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Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Titel: Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)
Autoren: Ulrike Schweikert
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Würzburg«, fügte der Narr hinzu.
    Der Bischof lachte und nickte. »Ja, auch das, mein Lieber, auch das. Es ist lange keine Abordnung mehr bei mir gewesen, um sich zu beschweren und mich zu ermahnen, mein verschwenderisches Leben zu ändern.«
    Inzwischen war es dunkel geworden.
    »Wollen wir hinuntersteigen und nachsehen, ob Euer Koch nicht etwas zustande gebracht hat, das Eure Stimmung zu heben im Stande wäre? Ach, und wenn wir von gehobener Stimmung sprechen: Geradina hat nach Euch gefragt. Sie wartet bestimmt schon im Saal, um all Eure Wünsche zu erfüllen.«
    Der Bischof schnaubte durch die Nase. »Ha, es liegt bestimmt nicht in der Macht dieses Weibes, mir meine Wünsche zu erfüllen! Was bildet sie sich ein?«
    »Sie ist ein Weib«, sagte der Narr mit einem Schulterzucken, als sage dies alles.
    »Ja, sie ist nur ein Weib«, bestätigte der Bischof und machte sich an den beschwerlichen Abstieg. »Und sie ist schon viel zu lange um mich. Sie langweilt mich. Ich werde sie wegschicken und mir etwas anderes nehmen. Ich habe da schon ein Mädchen im Blick, das sich über die Ehre, von mir erwählt zu werden, sicher beglückt zeigen wird.«
    Ausnahmsweise schwieg der Hofnarr. Er ließ seinen Blick über die Gestalt des Bischofs gleiten. Alt war er, das Gesicht rot, der Leib aufgedunsen von Wein und Schlemmerei. Was allerdings viel schwerer wog: Er hatte keine Macht, keine Vergünstigungen und kein Geld mehr zu bieten, um mit seinem unzüchtigen Ansinnen Begehrlichkeit zu wecken.
     
    »Was machst du denn für ein Gesicht?«, forschte Gret nach, als sich die Frauen nach Einbruch der Dunkelheit auf der Schütt, ihrem Lieblingsplatz, der aufgeschütteten Bastion auf der Mainseite vor dem Fürstenpalas, trafen. Der Herbst nahm bereits seinen Lauf, die Blätter fielen, und mit ihm kam die Nacht jeden Tag ein wenig früher, der Wind wurde stürmischer und kälter. Bald würden sie sich im Innern der Festung ein Plätzchen für ihre heimlichen Zusammenkünfte suchen müssen. Heute jedoch schenkte der Herbst ihnen einen schönen Abend, den man mit einem warmen Umschlagtuch um die Schultern wohl ertragen konnte. Elisabeths Umhang war aus kostbarem Stoff, bestickt und mit Pelz gefüttert, die von Gret und Jeanne aus grob gewebter Wolle.
    Elisabeth ließ den Blick den Schlossberg hinunterwandern zur Vorstadt mit ihren drei Klöstern und dann über den dunklen Main, dessen schäumende Flut die stolze Brücke überspannte. Am anderen Ufer erhob sich die Stadt. Das prächtige Würzburg mit seinen Mauern und Türmen, dem Dom, dem Neumünster und den anderen Kirchen, die sich noch vor dem zunehmend dunkleren Abendhimmel abhoben.
    »Heilige Jungfrau, es ist geschehen?«, stieß Jeanne aus. »Du hast es ihm gesagt, nicht wahr?«
    »Und er ist mit Entsetzen vor dir zurückgewichen«, knurrte Gret empört, obwohl Elisabeth noch keinen Ton erwidert hatte.
    »Nein, ist er nicht, oder? Er ist nun vielleicht ein wenig verwirrt, aber er wird zu seinem Wort stehen. Nicht wahr? Er ist ein Ritter!« Jeanne drückte drängend Elisabeths Hand.
    Gret schnaubte. »Ha, ein Ritter, mit den berühmten Tugenden, die man vielleicht in alten Sagen findet, aber nicht bei denen, die heute unter uns leben. Jeanne, du bist ein Schaf. Ritter oder nicht, er ist ein Mann, der kein Weib vor den Altar führen wird, das bereits mehr als ein anderer besessen hat.«
    Elisabeth unterdrückte ein Stöhnen.
    »Gret! Wie kannst du so herzlos sein, so etwas zu sagen?«, rief Jeanne.
    »Was wahr ist, muss man auch sagen, sei es nun herzlos oder nicht. Ich habe sie ja gewarnt, wieder und wieder, aber du bist so blind, dass du sie auch noch in ihrem Wahnsinn bestärkt hast! Nun ist das Unglück geschehen, und keiner kann die Worte mehr zurücknehmen.«
    Die beiden standen sich mit erbostem Gesichtsausdruck gegenüber, die Hände in die Hüften gestemmt, und funkelten einander an, bis Elisabeth zwischen sie trat.
    »Schluss jetzt, ihr beiden! Ihr ereifert euch ganz unnötig. Nichts ist passiert, denn ich habe es Albrecht immer noch nicht gesagt.«
    »Endlich ist sie zur Vernunft gekommen«, rief Gret, während Jeanne wissen wollte, was sie noch immer davon abhalte.
    »Du willst doch nicht etwa auf Gret hören? Tu das nicht. Gott wird dich strafen, wenn du deine Liebe auf einer Lüge aufbaust!«
    »Blödsinn!«, fiel ihr Gret ins Wort. »Alle Männer belügen und betrügen die Frauen. Hast du nicht einmal das in deiner Zeit im Frauenhaus gelernt, Jeanne? Warum sollte
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