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Das Attentat

Das Attentat

Titel: Das Attentat
Autoren: Carter Brown
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gegenüber nieder und zündete sich eine
Zigarette an.
    »Ich habe
die Unterlagen gelesen«, sagte ich. »Lily ging an einem Samstagabend hinunter
zum Drugstore an der Ecke. Dort kaufte sie Aspirin und Beruhigungsmittel, denn
sie hatte Migräne, ging dann in die Nacht hinaus und verschwand. So war die
Geschichte doch — nicht wahr?«
    »Genauso«,
pflichtete sie bei.
    »Die
Sache stinkt«, sagte ich einfach.
    Ihr
Kopf fuhr mit einem Ruck in die Höhe. »Was haben Sie da gesagt?«
    »Die
Sache stinkt. Leute tun so etwas nicht, jedenfalls nicht ohne Grund. Leute
verschwinden nicht einfach nach dem Motto: >Erst war se da, nu is se weg.< Genausogut können Sie die kleinen Männer vom Mars mit ihren erbsengrünen Hüten und den
Porzellanuntertassen ernst nehmen. Lily muß einen Grund gehabt haben, zu
verschwinden. Möglich, daß Sie den Grund nicht kennen und sie Sie angelogen
hat, oder aber Sie wissen ihn und haben guten Grund, die Polizei zu belügen.
Welche Theorie hat Ihren Segen?«
    Sie
holte tief Luft, wobei sie eine Unzahl von Wollfasern sprengte. »Ich finde Sie
beleidigend, Lieutenant.«
    »Vielleicht«,
sagte ich. »Und?«
    »Ich
weiß nicht mehr als das, was ich bereits Lieutenant Hammond berichtet habe.«
    »Demnach
sind Sie also von Ihrer Schwester belogen worden. Sie hatte ein Geheimnis:
einen Freund, den sie nie erwähnt hat, einen Mord, den sie geheimzuhalten vorzog — irgend etwas ?«
    »Das
ist absurd.«
    Ich
zündete mir eine Zigarette an. »Hatte sie einen Freund?«
    »Nein.«
    »Sie sieht Ihnen ziemlich ähnlich, nicht wahr?«
    Lois Teal überlegte einen Augenblick. »Vermutlich ja.«
    »Dann
hatte sie sicher männliche Bekannte — ganz bestimmt hatte sie einen Freund.«
    »Nun«,
sagte Lois Teal und lächelte selbstzufrieden,
»natürlich hatte sie Verabredungen mit Männern. Aber sie hatte nie einen festen
Freund. Sie nahm keinen der Burschen ernst.«
    »Vielleicht
hat einer von ihnen sie ernst genommen?«
    »Ich
glaube nicht.«
    »Hatte
sie irgendwelche Feinde?«
    »Nein,
keine«, sagte sie entschieden.
    »Wo
hat sie gearbeitet?«
    »Da,
wo ich auch arbeite bei Waring .«
    »Was
ist das?«
    Sie
blickte beleidigt drein. »Ich dachte, jeder würde Waring kennen!« Der Ton ihrer Stimme versetzte mich zum Abschaum der menschlichen
Rasse.
    »Seien
Sie nicht so schüchtern, Süße«, sagte ich in ermutigendem Ton. »Sie können mir
ruhig davon erzählen. Was ist das — ein Revuetheater?«
    »Es
ist ein Juweliergeschäft«, sagte sie streng. »Vielleicht nicht gerade so etwas
wie Cartier oder Tiffany, aber in Pine City rangiert
es gleich dahinter. Offenbar hatten Sie niemals Gelegenheit, dort etwas zu
kaufen?«
    »Sie wissen
ja, wie es einem gehen kann«, sagte ich bescheiden. »Alle Frauenzimmer kaufen mir Diamanten.«
    »Sie
müssen ein schwieriger Mensch im Umgang sein, Lieutenant«, sagte sie scharf.
    »Wo
liegt denn dieser fabelhafte Laden?« fragte ich.
    »In Valley
Heights.« Sie zuckte die Schultern. »Wo sonst?«
    »Vielleicht
hat sich der Boss in Lily verliebt?« äußerte ich erwartungsvoll. »Dieser Waring ?«
    »Er
ist seit zwanzig Jahren tot«, sagte sie kurz.
    »Vielleicht
sonst irgendein Bursche, der dort arbeitet?«
    »Nein.«
Sie schüttelte den Kopf.
    »Wieso
wissen Sie das so genau?«
    »Das
habe ich Ihnen doch bereits gesagt — ich arbeite auch dort.«
    Zum erstenmal in meinem Leben empfand ich eine Aufwallung von
Mitgefühl für Hammond, falls er diese ganzen Routinefragen schon hinter sich
gebracht hatte. Aber ich machte beharrlich weiter, weil ich nichts Besseres zu
tun hatte.
    »Sie
haben also keine Ahnung, warum Lily verschwunden ist — sie stand nicht unter
seelischem Druck, sie hatte keine Feinde, keine Sorgen, kein Garnichts?«
    »Wie
oft soll ich es noch sagen? Soll ich die Hand aufs Herz legen?«
    Daraufhin
warf ich ihr erneut einen heimlichen Blick zu und überlegte, daß, wenn ihr
schon jemand die Hand aufs Herz legte, ich das gern selber getan hätte. Aber
der frostige Blick, den sie mir ihrerseits zukommen ließ, verriet mir, daß ich
in jedem Fall meine Zeit verschwendete, und so sagte ich nur: »Machen Sie sich
nicht die Mühe. Und vielen Dank.« Ich stand auf.
    »Es
war mir ein Vergnügen, Lieutenant.«
    »Ja,
jede Minute«, sagte ich liebenswürdig.
    Sie
folgte mir zur Tür. »Sie glauben doch nicht, daß ihr etwas Schreckliches
zugestoßen ist?«
    »Das
kommt auf die Definition an«, sagte ich. »Etwas ist ihr bereits zugestoßen —
sie ist verschwunden.
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