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Damon Knights Collection 3

Damon Knights Collection 3

Titel: Damon Knights Collection 3
Autoren: Damon Knight
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wir eine Weile still da, sie resigniert, ich weinend; dann drückte Ramona auf einen anderen Knopf und der Klang sickerte in das Zimmer, und es war fast so, wie eingeschaltet zu sein.
    »Versuche nicht daran zu denken.«
    »Ich werde sterben.«
    »Wenn du daran denkst, wirst du sterben. Du mußt lernen, es auszunutzen. Gleich kommen sie mit dem Lunch«, sagte Ramona, und während The Screamers süße Hintergrundmusik sangen, fuhr sie eintönig fort: »Ein Kotelett. Ein lausiges Kotelett mit einem Blatt Salat und vielleicht etwas klebriges Brot. Ich tue so, als wäre es eine Lammkeule, das wirkt, wenn man sehr, sehr langsam ißt und die ganze Zeit an Tommy denkt; wenn man sich Tommys Bild vor Augen hält, kann man den Salat in alles verwandeln, was man sich wünscht. In Hummersalat oder ein ganzes Smörgasbrod, und wenn man seinen Namen immer wieder vor sich hin sagt, kann man so tun, als wäre es eine ganze Eisbombe oder eine ganze Torte, wenn man das will und …«
    »Ich werde so tun, als wäre es ein Schinken und Nierchenpastete und eine Wassermelone, gefüllt mit Obstsalat, und Tommy und ich sitzen im Regenbogensaal und nehmen zum Abschluß Parfait Royal …« Ich ertrank fast in meiner eigenen Spucke; im Hintergrund konnte ich fast Tommy hören, und ich konnte Ramona hören, die sagte: »Kapaun, Tommy mag Kapaun, Canard à l’orange, Napoleons, morgen wollen wir uns Tommy zum Lunch aufheben und ihm beim Essen zuhören …« und ich dachte darüber nach, ich dachte an das Zuhören und die Vorstellung einer ganzen Sahnetorte und fuhr fort: »… Zitronencreme, Reispudding, ein ganzer Edamer Käse … Ich glaube, ich werde weiterleben.«
    Am nächsten Morgen kam die Hausmutter beim Frühstück herein und sah, mit rotgelackten Fingernägeln auf ihre schlanke Hüfte trommelnd, angewidert zu, wie wir uns über das Glas Orangensaft und das hartgekochte Ei hermachten – sie sollte das fortan täglich tun. Ich war zu schwach, um mich beherrschen zu können; ich hörte ein schrilles Wimmern und erkannte nur an ihrer Miene, daß es meine eigene Stimme war: »Bitte, bitte, nur ein bißchen Brot, ein Stückchen Butter, irgend etwas, ich könnte die Teller ablecken, wenn Sie es erlaubten, aber bitte lassen Sie mich nicht so zurück, bitte, bitte …« Ich sehe noch immer ihre Verachtung, als sie kehrtmachte.
    Ich fühlte Ramonas loyale Hand auf meiner Schulter. »Da ist immer noch Zahnpasta, aber iß nicht zuviel auf einmal davon, sonst kommen sie und nehmen sie einem ab.«
    Ich war zu schwach um aufzustehen, deshalb brachte sie mir die Zahnpasta, und wir teilten uns die Tube und redeten über alle Banketts, die wir je genossen hatten, und als wir dessen müde wurden, redeten wir über Tommy, und als das nichts nützte, ging Ramona zu dem Knopf und wir hörten »Wenn eine Witwe«, und das half eine Weile, und dann beschlossen wir, »Wenn eine Witwe« morgen bis zum Einschlafen aufzubewahren, denn dann hätten wir etwas, auf das wir uns den ganzen Tag freuen könnten. Dann kam der Lunch, und wir weinten beide.
    Es war nicht bloß Hunger: nach einer gewissen Zeit beginnt der Magen sich selbst zu verzehren, und die wenigen Gramme, die man bei den Mahlzeiten hineinsteckt, sättigen ihn so, daß der Appetit selbst auf die Dauer nachläßt. Nach dem Hunger kommt die Niedergeschlagenheit. Ich lag, immer noch zu schwach um aufzustehen, einfach da und erkannte in meinem Elend, daß sie mir unablässig Schweinebraten und Wassermelone und Schlagsahne bringen, daß sie alle meine Träume erfüllen könnten und daß ich dann nur hilflos weinen würde, weil ich nicht mehr die Kraft zum Essen hatte. Aber sogar als ich glaubte, den Tiefpunkt erreicht zu haben, begriff ich noch nicht das Schlimmste. Ich stellte es zuerst bei Ramona fest. Ich beobachtete sie vor dem Spiegel und sagte voller Angst:
    »Du bist dünner geworden.«
    Sie drehte sich, Tränen in den Augen, um. »Nelly, ich bin nicht die einzige.«
    Ich musterte meine eigenen Arme und sah, daß sie recht hatte: über dem Ellbogen war eine Fettfalte weniger; über dem Handgelenk war ein Wulst weniger. Ich wandte mein Gesicht der Wand zu, und Ramonas ganzes Gerede über Essen und über Tommy vermochte mich nicht zu trösten. Verzweifelt schaltete sie Tommys Stimme an, aber während er sang, lag ich auf dem Rücken und dachte an das Schwinden meines eigenen Fleisches.
    »Wenn wir ein Radio stehlen würden, könnten wir ihn noch mal hören«, sagte Ramona, um mich zu ermuntern. »Wir
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