Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)

Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)

Titel: Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)
Autoren: Lynn Viehl
Vom Netzwerk:
lichter und öffneten sich zu jener Wiese, die sie schon hunderte Male gesehen hatte, aber nur in ihren Träumen. Sie lächelte und trat aus den Bäumen, glücklich, sie erreicht zu haben. Es war ein guter Ort, diese Wiese, dieser Platz. Wildblumen, weiches grünes Gras und Vogelgezwitscher hüllten sie ein. Schirmchen von Löwenzahnsamen flogen vor ihrem Gesicht in der milden Brise vorbei, trugen die Wünsche anderer Träumer mit sich. Sie fing einen mit den Fingern, hielt ihn einen Moment fest und entließ ihn dann wieder.
    Ma bien-aimée.
    Nicks Herz setzte für eine Sekunde aus, als sie aufsah. Da bist du ja .
    Auf der anderen Seite der Lichtung erschien der Grüne Mann, genau an der Stelle, wo er jedes Mal stand, in der schmalen Öffnung zwischen zwei alten Eichen, deren dicke Äste sich mit der Zeit ineinandergeschlungen hatten. Er war so braun gebrannt wie sie blass und trug nur eine locker sitzende braune Lederhose.
    Immer wachsam.
    Wer immer er war, er war groß und wie ein Langstreckenläufer gebaut, mit einer breiten Brust und kräftigen Oberschenkeln, die in wohlgeformte, schlanke Beine mündeten. Der Gurt eines Köchers hing über seiner linken Schulter, aber Nick wusste aus vorangegangenen Träumen, dass der zylindrische Lederbehälter auf seinem Rücken leer war, und er trug niemals einen Bogen. Ein Teil von ihr wusste, dass er, obwohl er wie ein Jäger aussah, nichts töten konnte oder wollte.
    Niemals verletzen.
    Ein absolut normaler, definitiv gut aussehender Kerl, ihr Traummann, wenn man die Tannennadeln ignorierte, die statt Haaren sein Gesicht umrahmten, und den dunkelgrünen Ton seiner Haut.
    »Die Prinzessin hätte dich länger küssen sollen«, murmelte Nick vor sich hin, während sie ihn betrachtete.
    Er streckte die Arme aus und legte die Hände gegen die schuppige braun-schwarze Baumrinde, als versuche er, die Bäume auseinanderzuschieben. Er stand zu weit weg, als dass Nick hätte sehen können, welche Farbe seine Augen hatten, aber sein Blick ruhte die ganze Zeit über auf ihr.
    Eine Handvoll großer grüner und brauner Motten flog um ihren Kopf, als eine Stimme in ihrem Innern sprach. Warum kommst du zurück, ma bien-aimée ? Hast du dich wieder verlaufen?
    »Ich träume das nur.« Sie machte einen zögernden Schritt nach vorn. Sie wusste, dass es der Grüne Mann war, der mit ihr sprach, obwohl er seine Lippen nie bewegte. Sie wusste auch, dass sich der Traum verändern würde, wenn sie zu schnell ging, und dass sie dann keine Gelegenheit mehr haben würde, mit ihm zu sprechen, bevor sie weitermusste. »Wie steht es mit dir?«
    Ich bin für immer verloren.
    So tragisch poetisch wie immer. Es hätte dumm klingen müssen, aber er meinte es ernst, und sie spürte ein Echo derselben Verzweiflung in ihrer eigenen versteckten hohlen Einsamkeit. »Für immer ist eine lange Zeit. Kannst du nicht nach dem Weg fragen?«
    Niemand außer dir kann mich hören.
    So hübsch sie auch waren, Nick konnte die kryptischen Bemerkungen des Grünen Mannes kaum je verstehen. Dieses Mal fragte sie sich, ob er verloren im wortwörtlichen Sinne meinte: dass er irgendwo war und darauf wartete, gefunden zu werden. »Ich bin in einer lausigen Jugendherberge am Rand von Paris. Wo bist du?«
    Ich weiß es nicht . Er riss seine Arme von den Bäumen zurück und trat auf die Wiese. Doch sobald sein Fuß das kühle, köstliche Gras berührte, zog es sich von ihm zurück, lief wie eine abebbende Welle auf Nick zu und hinterließ nichts als Unkraut und Gestrüpp und Haufen von zerbrochenen Steinen. Der Wald hinter dem Grünen Mann verschwand hinter zusammengestürzten Mauern, schiefen Türmen und leeren, von Spinnweben überzogenen Fenstern. Sie haben mich hier zurückgelassen. Kennst du diesen Ort?
    Hunderte von Ringelblumen schossen aus dem Gras auf Nicks Seite der Wiese. Sie starrte nach oben, während sie weiterging, betrachtete die Ruinen hinter ihm. Sie hatte schon andere Orte als diesen gesehen, aber keinen so verfallenen. »Nein, tut mir leid. Warum sollte dich jemand hierherbringen? Es sieht verlassen aus.«
    Sie registrierte, wie er sich anspannte, und blieb abrupt stehen. Sie spürte wieder die gleiche unerklärliche Frustration, die sie in jedem Traum vom Grünen Mann überkam. Irgendwie wusste sie, dass ihnen beiden die Zeit davonlief, aber aus unterschiedlichen Gründen, und dass dieser Mann ihr nicht dabei helfen konnte, die Madonna zu finden. Auf der anderen Seite war sie jedoch auch ziemlich sicher, dass das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher