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... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

Titel: ... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
Autoren: Hansi Hartwig
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hálainn le seachtain …“
    „ Lass gut sein, Ean! Sie versteht kein Irisch.“
    In eben diesem Moment drängte sich die Stimme des Kapitäns in ihr Bewusstsein und zerstörte den historisch denkwürdigen Augenblick ihrer ersten Begegnung mit der gälischen Kultur. Sie hätte ihn würgen können!
    „ Is cuma liom . Was macht das schon? Jeder Ausländer will es wenigstens mal gehört haben, ist es nicht so?“ Ean zwinkerte Suse zu. „Und außerdem: Is fearr Gaeilge briste, ná Bearla clíste. Das war ein, wenn auch altes, so doch nicht minder aktuelles Sprichwort, welches ich mehr als alle anderen liebe, obwohl ich kein Ringträger bin.“
    Als sie einen tiefen Blick in Eans grüne Augen wagte, wallten dieselben Gefühle in ihr auf wie beim Anblick eines Neugeborenen oder eines Portraits von Mutter Teresa. Unauffällig blinzelte sie in Fearghais‘ Richtung, um festzustellen, ob ihr vielleicht bisher irgendetwas Wichtiges entgangen war.
    „Du brauchst ihn gar nicht so anzuglotzen.“ Clausing zuckte mit den Schultern. „Keiner von uns versteht, wie es dazu kommen konnte. Wir nehmen an, er ist gleich nach der Geburt verwechselt worden. Es kann einfach nicht sein, dass er in diese Familie gehört.“ Er winkte enerviert ab. „Susanne, das ist Ean, der jüngere Sohn von Máire und Pádraig und der vermutlich weltbeste Gärtner.“
    „Das scheint nicht übertrieben“, wandte sie sich an Ean und schenkte ihm ein herzliches Lächeln, welches Clausing die Sprache verschlug. Längst hatte sie die testosterongesteuerte Darbietung der beiden Männer als solche erkannt und amüsierte sich köstlich darüber. „Ich habe zwar keinen blassen Schimmer von Pflanzen und Gärten, aber der Park ist wunderschön. Es freut mich, Sie kennenzulernen, Ean Ó Briain.“
    W ie ein Gockel richtete sich Ean zu voller Größe auf, die Brust derart vor Stolz geschwellt, dass ihm fast die Luft wegblieb. „Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite, schöne Frau. Und ich danke vielmals für das Kompliment. Es stimmt, meine ganze Liebe steckt in diesem Park, all mein Herzblut und die Kreativität, die mir innewohnt. Nur kommt es bedauerlicherweise selten vor, dass jemand meine Arbeit gebührend zu würdigen weiß.“
    Clausings Augenbrauen flogen in die Höhe. Er wackelte an seinem Ohr, um sicherzugehen, dass es ihm nicht abgefallen war. Das konnte nicht wahr sein! In dieser Sekunde fand er, dass es dieser Schaumschläger verdient hätte, erschossen zu werden.
    „All deine Liebe, wie? Herzblut? So ein Spinner!“
    Der finstere Blick, den der Graf dem Ó Briain schickte, verfehlte sein Ziel um etliche Meter. Warum gefiel es ihm nicht, dass sich Ean blind und taub ihm gegenüber stellte, seit er Susanne gesehen hatte? Es passte ihm absolut nicht, wie dieser Jüngling mit einem Mal ausschließlich Augen für sie hatte und an ihren Lippen klebte wie Honig. Wenn er weiter so dämlich grinst, wird ihm das Gesicht gleich in zwei Hälften zerfallen, dachte Clausing angewidert.
    „Mat hat glücklicherweise nicht die geringste Ahnung von der Gärtnerei, sodass ich vermutlich der Einzige weit und breit bin, in dessen Arbeit er sich nicht einmischt, weil er stets glaubt, er wüsste alles besser. Er gehört nämlich zu der Sorte Mensch, die Pflanzen eher umbringt, als dass er etwas Vernünftiges damit anzufangen wüsste.“
    „Ist mir ebenfalls schon aufgefallen.“
    „Wenn die armen Dinger ihn sehen, begehen sie meistens gleich Selbstmord, damit sie es hinter sich haben.“
    „Halt die Klappe, Ean“, zischte der Graf.
    Suse wandte sich mit einem unschuldsvollen Ausdruck auf dem Gesicht zu ihm um. „Das ist vermutlich auch die Erklärung für das wundersame Verschwinden meines Benjamins und des Weihnachtskaktusses, nicht wahr? Damals, du weißt schon, als ich nach dem halben Jahr Zwangspause wieder nach Rostock zurückkam und meine beiden Lieblinge unauffindbar waren.“
    Clausing blinzelte sie zum Zeichen seiner Reue an. „ Tut mir leid. Ich kaufe Pflanzen, setze sie ein und schon sind sie hin.“
    „Ich hab gehört, sie brauchen hin und wieder Wasser.“ Es war schwierig, nicht herablassend zu klingen. Und in seinem Fall gab sich Suse auch nicht viel Mühe.
    „ Da wir uns schon mal in den grundsätzlichsten Fragen einig geworden sind, ab sofort bin ich für dich, schönste Susanne, Ean.“
    De r Gärtner streckte ihr die Hand entgegen und Suse blickte in sein käsiges Keltengesicht. Der liebevolle Ausdruck darin ging ihr durch und durch.
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