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Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)

Titel: Danke für meine Aufmerksamkeit: Roman (German Edition)
Autoren: Cordula Stratmann
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sagen.
    Lara war siebzehn Jahre alt und hatte zur Aufbesserung ihres Taschengeldes einen Job angenommen. Sie trug wöchentlich die Werbebeilagen für den KLEWE-Konzern im Viertel aus. In den Ferien half ihr dabei manchmal die Dienstagsgruppe. So hatten die wieder einen langweiligen Vormittag verplant, und Lara war in null Komma nix mit dem Austragen fertig.
    Was Lara sich da gerade mühsam bei Malte erfragte, hatte ich zuvor beobachten können. Frau Schmitz war bereits der sechste Haushalt, den Malte außer mit Prospekten mit einer zusätzlichen Dreingabe versorgt hatte. Eine Straße weiter widmeten sich Paul und Felix derselben Mission, während sich Luise, Polly, Mara und Ben in der Parallelstraße tummelten.
    Die Dienstagsgruppe sorgte dafür, dass ausgewählte Bewohner des Viertels, die als etwas zu entspannte Hundebesitzer aufgefallen waren, den passablen Haufen ihres Zöglings, den sie auf der Straße vergessen hatten, wieder in ihrem Briefkasten vorfanden. In einem Butterbrotbeutel von KLEWE.
    Nebst Infopost von KLEWE.
    Die Jungen legten sich später nahe der jeweiligen Adressaten auf die Lauer und kamen fast um vor Freude, wenn wieder ein Opfer fassungslos den Beutel anstarrte, der auf seinen Füßen zerschellt war.
    Den Rest des Tages machten sie die einzelnen Mienen nach, Frau Herbrandt schaute bei dem Spektakel zum Beispiel völlig anders aus der Wäsche als Herr Prager, Herr Winter wiederum war nicht zu vergleichen mit Herrn Jäger, und Frau Seiters quiekte wie elf Schweinchen.
    In der Woche zuvor hatte das störungsfrei geklappt, in dieser Woche aber hatte Malte leider zu lange am Briefkasten von Frau Schmitz herumgenestelt, sodass Lara, die eigentlich längst ein paar Ecken weiter hätte sein sollen, misstrauisch geworden war.
    Nach der entlarvenden Begegnung mit Malte hatte Lara die jungen Herrschaften zum Gespräch gebeten, und so saßen sie nun alle in Frau Rothers vergessener Garage, und Lara musste sogar zugeben, dass die Unternehmung in moralischer Hinsicht letztlich nicht anfechtbar war. Allerdings gab sie zu bedenken, dass man ja gar nicht sicher davon ausgehen könne, dass die Probanden die vorgefundenen Haufen überhaupt ihren rechtmäßigen Erzeugern zuordneten. Es sei immerhin auch möglich, dass sich die Hundebesitzer vom Inhalt ihres Briefkastens derart angegriffen fühlten, dass sie auf Nachfragen steif und fest behaupten würden, mit ebendiesem Haufen rein gar nichts zu tun zu haben. Man müsse sogar damit rechnen, dass der eine oder andere versichern würde, er habe gar keinen Hund. So sei das nun mal bei den Menschen. Die würden immer so lange leugnen, bis gar nichts mehr ging.
    Jetzt mal ehrlich, liebe Leser: stimmt das?? Nein, oder? Das würde ja bedeuten, bis zum Überführt-Werden täte man so, als wäre nichts. Mit Dementieren und allem Pipapo. So was macht doch kein normaler Mensch. Der könnte ja nachts kein Auge zutun.
    Ich war ein einziges Mal so unten. Und danach nie wieder. Ich muss, wenn die Erinnerung wiederkommt, noch heute sofort die Augen zusammenkneifen und mich vor Peinlichkeit krümmen. Dieses Überführt-Werden! Der! Unerreichte! Horror! Es gibt auf der ganzen Welt absolut überhaupt gar nichts Peinlicheres, als überführt zu werden!
    Danach sollte man sein Leben lang unter Teppichen hergehen. Da bin ich bei einer Feierlichkeit lieber vollkommen falsch zurechtgemacht, und alle tuscheln über mich; da schütte ich lieber beim Empfang der Frau des Bürgermeisters meinen Sekt in den Schoß, und alle sehen es; da schlag ich lieber im Supermarkt lang hin – niemals würde ich das Überführt-Werden eintauschen gegen eine der genannten Unannehmlichkeiten. Gut, werden Sie sagen, eine falsch gekleidete Maus beim Empfang des Bürgermeisters wurde bis dato noch genauso wenig gesichtet wie eine lang hinschlagende. Und schon gar nicht lang. Bei rund 10,3 cm Länge. Ohne Schwanz.
    Aber mir fehlt im Moment eine bessere Beschreibung dafür, was in meiner Vorstellung das entwürdigendste, erniedrigendste Ereignis darstellt.
    Haben Sie schon mal in einer Gruppe Fremder, sagen wir, an einer Kasse stehend, pupsen müssen? Und sich dann mit glühendem Kopf gefragt, ob man diesen Pups eindeutig Ihnen wird zuordnen können – vielleicht wegen des glühenden Kopfes? Und haben Sie dann fieberhaft überlegt, ob Sie gut daran täten, sich vorwurfsvoll umzuschauen? Oder ob Sie nicht lieber die weit würdevollere Variante der Flucht nach vorn nutzen sollten mit den Worten: Ach, herrje, wer
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