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Das 8. Gestaendnis

Das 8. Gestaendnis

Titel: Das 8. Gestaendnis
Autoren: James Patterson
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der Szene ein bisschen umhörte.
    Ich föhnte mir die Haare und tapste durch den Flur zu meinem eigenen, begehbaren Kleiderschrank, der immer noch so gut wie leer war. Ich stieg in eine saubere Hose, streifte einen blauen Pullover über, überprüfte meine Dienstwaffe, schnallte mein Schulterhalfter an und schlüpfte zum krönenden Abschluss in meinen zweitbesten blauen Blazer.
    Dann beugte ich mich nach unten, um Sweet Martha, meiner süßen Border-Collie-Hündin, die seidigen Ohren zu kraulen, und rief Joe zu: »Tschüss, Liebling.«
    Schließlich machte ich mich auf den Weg, um Cindys neuesten Schwarm kennenzulernen: einen toten Penner mit einem eindeutig durchgeknallten Namen.
    Bagman Jesus.

3
    Cindy stand neben dem Toten und kritzelte in ihr Notizbuch, notierte sich Namen, Beschreibungen und wörtliche Zitate von all denen, die um Bagman Jesus trauerten und die seine Freunde gewesen waren.
    »Er hat ein riesiges Kreuz um den Hals gehabt«, sagte ein mexikanischer Tellerwäscher, der in einem Thai-Restaurant arbeitete. Unter seiner dreckigen Schürze trug er ein Adidas-T-Shirt und eine Jeans. Auf seinen Armen waren Koi-Tätowierungen zu sehen. »Das Kreuz war aus zwei, na ja, wie soll ich sagen, Nägeln …«
    »Das war ein Kruzifix , Tommy«, sagte eine gebeugte, weißhaarige Frau, die am Rand der Menge mit offenen Wunden an den Beinen an ihrem Einkaufswagen lehnte. Ihr schmutziger roter Mantel schleifte auf dem Boden.
    »Oh, Entschuuuuldigung, Boss. Ich meine natürlich ein Kruzifix .«
    »Und das waren auch keine Nägel, das waren Bolzen, über sieben Zentimeter lang, mit Kupferdraht zusammengebunden. Und vergiss nicht diese Babypuppe am Kreuz. Ein kleines, pinkfarbenes Baby.« Die alte Frau zeigte mit Daumen und Zeigefinger gut zwei Zentimeter Länge an.
    »Wer kommt denn auf die Idee, sein Kruzifix zu klauen?«, wollte die schwergewichtige Frau wissen. »Aber seine T-T-Tasche. Das war’ne echte Ledertasche! Lady, schreib das auf! W-w-wegen seinen Sachen i-i-ist er umgebracht worden!«
    »Wir ham nich’ mal sein’ richtig’n Nam’n gekannt«, sagte Babe, eine kräftige, junge Frau aus dem chinesischen MassageSalon. »Er hat mir zehn Dollar gegeb’n, als ich nix zu essen gehabt hab. Und er hat nix dafür gewollt.«

    »Bagman hat sich um mich gekümmert, als ich eine Lungenentzündung hatte«, sagte ein grauhaariger Mann. Die Hose mit den breiten weißen Senkrechtstreifen wurde von einer Schnur auf den Hüften gehalten. »Mein Name ist Bunker. Charles Bunker«, sagte er.
    Er streckte die Hand aus, und Cindy ergriff sie.
    »Ich hab gestern Abend Schüsse gehört«, fuhr Bunker fort. »Das war nach Mitternacht.«
    »Haben Sie gesehen, wer auf ihn geschossen hat?«
    »Leider nicht.«
    »Hat er irgendwelche Feinde gehabt?«
    »Lasst ihr mich vielleicht endlich mal durch?«, sagte ein Schwarzer mit Rastalocken, einem goldenen Nasenstecker und einem weißen Rollkragenpulli unter einer alten Smokingjacke. Er drängte sich durch die versammelte Menge auf Cindy zu.
    Langsam buchstabierte er seinen Namen - Harry Bainbridge -, damit Cindy ihn auch richtig mitbekam. Dann deutete Bainbridge mit einem langen, knochigen Zeigefinger auf Bagmans Leiche und auf die Buchstaben, die auf den Rücken seines blutgetränkten Mantels gestickt waren.
    »Können Sie das lesen?«, fragte er Cindy.
    Cindy nickte.
    »Damit ist alles gesagt, was Sie wissen müssen.«
    Cindy trug es in ihr Notizbuch ein.
    Jesus der Retter.

4
    Als Conklin und ich schließlich an der Ecke Fourth und Townsend eintrafen, hatten Streifenpolizisten das Gebiet bereits abgeriegelt, die Pendler in einem großen Bogen zum Bahnhofseingang umgeleitet, Schaulustige hinter das Absperrband gescheucht und ließen nur noch offizielle Fahrzeuge durch.
    Cindy stand auf der Straße.
    Sie winkte uns zu sich, riss die Beifahrertür auf und fing an zu erzählen, noch bevor ich die Füße auf den Boden gestellt hatte.
    »Ich sehe da eine fünfteilige Serie über die Obdachlosen von San Francisco vor mir«, sagte sie. »Und der erste Teil handelt vom Leben und Sterben dieses Mannes.«
    Sie deutete auf einen Toten, der in blutigen Lumpen und bereits steif auf der Erde lag.
    »Dreißig Leute haben um ihn geweint, Lindsay. Ich weiß nicht, wie viele es wären, wenn ich da liegen würde.«
    »Jetzt hör aber auf«, sagte Conklin und kam um die Motorhaube herum. »Du bist doch nicht ganz dicht.« Sanft rüttelte er an Cindys Schulter, sodass ihre blonden Locken anfingen zu
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