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Daniel und Ismael

Daniel und Ismael

Titel: Daniel und Ismael
Autoren: J. Walther
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Geschwister werden den ganzen Abend nicht da sein. Es war den Tag über unerträglich schwül, nun ziehen von Westen her dunkle Wolken heran.
    Ismael begrüßt mich freundlich, und ihm fällt auch gleich meine neue Frisur auf. Dann setzen wir uns auf sein Bett, schauen uns zusammen Bücher an und trinken Bier, das ich mitgebracht habe. Ismael, der eigentlich keinen Alkohol trinken darf, wird von einer Flasche Bier ganz locker und gesprächig. Ich merke kaum, wie die Zeit vergeht, draußen ist es stockdunkel geworden und Donner beginnt über den Himmel zu grollen. “Ismael, ich glaube, ich sollte jetzt aufbrechen, das Gewitter kann jeden Moment losgehen.”
    Ismael schaut aus dem Fenster, er tut so als hätte er mich gar nicht gehört. “Daniel, warum bist du so?”
    Ich weiß sofort was er meint, aber kann er es nicht einfach aussprechen? Und wieso fängt er jetzt damit an?
    “Keine Ahnung, ich bin eben so”, antworte ich gereizt, “Warum bist du so, wie du bist?”
    “Was?”
    Ich stehe auf und trete vor ihn. “Ja, warum bist du so? Hast du überhaupt mal darüber nachgedacht, wie du bist? Hattest du mal ‘ne Freundin?”
    “Nein. Ich werde ein Mädchen von den Bekennern heiraten und mit ihr Kinder haben.”
    “Du klingst aber nicht sehr begeistert.”
    “Ach”, sagt er scharf.
    “Vielleicht solltest du mal drüber nachdenken, was du selbst gerne möchtest.”
    Ismael lässt sich aufs Bett fallen. “Darum geht’s doch nicht, man kann doch seine Familie nicht enttäuschen.”
    “Scheiße!”, schreie ich ihn an, “Verdammte Scheiße.” In diesem Moment setzt der Regen ein. Nicht sanft, um sich noch steigern zu können, nein er beginnt gleich mit voller Heftigkeit. Wir sind beide still, die Tropfen hämmern aufs Dach, die ersten Blitze zucken.
    “Ich mache jetzt los.” Ich stürze die Treppe runter zur Haustür. Als ich schon über die Schwelle bin, hält mich Ismael am Arm fest.
    “Bleib hier.”
    “Wieso?”
    “Weil ich Angst habe, dir passiert was. Komm rein.” Er zieht mich ins Haus, seine Hand krallt sich in meinen Arm.
    “Ist doch egal”, fauche ich ihn an.
    “Nein ist nicht egal. Das Gewitter ist viel zu heftig. Und ich will nicht meinen besten Freund verlieren.” Sein Griff lockert sich, er legt mir die Hand auf die Schulter. “Bleib hier, bis das Gewitter vorbei ist.”
    Ich nicke, völlig aus dem Konzept gebracht.
    “Komm, du musst dich abtrocknen.” Ich tropfe die Dielen um mich herum voll. Ismael zieht mich in die Küche und legt mir ein Handtuch um die Schultern.
    “Was ist, wenn deine Eltern kommen?”
    Er zuckt die Schultern. “Bei dem Gewitter fahren die bestimmt auch nicht los.”
    Ich rubble meine Haare trocken. “He, du musst den Fernseher und den ganzen Kram rausziehen.”
    “Fernseher? Der war gut.”
    “Habt ihr auch nicht? Naja, hätte ich mir denken können.” In diesem Moment klingelt das Telefon, wie um zu beweisen, dass dies hier kein ganz technikloser Haushalt ist.
    “Hallo … Ja … Ist gut …”, Ismael legt auf. “Das waren meine Eltern, sie übernachten bei den Leuten, bei denen sie zu Besuch sind. Willst du auch hier übernachten?”
    “Ähm … Ja okay.” Ich rufe noch schnell meine Mutter an, um ihr Bescheid zu sagen und folge Ismael dann nach oben. Er hat sich schon umgezogen.
    “Das Bett ist nicht sehr breit, aber es wird schon gehen.”
    Äh, Moment mal, haben die keine Couch oder ein anderes Bett? Naja, die Couch ist uralt und nicht zum ausziehen und das Bett seiner Eltern wäre wohl auch nicht sehr schicklich und was beschwer ich mich überhaupt?
    “Geht schon.” Ich ziehe meine Hose aus und lege mich ins Bett. Ismael legt sich hinter mich.
    “Gute Nacht Daniel.”
    “Schlaf gut.” Ich drehe mich auf die Seite, mit dem Rücken zu ihm. Mit den Knien stoße ich fast an die Wand, das Bett ist wirklich nicht sehr breit. Ich schließe die Augen, aber ich kann nicht schlafen. Das Gewitter draußen tobt sich aus. Doch ich fühle mich eigenartig wohl und geborgen in diesem Bett, neben ihm.
    “Ismael?”
    “Ja.”
    “Wie soll ich es eine ganze Nacht neben dir aushalten, ohne dich berühren zu dürfen?” Die Sekunden verrinnen, aber er sagt nichts, bewegt sich nicht mal. Meine Angst, ihn verschreckt zu haben, wird immer größer, wieso musste ich so etwas auch sagen. Da spüre ich eine leichte Hand an meiner Schulter, Fingerspitzen streichen über meinen Arm. Ich bin wie erstarrt, ich fürchte, mit einer Bewegung von mir diese
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