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Das Attentat

Das Attentat

Titel: Das Attentat
Autoren: Carter Brown
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Vielleicht hat sie geheiratet oder ist in einem Nachtkino
eingeschlafen und noch nicht wieder aufgewacht. Ich habe schon Filme gesehen,
in denen einem so etwas passieren kann. Wieso verkaufen Sie übrigens heute
keinen Schmuck?«
    »Ich
habe Ihnen doch gesagt, daß ich Migräne habe«, fauchte sie. »Erinnern Sie sich
nicht?«
    »Klar«,
sagte ich. »Das haben Sie mir bereits erzählt.«
    Ich
warf einen letzten, nachdrücklich anhaltenden Blick auf ihren Pullover. »Sie
machen eine Reklame für Wolle, daß jedes Schaf grün vor Neid werden muß.«
    »Sind
Sie verrückt?« fragte sie kalt.
    »Bei
Anlässen wie diesem hier hoffe ich es manchmal«, sagte ich aufrichtig. »Es wäre
eine Erleichterung.«
     
     
     

ZWEITES KAPITEL
     
    G egen zwei Uhr dreißig nachmittags parkte ich meinen Austin Healey vor Waring’s und warf dann einen flüchtigen Blick auf die
Schaufensterauslage. Die Glitzerchen , jedes einzelne
so um die fünftausend Dollar herum wert, lagen behaglich in ihren Samtsärgen
und sprühten mir mit blendender Leichtigkeit Lichtreflexe entgegen. Diamanten
haben ihr Gutes, überlegte ich. Man kann mit ihnen zum Beispiel Geld kaufen.
    Drinnen
herrschte die gedämpfte Atmosphäre einer teuren Privatleichenhalle, und die
langen Reihen der Glaskästen trugen nichts dazu bei, diesen Eindruck zu mildem.
Ich warf einen Blick auf das lebende Inventar und stellte fest, daß es sich
dabei meistens um junge weibliche Wesen in schwarzen Kleidern handelte. Ein
Bursche in einem dunklen Anzug mit einer roten Nelke im Knopfloch kam
zierlichen Schritts auf mich zu.
    Er
hatte glänzendes schwarzes, allzu langes Haar, das von einer raffiniert
gedrechselten Locke durchlaufen wurde. Auf seiner Oberlippe befand sich ein
dünner Schnurrbart, und seine Augen hatten den seltsamen Effekt glänzenden
Achats, was scharf mit der bebenden Kurve seines kleinen Munds kontrastierte.
Vielleicht genügte ein hartes Wort, um ihn glattwegs in der Mitte auseinanderbrechen zu lassen.
    »Womit
kann ich Ihnen dienen, Sir?« fragte er mit leiser Stimme. »Suchen Sie nach
einem Geschenk — für eine Dame?«
    »Klar«,
sagte ich. »Und zwar soll es eine große Überraschung sein — zum Beispiel für
Ihre Schwester.«
    Auf
seinem Gesicht lag ein Ausdruck höflicher Verblüffung. »Sir?«
    »Ich
bin Lieutenant Wheeler«, erklärte ich ihm, »und stelle Nachforschungen im Fall
der verschwundenen Lily Teal an. Sie hat hier
gearbeitet, nicht wahr?«
    »Oh,
ich verstehe.« Sein Gesicht hellte sich auf. »Natürlich wollen Sie mit Miss Waring sprechen. Ich werde ihr mitteilen, daß Sie hier
sind.«
    Er
verschwand hinter einem Ladentisch, und ich füllte die Wartezeit damit aus, daß
ich berechnete, wieviel Jahre ich dazu brauchen
würde, um das Diamantenarmband abzuzahlen, das mich aus dem nächsten
Schaukasten verächtlich anfunkelte. Dann kehrte das Individuum zurück.
    »Miss Waring möchte Sie sofort sprechen, Lieutenant«, sagte
er mit seiner weichmodulierten Stimme. »Wenn Sie bitte mitkommen wollen?«
    Er
ging geziert vor mir her, und wir landeten schließlich in einem zierlich
eingerichteten Büro — zumindest ich; das zerbrechliche Individuum ging irgendwo
vor der Tür verloren. Aber ich hatte keine Zeit, den Verlust zur Kenntnis zu
nehmen, denn in diesem Augenblick sah Miss Waring von
ihrem Schreibtisch auf, und ich wußte, daß mir nichts anderes mehr übrigblieb,
als mich mit dem Fall Teal zu beschäftigen.
    Miss Waring war dunkelhaarig und auf eine pantherartige Weise
schick. In einem Trikot hätte sie wie eine Ballerina ausgesehen — in einem
Leopardenfell wie das Nonplusultra ungezähmter Weiblichkeit. Ich enthielt mich
mühsam des Impulses, mit den Fäusten gegen meine Brust zu schlagen — es hätte
ohnehin keinen Sinn gehabt.
    »Ich
bin Greta Waring , Lieutenant«, sagte sie mit kehliger und leicht spöttischer Stimme. »Sie wollten mit
mir über Lily Teal sprechen?«
    »Ja«,
sagte ich nervös, »bis jetzt wenigstens.«
    Sie
hatte hohe Backenknochen und schöne geschwungene Brauen. Ihr Hals war schlank,
und ihre Haut hatte einen zarten elfenbeinfarbenen Schimmer. Aber sie wirkte
nicht zerbrechlich. Bei diesen Kurven konnte sie das gar nicht.
    »Wollen
Sie sich nicht setzen?« fragte sie.
    »Danke«,
murmelte ich und glitt vorsichtig auf ein schaumgepolstertes Spielzeug aus
Schweden, das die Dame des Hauses mindestens zweihundert Dollar gekostet haben
mußte.
    Im
Gegensatz zur Einrichtung war Miss Waring hübsch substantiell.
Ihre
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