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DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters

Titel: DARK TRIUMPH - Die Tochter des Verräters
Autoren: R.L. LaFevers
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hier nicht sicher ist, nicht auf dieser Treppe, nicht in dieser Burg. Stattdessen zwinge ich mich, tief Luft zu holen.
    »Mama ist tot.« Die Stimme des Kindes ist hell und zittrig.
    Ich schaue zur Treppe hinüber, wohin mich meine Pflicht ruft, aber ich kann dieses Kind nicht hierlassen. »Wie heißt du?«
    »Odette«, sagt sie, unsicher, ob sie Angst vor mir haben soll oder nicht.
    »Nun, Odette, dies ist kein guter Platz zum Spielen. Hast du niemanden, der auf dich aufpasst?«
    »Meine Schwester. Aber wenn sie arbeitet, soll ich mich verstecken wie eine kleine Maus.«
    Zumindest ist ihre Schwester keine Närrin. »Aber hier kann man sich nicht gut verstecken, nicht wahr? Sieh nur, wie leicht ich dich gefunden habe!«
    Zum ersten Mal bedenkt das Mädchen mich mit einem scheuen Lächeln, und in diesem Moment erinnert sie mich so sehr an Louise, meine jüngste Schwester, dass mir der Atem stockt. Ich überlege kurz, dann ergreife ich ihre Hand und führe sie zurück zum Hauptflur.
    Schnell, schnell, schnell, knabbert die Eile an meinen Fersen wie ein bellender Jagdhund.
    »Siehst du diese Tür?« Sie nickt und betrachtet mich unsicher. »Geh da hindurch und dann die Treppe hinunter. Dort ist die Kapelle, ein hervorragendes Versteck.« D’Albret und seine Männer besuchen nie die Kapelle, sodass sie dort in Sicherheit sein wird. »Wer ist deine Schwester?«
    »Tilde.«
    »Schön. Ich werde Tilde sagen, wo du bist, damit sie dich abholen kann, wenn sie mit ihrer Arbeit fertig ist.«
    »Danke«, erwidert Odette, dann hüpft sie zu der Tür. Ich würde sie so gern selbst in die Kapelle bringen, aber ich laufe ohnehin bereits Gefahr, mich zu verspäten und nicht mehr zu dem zu kommen, was ich tun muss.
    Ich drehe mich wieder um und eile die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Die dicke Holztür auf dem Treppenabsatz hat einen neuen Riegel, schwergängig wegen mangelnder Benutzung. Ich hebe ihn langsam an, um sicherzustellen, dass er nicht knarren und mich so verraten wird.
    Als ich in den frostigen Wintersonnenschein hinaustrete, reißt mir ein bitterkalter Wind das Haar aus seinem Netz. Meine Vorsicht hat mich wertvolle Zeit gekostet, und ich bete, dass ich nicht hier heraufgeschickt worden bin, nur um festzustellen, dass jene, die ich liebe, ermordet wurden.
    Ich eile zu der zinnengekrönten Mauer und schaue auf das Vorfeld der Burg hinab. Eine kleine Gruppe von Rittern zu Pferd wartet geduldig, während eine noch kleinere Gruppe sich mit Marschall Rieux berät, diesem dummen Esel. Ich erkenne die Herzogin sofort, ihre zarte Gestalt auf dem grauen Zelter. Sie sieht unglaublich klein aus, viel zu klein, um das Schicksal unseres Herzogtums auf ihren schmalen Schultern zu tragen. Dass sie es geschafft hat, die französische Invasion so lange aufzuhalten, ist beeindruckend; dass sie es getan hat, obwohl sie von der guten Hälfte ihrer Ratgeber verraten wurde, grenzt an ein Wunder.
    Rechts hinter ihr ist Ismae, die Schwester meines Herzens und möglicherweise meines Blutes, wenn das, was uns die Nonnen im Kloster erzählt haben, der Wahrheit entspricht. Mein Puls beginnt zu rasen, aber ich kann vor Aufregung nicht sagen, ob aus Erleichterung darüber, dass ich nicht zu spät gekommen bin, oder aus Panik vor dem, wovon ich weiß, dass es nun folgen wird.
    Den Blick auf Ismae gerichtet, besinne ich mich auf all meine Furcht und mein Grauen und schleudere es ihr entgegen wie Steine mit einem Katapult.
    Sie schaut nicht einmal in meine Richtung.
    Aus der Tiefe der östlichen Burghöfe kommt ein schwaches Grollen, als das Fallgitter hochgezogen wird. Als ich diesmal meine Warnung aussende, reiße ich außerdem die Arme hoch, als wolle ich einen Schwarm Enten verscheuchen. Ich hoffe – bete –, dass noch immer irgendeine Art von Band zwischen uns existiert, das es ihr ermöglichen wird, mich zu spüren.
    Aber ihr Blick ruht nach wie vor auf der Herzogin vor ihr und ich schreie beinahe vor Frustration. Fliehe, ruft mein Verstand. Es ist eine Falle. Dann, gerade als ich befürchte, dass ich mich von den Zinnen stürzen muss, um ihre Aufmerksamkeit zu erringen, schaut Ismae auf. Fliehe, flehe ich, dann winke ich sie erneut weg.
    Es funktioniert. Sie blickt von mir zum östlichen Tor, dann dreht sie sich um, um dem Soldaten neben ihr etwas zuzurufen, und ich erschlaffe vor Erleichterung.
    Die kleine Gruppe auf dem Feld erwacht zum Leben, Befehle und Stimmengewirr werden laut. Ismae streckt erneut die Hand aus und
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