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Dark Heart: Zweiter Band

Dark Heart: Zweiter Band

Titel: Dark Heart: Zweiter Band
Autoren: Claire Knightley
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sich die Blicke meiner Freunde und meiner Familie auf mich richten.
    »Hallo, Lydia«, sagt er.
    Erst jetzt sehe ich, dass er sich einen Bart hat stehen lassen. Er macht ihn ernster, erwachsener.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du noch kommst«, sage ich.
    Er lacht. »Ich eigentlich auch nicht, aber ich wollte dir wenigstens kurz Lebewohl sagen.«
    Lebe wohl. Das klingt so endgültig. Aber das ist dieser Abschied wohl auch. Erst jetzt sehe ich den Rucksack, den er sich um die Schulter gehängt hat.
    »Du willst verreisen«, stelle ich fest.
    »Ja«, sagt er nur.
    »Wohin?«
    Er zuckt leicht mit den Schultern. »Die Küste runter. Mal schauen, wohin es mich treibt.«
    »Du hast nichts geplant?«, frage ich ungläubig. Auf die Trips, die wir früher gemeinsam unternommen haben, hat er sich immer akribisch vorbereitet.
    »Ich plane nicht mehr«, sagt Mark ernst und seine Worte treffen mich mitten ins Herz. Ich weiß, dass ich seines gebrochen habe, und schweige. Er gibt mir einen Kuss auf die Wange und sein Bart kratzt.
    »Ich wünsche dir alles Glück der Welt«, sagt er. »Wenn es jemand verdient, dann du. Pass auf dich auf, okay?« Mark winkt meinen Eltern zu und lächelt Grandma an, die traurig zurücklächelt. Dann geht er. Ich höre noch, wie er das Motorrad startet, dann verliert sich das Dröhnen seiner Maschine in der heraufziehenden Nacht.
    Mom steht plötzlich hinter mir und streicht mir über den Arm. Sie sagt kein Wort. Dad sieht mich mitfühlend an. Aber Mitleid ist das Letzte, was ich in diesem Moment gebrauchen kann. Ich schäme mich für das, was ich Mark angetan habe, und dennoch hätte ich nicht anders handeln können. Mein Vater hatte Recht: Liebe kennt keine Kompromisse. Sie ist immer ein Entweder-oder. Das habe ich auf die bittere Art gelernt.
    Und mit einem Mal bedeutet mir dieses Fest, das nur für mich gegeben wird, gar nichts mehr. Ich trinke eine Cola nach der anderen, unterhalte mich halbherzig mit meinen Freunden und versuche, entspannter zu wirken, als ich es eigentlich bin. Kurz nach Mitternacht gehen die letzten Gäste. Matthew, Rachel und Megan verabschieden sich von mir. Wir wünschen einander alles Gute und sie geben mir ihre neuen Adressen. Ich muss ihnen versprechen, im Herbst unbedingt nach New York zu kommen.
    Dann bin ich allein mit meiner Familie. Ich gehe hinauf in mein Zimmer und hole meine Tasche. Obwohl es kein Abschied für die Ewigkeit ist, fällt er mir schwer. Keiner stellt meine Entscheidung infrage. Und trotzdem sehe ich Dad zum ersten Mal weinen. Ich nehme ihn in den Arm, rieche sein Aftershave und würde ihn am liebsten gar nicht mehr loslassen. Mom kämpft tapfer mit den Tränen und gibt mir einen Kuss. Sie weiß, wie ich mich fühle, und das macht die Sache nicht leichter für sie. Nur Grandma ist bester Laune. Sie winkt mir nach, als ich meine Tasche auf den Rücksitz meines Käfers werfe, einsteige und den Motor starte. Beim Losfahren blicke ich nicht zurück, aber ich recke zum Abschied meine rechte Hand in die Höhe.
    Bis zur Water Lane ist es nicht weit, ich würde sogar mit geschlossenen Augen hinfinden, so oft bin ich den Weg schon gefahren. Die Nacht ist klar, Sternschnuppen zeichnen helle Striche an den Himmel. Ich wünsche mir nichts, denn ich habe alles, was ich im Leben brauche.
    Jacks Liebe.
    Ich fahre den Wagen in die Auffahrt und stelle ihn neben seinen neuen Pick-up, der bereits beladen ist. Morgen fahren wir nach Charleston in South Carolina, wo mein Vater und Sonnenvogel in Folly Beach ganz in der Nähe des Strandes ein Haus gekauft haben. Wohin es danach geht? Wir wissen es nicht, doch die Tage und Nächte werden uns gehören. Ich lasse meine Tasche im Käfer und klopfe an der Tür.
    Jack öffnet und wir sehen uns lange an.
    »Meine Gefährtin«, sagt er schließlich und wir küssen uns.
    Ich schließe die Tür hinter mir, und dieses Mal, dieses eine Mal sperren wir die Nacht aus.
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