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Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Darf ich meine Oma selbst verbrennen?

Titel: Darf ich meine Oma selbst verbrennen?
Autoren: Peter Wilhelm
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am Ende.
    »Und der Sarg hier, der ist ja wirklich toll, was ist denn das für einer?«
    »Das ist der sogenannte Adenauer-Sarg, eine hohe Kuppeltruhe mit aufwendigen Schnitzereien aus Italien. Alles reine Handarbeit aus einem Kloster. Die Tafeln an den Deckelseiten werden über zwei Jahre von Mönchen geschnitzt und dann in den Sargdeckel eingepasst. Das Deckelbrett ist mit feinen Intarsien aus Birnbaum gearbeitet, und die vier Ecken des Unterkastens zeigen vier Apostel. Auch alles Handarbeit. Am Fußende haben wir die blattvergoldete Kaiserkrone und am Kopfende eine komplette, geschnitzte Darstellung des Auszuges des Volkes Israel aus Ägypten, alle Teilnehmer einzeln geschnitzt. Sehr teuer!«
    »Wie teuer?«
    »Fast zehntausend Euro.«
    »Nein!«
    »Doch. Ich sagte ja, der ist teuer.«
    »Nein, so meine ich das nicht, ich bin überrascht, wie günstig der ist, wenn man bedenkt, wie viel Arbeit da drinsteckt. Genau der Sarg soll es sein! Stellen Sie sich vor, wie der aussieht, hinten in der gläsernen schwarzen Kutsche und dann später in der Trauerhalle in dem Meer aus gelben Blüten. Ein Traum!«
    In diesem Moment kommt Frau Büser herein und reicht mir einen Zettel herüber. Ich werfe einen Blick darauf und zeige ihn Herrn Schuster.
    Der atmet tief durch und wird ganz blass. Offenbar hat sein alter Herr schon vor Jahren alle Lebensversicherungen aufgelöst, und es bleibt nur eine Sterbeversicherung über knappe zweitausend Euro.
    »Wissen Sie was«, sagt er, nachdem er einmal tief durchgeatmet hat, »wir lassen das mit der Kutsche. Wenn wir den schmalen grauen Pappelsarg da vorne für siebenhundertfünfzig Euro nehmen, brauchen wir keine so große Kutsche. Mein Vater war doch eher ein schlichter Mensch. Der hätte diesen Prunk gar nicht gewollt. Wozu braucht man da so viel teure Sachen? Sterben muss doch schließlich jeder, das ist doch nichts Besonderes. Eine kleine Anzeige tut es auch, und wenn man meinem Vater ein kleines Sträußchen gelbe Blumen auf den Sarg legt, dann ist das einfach schlicht und schön. Tut mir leid, Ihr Bestatter wollt ja immer nur verkaufen, aber nicht mit mir! Ich hatte mir von vornherein ein Limit gesetzt. Mehr als zweitausend Euro wollte ich eigentlich nicht ausgeben.«

Berufsehre
    »Sie, ich ruf Sie jetzt an, weil das so nicht geht!«
    »Was geht so nicht?«
    »Das mit dem Beruf von meinem Mann.«
    »Ja, was ist denn damit?«
    »Mein Mann war Finanzmakler.«
    »Ja, das weiß ich, das sagten Sie mir beim ersten Beratungsgespräch.«
    »Und hier steht das jetzt aber ganz falsch.«
    »Wo steht das ganz falsch?«
    »Auf dem Zettel vom Friedhofsamt.«
    »Aha, aber ehrlich gesagt, damit haben wir vom Bestattungshaus nichts zu tun. Den Zettel bekommen Sie als Angehörige, nachdem Sie sich auf dem Friedhof ein Grab ausgesucht haben.«
    »Aber der Beruf ist trotzdem falsch.«
    »Was steht denn da?«
    »Persianer!«
    »Persianer?«
    »Ja, mein Mann war doch kein Persianer, der war Finanzmanager, der war an der Börse.«
    Ich rufe also nun den Friedhofsverwalter an, der diesen Schein ausgefüllt hat, und frage ihn, warum er da »Persianer« hingeschrieben hat.
    »Datt ham die mir so gesacht.«
    »Der Mann war aber Börsenmakler und kein Persianer.«
    »Hab ich doch auch aufgeschrieben, watt woll’n Se eigentlich?«
    »Sie haben Persianer hingeschrieben.«
    »Ja, datt ham die so gesacht. Der Mann wär watt mit Aktien an’ne Börse gewesen und Persianer.«
    »Börsianer! Die haben Börsianer gesagt!«
    »Ja, sach ich doch! Börsianer.«
    »Sie haben aber Persianer geschrieben.«
    »Hörn’se ma, ich hab meine Zeit auch nich gestohlen. Watt weiß ich denn, wie man Börsianer schreibt?«

Bonsai
    »Und wenn dann die Erde mal ein bisschen gesackt ist, dann pflanze ich meinem Vater einen schönen Bonsai-Baum aufs Grab.«
    »Das ist eine hübsche Idee. Bonsai-Bäume haben etwas ganz Besonderes.«
    »Ja, und wenn man den schön düngt, dann wird der riesengroß.«
    »Wie bitte? Riesengroß?«
    »Ja sicher, das ist doch die besondere Herausforderung dabei. Diese armen japanischen Baumkrüppel, denen muss man doch helfen, damit die schön groß werden.«
    »Aber das ist doch eben gerade das Besondere an Bonais, dass die so klein sind.«
    »Ja, und ich mach sie groß. Mit Guano!«
    »Dann ist doch aber der besondere Reiz weg. Man züchtet die doch extra so, dass sie so schön klein bleiben.«
    »Wie? Extra so klein?«
    »Ja, sicher!«
    »Das habe ich ja noch nie gehört.«
    »Ist aber so.«
    »Also,
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