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Das alte Kind

Das alte Kind

Titel: Das alte Kind
Autoren: Zoe Beck
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unsicher, »offenbar hab ich meinen Albtraum mit rüber in die Realität genommen.« Kaum hatte sie es gesagt, machten ihr ihre eigenen Worte Angst. War es nun so weit, dass sie Traum und Realität nicht mehr richtig trennen konnte? Verdammt, es war an der Zeit für eine komplette Entgiftungskur.
    Der Arzt lächelte ihr aufmunternd zu. »Und wie geht es Ihnen sonst? Denken Sie viel an Ihre Mutter?«
    Der Gedanke zog sie aus dem wohligen Dämmerzustand, in den sie fast wieder geglitten wäre. Ihre Mutter. Ben wollte sie holen. Wenn diese Frau wirklich ihre Mutter war. Sie wollten sich treffen. Aber wann? Und wo? Sie nahm ihr Handy und kontrollierte die Nachrichten: keine neuen von Ben. »Ich muss Ben anrufen«, murmelte sie.
    »Das hat doch noch Zeit. Er hätte sich bestimmt bei Ihnen gemeldet, wenn es etwas Neues gäbe, denken Sie nicht?«
    Fiona hielt unschlüssig ihr Telefon in der Hand. »Ich könnte ihn doch kurz fragen, wie es so läuft«, schlug sie vor.
    Lloyd löste sich von der Fensterbank und setzte sich neben sie auf die Sessellehne. Er legte eine Hand auf ihre Schulter, und es tat gut, diese Wärme zu spüren. Es gab ihr das Gefühl, nicht allein zu sein. Sie schloss wieder die Augen. »Fiona. Sie brauchen etwas Geduld. Und Sie dürfen sich nicht zu sehr in diese Idee verrennen, dass die Frau von dem Foto wirklich Ihre Mutter ist. Hätte Ihr Bekannter Sie nicht längst angerufen, wenn dem so wäre?«
    Fiona zuckte die Schultern. »Deshalb will ich ja mit ihm reden.« Ihr Gehirn hatte bereits auf Halbschlaf umgestellt und lieferte seltsame Traumbilder. Sie sah die North Bridge vor sich…
    »Entspannen Sie sich. Sie haben viel durchmachen müssen in den letzten Tagen.«
    …den Scotsman…
    »Erlauben Sie mir die Frage: Was genau erhoffen Sie sich davon, wenn Sie Ihre echten Eltern gefunden haben? Ist Ihr Interesse eher emotionaler Natur, oder – und nehmen Sie mir dies nicht übel, ich versuche nur, einen Überblick zu bekommen – oder erwarten Sie finanzielle Vorteile? Publicity?«
    …die Scotsman Treppe…
    »Seien Sie mir nicht böse, weil ich Sie das frage. Ich habe hier Patienten, die verzweifeln schier daran, dass ihr Barvermögen auf weniger als eine Million geschrumpft ist. Sie können erst ab einer Million wieder ruhig schlafen. Ich habe mit Personen des öffentlichen Lebens zu tun, die einen Zusammenbruch hatten, weil sie plötzlich nicht mehr in den Schlagzeilen auftauchten. Ich will Sie nur etwas besser kennenlernen, Fiona.«
    …Mòrag in dem grün-goldenen Brokatmantel…
    »Ich finde, Sie sind eine sehr interessante Frau, Fiona. Und ich kann Ihnen helfen. Sie müssen sich mir nur anvertrauen.«
    …Mòrag auf der North Bridge, unterwegs…
    »Wissen Sie was, ich bin ganz Ihrer Meinung. Diese neuen Tabletten sind ganz falsch. Ich gebe Ihnen am besten eine Spritze, die wird Sie wieder aufbauen, und dann fangen wir gleich morgen mit der Entwöhnungskur an. Einverstanden?«
    …in ihrem grün-goldenen Brokatmantel…
    »Einverstanden«, nuschelte Fiona und öffnete ihre zentnerschweren Lider. »Was für eine Spritze?«
    Lloyd hielt sie bereits in der Hand und zog sie auf. »Nur ein kleiner Piks, keine Sorge. Sie werden gar nichts spüren.«
    Nichts spüren. Für immer betäubt. Was für Aussichten. Fiona war nun wieder ganz wach, sah ihn an und lächelte. »Ich werde bestimmt nichts spüren?«, sagte sie.
    »Ganz bestimmt.« Er nahm sanft ihren Arm.

27.
     
    Herzmassage. Beatmung. Kontrolle. Und noch mal Herzmassage. Beatmung. Kontrolle. Er konnte die Sirenen schon hören. Der Mann von der Rezeption klapperte vor Angst mit den Zähnen und knetete mit den Händen auf seinem Telefon herum. »Sie kommen gleich, sie kommen gleich«, war sein Mantra.
    Herzmassage. Beatmung. »Ich hab sie«, rief Ben und spürte die Tränen, als Carla selbstständig Atem holte. Die Sirenen hatten aufgehört. »Bleiben Sie bei mir, Carla«, er tätschelte ihre Wange, »bleiben Sie bei mir, gleich kommt ein Arzt. Sie sind in Sicherheit.« Er hatte keine Ahnung, ob sie ihn hörte. Ihre Augen blieben geschlossen, aber sie atmete. Ben sah zu dem Mann im Türrahmen, der käseweiß im Gesicht war. Nicht viel, und ich muss ihn auch gleich wiederbeleben, dachte er, als der Mann zur Seite gestoßen wurde und ein Notarzt mit zwei Sanitätern das Zimmer stürmte. Ben setzte sie rasch ins Bild, aber der Arzt wusste, was zu tun war.
    »Seit wann atmet sie wieder?«, fragte er.
    »Eine Minute, bevor Sie gekommen
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