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Das abartige Artefakt

Das abartige Artefakt

Titel: Das abartige Artefakt
Autoren: Christian von Aster
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und Geiz errechnete. Khnarff Lehmstich war reich. Doch er war mindestens ebenso geizig. Er verdünnte sogar sein Feiertagsbier und würde für den Schutz seiner Schätze lediglich einen Bruchteil ihres Wertes investiert haben.
    Zwei Eisengerberschlösser waren seiner Ansicht nach gewiss schon eine teure Anschaffung, was bedeutete, dass er in der Höhle selbst vermutlich allenfalls noch ein oder zwei weitere Fallen verborgen hatte. So wie Nattergriff ihn einschätzte, gab es eine allgemeine Falle für den Raum und eine spezielle für seinen wertvollsten Besitz.
    Eingedenk seines Geizes würden beides Fallen der mittleren Preisklasse sein, womit sowohl Helmspalter, Biergrube als auch die Schnetzelpresse ausschieden. Allein um Letztere nach erfolgreichem Einsatz zu säubern, brauchte man nämlich einen starken Magen und zwei Zwerge.
    Und die hätte Lehmstich bezahlen müssen.
    Also Wachratten. Aber die musste man füttern…
    Womöglich auch eine mechanische Pfeilschleuder oder ein Stiefelfeger. Beides waren jedoch Vorrichtungen, die gewartet werden mussten…
    Für die Sicherung des Raumes blieb also letztlich nur eine Vorrichtung, die einem Zwerg wie Lehmstich in seinem Geiz entgegenkam. Lächelnd nahm Nattergriff die Glimmpilze in eine Hand und öffnete mit der anderen einen kleinen ledernen Behälter an seinem Unterarm. Er war das alles bereits durchgegangen, bevor er sich auf den Weg gemacht hatte. Aus dem geöffneten Behälter ließ er einige Scheiben Knorpelknolle auf seinen Handschuh gleiten, bückte sich und warf sie in die Mitte des Raumes.
    Im nächsten Moment kamen unter den Bodenplatten einige zwergenfaustgroße Kreaturen hervorgeschossen.
    Brüllbauchlinge! Lächelnd beobachtete der Dieb, wie die verfilzten Fellknäuel sich gierig auf die Knollen stürzten. Brüllbauchlinge. Was sonst. Sie reagierten empfindlich auf Druck, lebten unter dem Fußboden, und wenn man auf sie drauftrat, waren ihre Schreie so laut, dass man damit Löcher in den Fels sprengen konnte. Davon abgesehen waren sie die einzigen Wachtiere, die man über längere Zeit ohne Futter lassen konnte. Ein Umstand, der nicht nur Lehmstichs Geiz, sondern auch Nattergriffs Raubzug entgegenkam. Satten Brüllbauchlingen hätte er nach dem Tod der Steinschlinger, mit denen er sich sonst über die Decke hätte hangeln können, kaum etwas entgegenzusetzen gehabt. So aber tat die dünn aufgetragene Schnarchfarrn-Essenz auf den Knollen ihren Dienst.
    Drei Schläge später kullerten die Brüllbauchlinge bewusstlos auf die Seite.
    So viel zur allgemeinen Falle. Blieb die spezielle. Für Nattergriff bestand kein Zweifel daran, was diese spezielle Falle schützen würde: den großen Borngroll. Er hob noch einmal die Glimmpilze und leuchtete in die Höhle hinein. Er sah ein halbes Dutzend Kisten verschiedener Größen, von denen nur wenige mit einem guten Schloss versehen waren. Die meisten hätte er vermutlich mit einem angefeuchteten Barthaar knacken können. Aber um diese Kisten ging es nicht. Es ging um den Schrank am Ende des Raumes. Er war gut einen Zwerg groß, schwarz und glänzend lackiert. Da musste er drin sein. Der große Borngroll, der Vater aller Hämmer, der Hammer des ersten Verwalters, ein Symbol. Nein, nicht eines, er war das Symbol der Zwergenheit. Dieser Hammer hatte das Eherne Imperium begründet, auf ihn hatten die ersten Zwerge geschworen. Wer diesen Hammer besaß, besaß die Geschichte des Ehernen Volkes.
    Gold konnte jeder stehlen.
    Geschichte hingegen nur die Besten.
    Nun also zu der speziellen Falle. Nattergriff hielt die Glimmpilze über den Schrank und betrachtete ihn eingehend. Glatte Oberfläche. Poliert. Zweiflügelige Tür. Außen liegende Scharniere. Wenig Platz für klassische Fallen. Dafür ein sehr kleines, erhabenes, stählernes Kastenschloss. Um es zu knacken, musste man sich dicht dar überbeugen. Er überlegte einen Moment. Das sprach für einen Bartschnapper. Eine einfache, aber zutiefst demütigende mechanische Falle. Einmal geölt, blieb sie gut fünfzig Jahre einsatzbereit. Wenn man seinen Nachschlüssel ansetzen wollte, musste man so nah an das Schloss herangehen, dass sich der Bart zwischen zwei seitlich herausschnellenden und aufeinanderprallenden Stahlwalzen verfing, die sich so lange weiterdrehten, bis der Bartansatz erreicht war. Die einzige Chance, dem Bartschnapper im Nachhinein zu entgehen, war, sich von seinem Bart zu trennen. Da das aber für einen anständigen Zwerg nicht in Frage kam – nicht zuletzt
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