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Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes

Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes

Titel: Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
Autoren: David Eddings
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dafür zu bezahlen, jene Art von Büchern zu schreiben, die es ihr angetan hatten. In Anbetracht ihrer Herkunft ist es verständlich, daß Eleanor Bücher lesen wollte, die von Königen handelten, von Rittern in schimmernder Rüstung, von edlen Junkern, die mit Hingabe Laute spielten und dazu schmachtende Liebeslieder sangen, und von schönen Maiden, die ihr Leben in Türmen fristeten. Ihrer literarischen Vorliebe verdanken wir die Troubadurdichtung – die höfische Liebesdichtung –, sowie ganze Bibliotheken französischer Liebesromane, die sich mit ›Britischen Themen‹ befassen (König Artus et al), sowie ›Französischen Themen‹ (Karl der Große und Co.).
    Lassen wir nun drei Jahrhunderte hinter uns. Während der Zeit der Rosenkriege lebte ein Ritter namens Sir Thomas Malory (vermutlich stammte er aus Warwickshire), der auf Seiten derer von Lancaster stand. Als die Partei von York die Vorherrschaft errang, wurde Sir Thomas ins Gefängnis geworfen. Genau genommen war er jedoch kein richtiger politischer Gefangener. Er saß im Gefängnis, weil er offenbar eher ein Berufsverbrecher gewesen war als ein überzeugter Anhänger des Hauses Lancaster. Vielleicht hatten einige der gegen ihn erhobenen Anklagen tatsächlich einen politischen Hintergrund, doch seine Einkerkerung hatte keine politischen Gründe, sondern war darauf zurückzuführen, daß er wohl eine Art mittelalterlicher Jesse James war, der eine Bande von Gesetzesbrechern im südlichen England anführte. Man verurteilte ihn wegen Aufruhr, Mord und Mordversuch am Herzog von Buckingham, Rinder- und Pferdediebstahl, Plünderung von Klostern, Klosterschändung, Ausbruch aus dem Gefängnis und nicht selten wegen Vergewaltigung. Sir Thomas scheint ein sehr schlimmer Finger gewesen zu sein.
    Aber er war auch von Adel und zeitweise sogar Mitglied des Parlaments; deshalb konnte er seine Kerkermeister überreden, ihn die Bücherei besuchen zu lassen (unter Bewachung, versteht sich), die sich in der Nähe befand. Sir Thomas war sehr stolz auf seine ausgezeichneten Kenntnisse der französischen Sprache, und er vertrieb sich die vielen Stunden seiner Haft, indem er die unendlich langen französischen Romane übersetzte, die von König Artus handelten (wem sonst?). Die Früchte seiner Mühen kennen wir unter dem Namen Le Morte d'Arthur.
    Eine technische Errungenschaft dieser Zeit sorgte dafür, daß Malorys Werk weite Verbreitung fand. William Caxton hatte eine Druckerpresse, und er war es leid, religiöse Pamphlete zu drucken. Nun witterte er eine Marktlücke. Er nahm sich Malorys Manuskript an und überarbeitete es für den Druck. Ich finde, Caxtons Beitrag zum Le Morte d'Arthur wird vielfach unterschätzt. Den Literaturwissenschaftlern zufolge war Malorys Originalmanuskript ein Durcheinander von Geschichten, die keinerlei inneren Bezug aufwiesen. Erst Caxton ordnete sie zu einem zusammenhängenden Ganzen und präsentierte eine Geschichte mit einem Anfang, einem Mittelteil und einem Ende.
    Lassen wir nun weitere vierhundert Jahre hinter uns. Königin Viktoria bestieg mit siebzehn den britischen Thron. Sie hatte eigene Ansichten und schätzte keine ›Unartigkeiten‹. Viktorias Hofdichter, Alfred Lord Tennyson, überarbeitete Malorys Arbeit, um seiner Königin ein Werk vorzulegen, das er Idylls of the King nannte. Dieses Werk ist eine typisch viktorianische Zensur. Es spiegelte die vorherrschende Meinung der Zeit wider, daß Le Morte d'Arthur wenig mehr war als ›offene unzüchtige Rede und Totschlag‹. Kleine pikante Details wurden übergangen; so verzichtete man beispielsweise auf Ginovers Rolle als Ehebrecherin, auf Artus' inzestuöse Beziehung zu seiner Halbschwester Morgan le Fay, sowie auf andere Anstößigkeiten.
    Weitere hundert Jahre vergehen, und wir gelangen zu Papa Tolkien, der vermutlich noch prüder war als Königin Viktoria. Ist Ihnen schon aufgefallen, daß es bei den Hobbits keine Mädchen gibt? Es gibt zwar Hobbit-Matronen und weibliche HobbitHündchen, aber keine Hobbit-Mädchen. Die Viktorianer erhielten die Vorstellung aufrecht, daß Frauen unterhalb des Halses nicht existieren.
    Zeitgenössische Schriftsteller der Phantastik verneigen sich höflich vor Tennyson und Papa Tolkien, um sich dann auf der Suche nach Inspiration den alten Texten zuzuwenden – und davon gibt es reichlich. Im Englischen haben wir König Artus und seine Jungs; Siegfried und Brunhild finden wir in der deutschen Dichtung; Charlemagne und Roland sind der französische
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