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Daniel Taylor zwischen zwei Welten

Daniel Taylor zwischen zwei Welten

Titel: Daniel Taylor zwischen zwei Welten
Autoren: Monica Davis
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ein sanftes hellblaues Licht getaucht war, und lauschte dem Tropfen der Steine und dem sanften Fließen eines Baches, der sich neben ihr dahinschlängelte. Weiße, augenlose Fische schwammen in dem klaren Nass. Es entsprang der Orakelquelle, die mitten in der kuppelartigen Tropfsteinhöhle unter Nebel verborgen lag. Aus den wabernden Schleiern, die sich über viele Meter in alle Richtungen erstreckten, drang auch dieses blaue Leuchten.
    Marla nahm einen tiefen Atemzug der feuchten Luft. Sie besaß einen eigenen Geruch, urtümlich, leicht rauchig und doch auf ihre Weise frisch mit einer sanften Lavendelnote. Marla hatte gehört, dass es hier für jeden Dämon anders roch, manche sprachen sogar von einem bestialischen Gestank. Nur durfte keiner von ihnen die Höhle betreten … oder konnte es. Die Dämonen mussten am Tor verharren. Zum Glück hatte Marla eine »Sondergenehmigung«.
    Sie blieb vor der Nebelkuppel stehen und schaute in das Leuchten. Der Umriss einer Person, die auf sie zukam, wurde deutlich. Es war Ilaria, die Orakelwächterin. Sie trug ein langes weißes Gewand und besaß wallendes Haar, das ebenso weiß war wie ihr Kleid. Neben ihr trabte ein weißer Gepard, der sich neben Ilarias Füße hockte, als sie vor Marla stehen blieb. Das Tier grüßte Marla mit einem Nicken.
    Marla nickte zurück. »Hallo, Fumar.«
    »Willkommen, mein Kind«, sagte Ilaria mit einer Stimme, die so leise wie ein Windhauch war. Ihr Gesicht zeigte keine Falte, ihre Haut war makellos.
    Ilaria streckte die Hand nach Marla aus, und sie ergriff sie.
    »Komm…« Dabei blickten Ilarias eisblaue Augen durch Marla hindurch. Ilaria war seit ihrer Geburt blind, hieß es, aber wie alt Ilaria war, wusste niemand. Vielleicht war sie so alt wie das Orakel selbst. Auch wenn Ilaria nicht mit den Augen sah, entging ihr nichts. Sie besaß einen anderen Sinn, ein inneres Auge.
    Marla wusste nicht, ob Ilaria eine Dämonin war. Sie spürte Wärme in ihrem Herzen, wenn sie der Priesterin nah war.
    Ilarias Hand jedoch war kalt, und sogar Ilaria selbst wirkte heute kühl. Marla fragte jedoch nicht, was die Priesterin bedrückte. Sie würde es ihr sagen oder nicht.
    Fumar streifte an Marlas Bein entlang, und sie kraulte den Geparden hinter den Ohren. Ein sanftes Schnurren zeigte ihr, wie sehr es Fumar gefiel.
    »Verwöhn ihn nicht so«, sagte Ilaria, und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
    Fumar schnurrte daraufhin lauter und drückte seinen pelzigen Kopf Marlas Hand entgegen. Wäre sie nicht so geschwächt, hätte sie Fumar gerne mehr Streicheleinheiten gegeben. Das Tier schien ihre Schwäche zu fühlen, denn es zog sich zurück und trabte neben Ilaria her.
    Sie gingen tiefer in den Nebel, der Marla umschmeichelte, einhüllte und wieder losließ. Es waren Seelenfetzen von Menschen, Teile des Tributs, den jeder Dämon, der das Orakel nach seinem Schicksal befragen wollte, »zahlte«.
    Vor der Quelle, die aus dem kargen Felsboden sprudelte, blieben sie stehen. Aus der Spalte drangen nicht nur Wasser und Nebel, sondern auch das blaue Leuchten. Es war hier so grell, dass Marla nicht direkt ins Licht sehen konnte. Das Wasser lief in eine natürliche Rinne und bahnte sich einen Weg aus dem Nebel. Wohin der Bach führte, wusste Marla nicht. Sie hatte gehört, dass das Wasser durch den Felsen floss, der die Unterwelt umgab, gleich Adern, die Nährstoffe transportierten, um Wesen am Leben zu erhalten.
    Das Orakel war das Herz der Unterwelt und existierte von Anbeginn. Wie jedes Organ brauchte es Energie, um zu überleben. Es musste »ernährt« werden.
    Hierher kehrte auch das Bewusstsein vernichteter Dämonen zurück und fütterte das Herz des Orakels mit seinem Wissen. Sämtliche Kenntnisse und Geschichten vergangener Tage waren an diesem Ort vereint. Wer hierherkam, konnte diesem gigantischen Bewusstsein eine Frage stellen. Natürlich war das Orakel nicht allwissend, aber es war nahe dran.
    Da ja normalerweise kein Dämon ins Herz des Orakels gelangen konnte, nahm Ilaria die Fragen am Felsentor entgegen, führte einen Seelenteil mit, den der Dämon aus seinem geöffneten Mund strömen ließ, und übergab beides der Quelle. Nachdem sich Ilaria in den Wissensstrudel eingeklinkt und ihm gelauscht hatte, kam sie mit der Antwort zurück. So hatte Marla es gehört. Sie hatte nie das Orakel befragen können, weil sie selbst nie eine Seele ausgesaugt hatte. Ohne die Priesterin wäre Marla nicht mehr am Leben. Ilaria war es gewesen, die sich die ersten Jahre um
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