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Dark Heart: Zweiter Band

Dark Heart: Zweiter Band

Titel: Dark Heart: Zweiter Band
Autoren: Claire Knightley
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sagt Dad. »Aber es ist in Ordnung. Ich würde mir mehr Sorgen um dich machen, wenn du mit dreißig noch immer nicht ausgezogen wärst.«
    Aber es geht nicht alleine ums Ausziehen. Das weiß ich. Und das weiß auch Dad. Ich habe mich zu einem Leben entschlossen, von dem er kaum eine Vorstellung hat, das er wahrscheinlich auch nie verstehen wird, auch wenn er durch mich und meine Mutter mit den Nachtgeschöpfen verbunden bleibt.
    Ich biete Mom meine Hilfe an, doch sie lehnt sie ab, denn ich bin heute der Ehrengast. Alles dreht sich um mich, meinen Schulabschluss, meine Zukunft. Jeder will wissen, was ich denn jetzt mit meinem Leben anstellen werde, und ich antworte, dass ich erst einmal kein konkretes Ziel habe. Studieren, vielleicht. Früher habe ich mir immer vorgestellt, Ärztin wie meine Mutter zu werden, und in gewisser Weise bin ich das auch geworden. Ich kann Nachtgeschöpfe in Menschen zurückverwandeln, sie »heilen«, obwohl Jack dieses Wort gar nicht mag. Vampir zu sein ist in seinen Augen keine Krankheit.
    Und dann sehe ich Hank zusammen mit Sam, springe auf und falle meinem alten Bodyguard um den Hals. Viele der Gäste kennen ihn nicht und wundern sich über meinen Gefühlsausbruch, aber was haben die auch schon für eine Ahnung!
    Hank hat sich von der Vampirattacke wieder vollständig erholt, ist aber nicht mehr so bullig wie früher. Sein Haar ist ordentlich geschnitten und er trägt zu seinem perfekt sitzenden schwarzen Anzug ein graues Hemd ohne Krawatte. Sam, die sich wieder bei ihm eingehakt hat, scheint einen guten Einfluss auf ihn zu haben. In ihrem bunten Sommerkleid sieht sie gar nicht aus wie eine Polizistin. Die beiden wirken so glücklich, dass man neidisch werden könnte.
    Ich erschrecke, als ich Grandma sehe, die auf ihren Stock gestützt den Weg in den Garten heruntergeschlurft kommt. Mir ist, als wäre sie in den letzten Wochen noch ein bisschen weniger geworden. Ihr Fuß ist nicht richtig verheilt, an manchen Tagen kann sie sich nur im Rollstuhl fortbewegen. Bei meinem Fest wollte sie aber wohl auf eigenen Beinen stehen.
    »Hallo, mein Kind«, sagt sie mit ihrer rauen Stimme, als ich mich zu ihr hinunterbeuge und ihr einen Kuss auf die Wange gebe. Sofort ist Mom da, reicht ihr einen Arm. Grandma nimmt die Stütze dankbar an, lässt sich zu einem großen, ausladenden Korbsessel führen, in dem sie schwerfällig Platz nimmt. Ich nehme mir einen Klappstuhl und setze mich neben sie. Grandma ergreift meine Hand und lächelt mich an. Zwischen uns sind keine Worte nötig. Wir wissen alle, dass dies ein Abend des Abschiednehmens ist. Morgen werde ich Vancouver verlassen.
    Plötzlich zaubert sie aus ihrer Jackentasche ein Kuvert hervor. »Hier, das ist für dich.«
    Ich drehe es in meinen Händen. »Von wem ist der Brief?«
    »Von Lilith und all den anderen Ratsmitgliedern«, sagt Grandma.
    Ich betrachte nachdenklich das Siegel auf der Rückseite und lege den Umschlag zur Seite.
    »Willst du den Brief nicht lesen?«
    Ich schüttele kurz den Kopf. »Nein, eigentlich nicht. Wie fühlst du dich?«
    Grandma holt tief Luft und blinzelt in die Sonne. »Erleichtert«, sagt sie schließlich.
    »Die Entscheidung ist dir bestimmt schwergefallen.«
    Jetzt lacht sie, laut und hell und wie ein junges Mädchen, gar nicht wie eine alte Frau. »Nein, sie ist mir leichter gefallen, als du denkst. Es kommt immer wieder eine Zeit, in der wir loslassen müssen. Nur so können wir den nächsten Schritt im Leben machen.«
    »Mo m …«, beginne ich, doch Grandma fällt mir ins Wort.
    »Deine Mutter und ich, wir haben uns lange beraten. Ich habe sie nicht bedrängt. Sie allein hat sich dazu entschieden, meinen Platz einzunehmen.«
    »Obwohl sie jahrelang alles getan hat, um die Welt der Nachtgeschöpfe zu vergessen«, sage ich.
    »Ich glaube, das hatte weniger mit ihr als mit dir zu tun«, entgegnete Großmutter. »Man geht einen langen Weg, doch am Ende merkt man, dass sich die Ziele geändert haben. Und manchmal muss man wissen, wem man sein Herz schenkt.«
    Ich verstehe nicht, was Grandma meint, doch ich folge ihrem Blick und drehe mich um.
    »Mark«, flüstere ich und stehe langsam auf.
    Die Sonne steht in seinem Rücken, sodass ich sein Gesicht nicht sofort erkennen kann. Auch er hat sein Haar wachsen lassen, der Wind fährt in die blonden Strähnen. Aber sonst hat er sich kein bisschen verändert. Er hält sich aufrecht, wirkt selbstbewusst wie immer. Jetzt tritt er in den Schatten der Markise und ich spüre, wie
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