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Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)

Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)

Titel: Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)
Autoren: Lynn Viehl
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Aber so ausgedacht sie sein mochte, die Tatsache, dass sie in den letzten Monaten zu ihm gekommen war, hatte ihn davon abgehalten, sich den ewigen Freuden des Vergessens hinzugeben. Dank ihr konnte er mit dem Wissen leben, dass es niemanden auf der Welt gab, dem er noch etwas bedeutete oder der an ihn dachte.
    »Wenn du nicht zum Licht kommen willst, dann muss ich es zu dir bringen.« Ein leises Kratzen und das Zischen von brennendem Schwefel brachten eine kleine Flamme in die stickige, stockdunkle Kammer. Der Mensch, der das Streichholz entzündet hatte, hielt es an den geschwärzten Docht der Kerosinlampe, die der alte Priester zurückgelassen hatte, und der Lichtkreis wurde größer. Er hob die Lampe, sodass sie einen gelben Schein auf sein Gesicht und auf Gabriel warf. »Siehst du, Vampir? Im Gegensatz zu dir bin ich kein Monster.«
    Jemand, der nicht zu sehen war, knurrte. Ein Sack wurde mit einem lauten Klatschen fallen gelassen.
    Der Mensch trug das Gewand eines Monsters: eine schwarze Kutte mit drei auf seiner linken Brust aufgestickten Kreuzen aus blutroter Seide. Eines, das wusste Gabriel, für jeden Darkyn, den dieser Mensch persönlich getötet hatte. Die Brüder trugen die Kreuze wie moderne Soldaten ihre Medaillen.
    Gabriel fragte sich, ob er dem Menschen sein viertes Kreuz einbringen würde und warum es ihm egal war, wenn es so war.
    »Wir sind uns noch gar nicht richtig vorgestellt worden, nicht wahr?« Stumpfe kleine Zähne glänzten zwischen roten Lippen. »Ich bin Vater Benait.«
    Benait gab vor, ein katholischer Priester zu sein, genauso wie alle Mitglieder des geheimen Ordens der Frères de la Lumière , der Bruderschaft des Lichts. Dieser Mensch und seine Mitgläubigen besaßen die blinde Entschlossenheit echter Fanatiker, die aus dem Glauben gespeist wurde, dass Gabriel und andere wie er ein Fluch für die Menschheit waren.
    Den Brüdern war es egal, dass Gabriel und seine Art, die Darkyn, gelernt hatten, ihren Durst nach menschlichem Blut, das ihre einzige Nahrungsquelle war, zu zügeln, und nicht länger Menschen umbrachten. Während des ersten Jahres seiner Gefangenschaft hatte Gabriel all seine Überzeugungskraft eingesetzt, um Frieden mit seinen Geiselnehmern zu schließen, aber nichts konnte sie umstimmen. Sie waren nur an dem Erhalt ihres verzerrten Glaubens interessiert und der Perversionen, die sie in seinem Namen ausüben durften. Wie zum Beispiel Vrykolakas wie Gabriel gefangen zu nehmen und zu foltern, bis sie andere Kyn verrieten.
    Gabriel gab sich keine Mühe mehr mit sinnloser Diplomatie. Was immer ihm die Brüder an diesem Ort antaten, er würde es ertragen. Es war seine Pflicht, das zu tun. Selbst wenn er sich gewünscht hätte zu sterben, sorgten die spontanen Selbstheilungskräfte seines Körpers dafür, dass er fast alles überlebte. Der betäubende Graben, den er durch sein Talent schaffen konnte, hielt alles andere von ihm fern.
    Das war der wahre Fluch der Kyn: auch noch zu leben, wenn der Wunsch danach längst erloschen war.
    Bin ich innerlich längst tot, und mein Körper weiß es nur noch nicht? Gabriel konnte es nicht sagen.
    Räder in der Nähe quietschten, während sie sich drehten; noch eine schwerere Last wurde vor dem Raum abgestellt, und die Vibrationen des Aufpralls hallten an den Wänden wider. Benait lächelte, als er ein Handy aus seiner Robe holte und eine Nummer wählte. Unbewusst entfernte er sich von Gabriel, während er in schnellem Italienisch hineinsprach.
    Gabriel nutzte das Licht, um sich den unbekannten Raum anzusehen, in dem er sich befand. Keine Fenster, keine Ein- oder Ausgänge, abgesehen von der einen offenen Tür, durch die der Mensch offenbar hineingekommen war. Nichts in dem Raum ließ darauf schließen, wohin man ihn gebracht hatte; als sie ihn aus dem Lieferwagen holten, hatte er im Mondlicht nur das zugewachsene Grundstück eines großen Anwesens und die Umrisse eines verfallenen, alten Gemäuers erkennen können. Die Fahrt von Paris bis zu diesem Ort hatte viele Stunden gedauert, doch er war ziemlich sicher, dass er sich noch in Frankreich befand.
    Warum bin ich immer noch in Frankreich?
    Dass die Brüder ihn nicht außer Landes gebracht hatten, verwirrte ihn. In Paris hatte er das Gespräch zweier Aufseher belauscht, bei dem es um eine Diebesbande ging, die es auf die Stützpunkte der Brüder abgesehen hatte und dort Kultobjekte und religiöse Schätze stahl. Offenbar waren sie bei einem dieser Einbrüche von mehreren eingesperrten Kyn
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