalerei an Decke und Wänden waren so spärlich, daß nicht einmal die Art der Darstellung auszumachen war, obwohl Nina sich einst eingebildet hatte, sie könne in einem der Felder einen Hund erkennen. Nun hingen an zimtbraunen, mit goldenen Arabesken bedruckten und geprägten Tapeten Gemälde kaum bekannter Meister, die das russische Volksleben illustrierten, dazu ein paar eher düster wirkende Ikonen. Das Mobiliar hielt Petrowsky für recht gut – es war durchweg karelische Arbeit, ausgenommen das Roßhaarsofa, das seine Frau zu ihrer Überraschung hier in der Gegend aufgetrieben hatte, und den Bücherschrank aus schwarz gebeizter Eiche. Er war stolz auf den kurdischen Teppich, die Tigerfellbrücke von den Ufern des Aralsees und Stücke wie die goldene Uhr auf dem doppelten Kaminsims, die aus der Zeit Peters des Großen stammte. Ihre Zeiger standen auf acht Minuten vor eins; so mußten sie schon seit einer unbekannten Zahl von Jahren gestanden haben, bevor die Uhr in Petrowskys Besitz gelangt war, aber das tat seinem Stolz auf das seltene Stück keinen Abbruch.
    Die Tür wurde geöffnet, und Alexander schritt herein. Er hielt gerade auf die nächste Gruppe zu, die aus seiner Mutter, Frau Tabidze, Frau Korotschenko und Elizabeth Cuy bestand, dem zwanzigjährigen Mädchen, das bereits mehr als ein dutzendmal seine Tischdame und ansonsten eine überzählige weibliche Person gewesen war, die er beinahe halb so oft enttäuscht hatte. Nina beobachtete fasziniert, wie er seine Mutter, Frau Tabidze und Elizabeth begrüßte und Frau Korotschenko vorgestellt wurde. Theodor sprach unterhaltend über seine Arbeit bei der Kommission, aber Nina konnte nicht umhin, sich rasch zur Seite zu wenden und ein leises, aber deutlich hörbares Kichern hervorzustoßen.
    »Es scheint mir nicht gelungen zu sein, Ihr Interesse wachzuhalten«, sagte ihr Begleiter liebenswürdig.
    »Entschuldigen Sie, Herr Markow, ich möchte Ihnen gegenüber wirklich nicht unhöflich erscheinen, und darum muß ich die Gefahr auf mich nehmen, ziemlich ungehörig zu sprechen.«
    »Das hört sich für meine Ohren nicht sehr gefährlich an.«
    »Nun – sind Sie mit Frau Korotschenko bekannt?«
    »Ich bin ihr zwei- oder dreimal in der Öffentlichkeit begegnet, mehr kann ich nicht sagen.«
    »In diesem Fall … würden Sie mir zustimmen, daß sie einen außergewöhnlichen Busen hat?«
    »Ja, ich glaube, da würde ich Ihnen zustimmen müssen. Ein wenig zu außergewöhnlich für meinen Geschmack.«
    »Aber nicht für Alexanders. Sie kennen ihn nicht besonders gut, nicht wahr?«
    »Ich bin ihm vor diesem Abend zweimal begegnet und fand Gefallen an ihm.«
    »Das freut mich. Also, er wollte heute abend nicht zum Empfang kommen – er gerät in alberne Stimmungen, wenn er allein ist, um Aufmerksamkeit zu finden –, und als ich dann den Busen erwähnte, den ich am Dienstag gesehen hatte, sagte er bald darauf, er habe es sich überlegt und werde doch kommen. Was mich aber eben zum Lachen brachte, war die Art und Weise, wie er fest entschlossen war, ihn bei der Vorstellung nicht anzuglotzen und ihn dann doch anglotzte. Was macht er jetzt? Ich wage nicht hinzusehen.«
    Theodor Markow wandte verstohlen den Kopf. »Er glotzt ihn an.«
    »Ach du lieber Gott. Ist ihr
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