Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

Titel: ... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
Autoren: Hansi Hartwig
Vom Netzwerk:
keinen Moment aus den Augen ließ.
    Oder war sie ganz einfach urlaubsreif, wie Clausing ihr einzureden versucht hatte?
    Noch einmal blickte sie zurück. Da war tatsächlich nichts.
    Und doch hätte sie schwören können …
    Dass sie Gespenster sah.
     
    „Wir sind da.“ Clausings Stimme war nicht mehr als ein raues Flüstern. Zärtlicher Stolz schwang darin, der sich vermutlich auch auf seinem markanten Gesicht widerspiegelte.
    „Sean Garraí.“
    Hochachtung. Bewunderung. Liebe? Susanne konnte nicht mit Sicherheit sagen, welches Gefühl in seinem Ton überwog. Wie sehr musste er sein Zuhause lieben! Heimlich öffnete sie die Augen ein kleines Stück, um sie im nächsten Moment vor Überraschung weit aufzureißen.
    Oldfield House , so die offizielle Bezeichnung, – oder Sean Garraí, wie die Iren es nannten – thronte oberhalb der holprigen Straße auf einer Anhöhe, die einen weiten Blick ins Land eröffnete. Zu Füßen des Hügels duckten sich respektvoll die weiß gekalkten Häuser des Dorfes Killenymore. Selbst aus mehreren Meilen Entfernung musste das imposante Anwesen der Clausings zu sehen sein.
    Pádraig Ó Briain bog von der Hauptstraße ab und lenkte den Wagen durch ein hohes Steintor. Ein schier endloser, von knorrigen Bäumen und mannshohen Rhododendren gesäumter Kiesweg führte schnurgerade auf das Herrenhaus zu. Es war in der Tat ein herrschaftlicher Landsitz, einer von der Sorte, wie sie zu Reklamezwecken in reißerisch bunten Prospekten abgebildet waren und gut zahlende Touristen anlocken sollten. Es spiegelte unbestritten die Größe und das unerschütterliche Selbstbewusstsein seines Besitzers wider.
    Von der Straße aus war ein verschwenderisch angelegter Park auszumachen, in dem sich eine für diese Jahreszeit unglaubliche Vielfalt an Bäumen, blühenden Sträuchern und Frühlingsblumen in den unterschiedlichsten Größen, Formen und Farben fand. Sogar Suse als ausgesprochene Großstadtpflanze hatte keine Mühe zu erkennen, dass der Eigentümer einen begnadeten Gärtner in seinem majestätischen Anwesen beschäftigte. Efeu und sattgrüne Weinreben – oder das, was sie dafür hielt – rankten sich um das gewaltige Eingangsportal und weiter nach oben über die elegante Fassade bis hinauf unter das Dach. Aufwändige Stuckarbeiten umrahmten die hohen Sprossenfenster des dreistöckigen Hauses. Unwillkürlich regte sich in Susanne Mitleid für denjenigen unter Clausings Angestellten, der zum Putzen der Fenster verurteilt war.
    Und dabei hatte sie bis zum letzten Augenblick damit gerechnet, sein Wohnsitz würde sich als mickriges, mit Stroh gedecktes Cottage herausstellen. Sie kannte die mitunter geschmacklosen Scherze des Kapitäns.
    „ Na schön. Du hast also tatsächlich ein großes Haus in Irland. Und du bist … ein Graf.“
    „Das klingt, als hättest du irgendwelche Zweifel an meinen Worten gehegt.“
    „Man kann Männern nicht alles glauben. Und dir schon gar nicht. “
    „ Autsch, das tut weh“, äußerte er mit schmerzerfüllter Miene und lachte leise.
    „ Du hast zwar das Auftreten eines Blaublutes, aber ansonsten … ich weiß nicht. Und das da ist … ist das ganz sicher dein Haus? Dein Schloss?“
    „Selbst ich muss irgendwo wohnen , Wireless . Und bis ich etwas Passenderes gefunden habe, wird es wohl reichen.“
    Starrsinnig verschluckte sie alle Lobesworte. Immerhin hatte er sie entführt! Und sie wollte nicht hier sein!
    „Du hättest es mir sagen müssen.“
    „Was?“
    „Na, das. Alles. Dass du nicht gelogen hast. Und was mich hier erwartet. Dass du nicht nur so eine Art, sondern ein richtig echter Adeliger bist. Dass dein Job als Kapitän eigentlich nichts anderes als ein vergnügliches Hobby für dich ist, weil du es gar nicht nötig hast zu arbeiten. Das stinkt ja regelrecht nach Geld hier.“
    Eine schwarze Augenbraue schob sich kritisch in die Höhe. „Das kannst du so nicht sagen. Ich bin mit Leib und Seele Kapitän und habe hart dafür gearbeitet, um es so weit zu bringen. Es ist mehr als lediglich ein vergnügliches Hobby, dem ich fröne.“
    „Du hast mich glauben lassen, du wärst ein ganz gewöhnlicher Sterblicher.“
    „Aber das bin ich.“ Seine Verblüffung war augenscheinlich echt.
    „Erwartest du von mir zu glauben, du hättest einfach vergessen zu erwähnen, was du wirklich bist? Das hier ist doch nicht normal!“ Sie deutete nach vorn auf das Herrenhaus. „Und selbst als Kapitän warst du das nie, danach kannst du jeden in der Reederei fragen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher