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Dann klappt's auch mit dem Doktor

Dann klappt's auch mit dem Doktor

Titel: Dann klappt's auch mit dem Doktor
Autoren: Caroline Lenz
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Zusammensetzung der Infusion aufschrieb, verschwand diese, und es erschien in leuchtendem Rot das Wort FALSCH . »Sie sind zu vorschnell«, fuhr Mister Pullunder mich an. So ein Quatsch, ich war mir absolut sicher. FALSCH . Ich rechnete noch einmal. FALSCH . »Sie verstehen doch gar nicht, worum es hier geht.« FALSCH . Verzweifelt versuchte ich ihn anzuschreien, ihm zu sagen, dass er mich in Ruhe lassen soll. Doch ich bekam keinen Ton heraus.
    Das hasse ich an Nachtdiensten: Ich träume wirres Zeug und verpasse durch das Schlafen am Tag wertvolle Lebenszeit. Ich bin so unglaublich müde. Aber während ich so langsam wacher werde, realisiere ich plötzlich, dass ich jetzt eine eigene Ambulanz habe. Das ändert alles. Heute ist ein guter Tag, äh, Abend.
    Schon etwas motivierter, schlurfe ich in die Küche und stelle die Kaffeemaschine an. Neben der Maschine liegt ein Stapel meiner Lieblings-Ratgeber. Ich greife das oberste Buch und blättere es langsam durch, während die Maschine warm wird. »Positives Denken – Das Optimismustraining«. Das ist für heute genau die richtige Lektüre. Die Maschine piept, ich stelle eine Tasse bereit und drücke den Knopf für einen doppelten Espresso. So ein Kaffeeautomat ist doch was Herrliches! Ich rühre drei Stücke Zucker in meinen Kaffee und mustere die restlichen Bücher. »Denke positiv und Dein Leben wird sich vervollkommnen« und »Abnehmen durch positives Denken« klingt auch gut. O ja, ich liebe Ratgeber! Ratgeber für ein glückliches, positives, optimistisches, schlankes, perfektes Leben. Sie füllen neben Medizinbüchern und einigen Frauenromanen fast mein gesamtes Bücherregal aus. Es ist vielleicht übertrieben, ständig die aktuellen Neuerscheinungen zu kaufen, aber im Geschäft bin ich immer absolut überzeugt davon, ohne eben diesen Ratgeber nicht vernünftig weiterleben zu können.
    Ich arbeite auch, mit einigen Unterbrechungen, fleißig an mir. Neben den Ratgebern besitze ich ein Arsenal von Notizbüchern, um das Wichtigste für ein besseres, ausgeglichenes Leben festzuhalten. Da in jedem meiner Selbstverwirklichungs-Notizbücher nur jeweils die ersten ein bis zwei Seiten beschrieben sind, könnte man den Eindruck bekommen, es mangele mir an Disziplin. Dem ist nicht ganz so. Ich habe eben viel zu tun. Ich versuche zum Beispiel fast regelmäßig eine Art Meditation, um mich selbst schönzudenken. Nicht dass ich völlig unzufrieden mit mir selbst wäre. Wirklich dick bin ich nicht. Aber auch nicht richtig dünn. Unperfekt eben. Ein Blick in eine Frauenzeitschrift, und ich entdecke wieder einen Haufen kleiner, aber hartnäckiger Makel an mir. Meine aktuelle Hauptproblemzone sind kleine Röllchen an Hüfte und Bauch, die sich beim Sitzen über den Hosenbund wölben. Oder meine wabbeligen Oberarme. Oder das leidige Thema Cellulite. Bei unserem Arbeitspensum kann ich gar nicht so viel Sport treiben, dass die Schokolade, Gummibärchen und Kekse, die zum Dienst gehören wie das Stethoskop, sich nicht negativ auswirken würden.
    Da fällt mir auch gleich eine weitere akute und äußerst unangenehme Problemzone ein: das Ehepaar Dietrich! Darum sollte ich mich zuerst kümmern. Bevor ich ins Bett gegangen bin, habe ich Vera eine Nachricht geschickt, in der ich ihr kurz mein Dietrich’sches Problem mitgeteilt und sie gebeten habe, die Pinnwand zu überwachen. Einem potentiellen Skandal, der mich betreffen könnte, werde ich mit allen Mitteln entgegenwirken. Ich greife zu meinem Telefon.
    Â»Na, schon ausgeschlafen?«, begrüßt Vera mich.
    Â»Nicht wirklich. Ich habe völligen Unsinn geträumt.«
    Â»Von dem liebestollen Dietrich?«
    Â»Nein, nein, von so ’nem Irren, der mich heute Morgen blöd angemacht hat. Aber jetzt sag mal, gibt’s was Neues aus der Klinik?«
    Â»An der Pinnwand hängt ein grellgrüner Zettel, auf dem steht, dass Dr. Mösli seine Frau betrügt. Sonst nichts.«
    Â»Hmm, Fr. Mösli war wohl wütend genug, einen neuen Zettel anzubringen. Dann hätte der Quatschkopf von heute Morgen es sich ja sparen können, den alten abzureißen.«
    Â»Von wem redest du eigentlich?«
    Â»Ach, von so ’nem moralisch überreagierenden Kerl, der mich heute Morgen angeschnauzt hat, weil ich den Mösli-Zettel gelesen habe, anstatt ihn abzunehmen. Als ob ich der Pinnwandwärter
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