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Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Titel: Damit Dein Leben Freiheit Atmet
Autoren: Anselm Gruen
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hat sich in der frühkirchlichen Askese ausgewirkt. Die frühen Mönche stehen der stoischen Philosophie in manchem nahe. Reinheit hat hier vor allem eine psychologische und ethische Dimension. Die spirituelle Dimension der Reinheit betont dagegen der Neuplatoniker Plotin. Für ihn ist die Katharsis die erste Stufe des Aufstiegs der Seele auf ihrem Weg zur Erkenntnis des Einen. Die Seele kann mit dem Einen (mit Gott) nur eins werden, wenn sie innerlich gereinigt worden ist von allen sie verunreinigenden Tendenzen.
    In der Tradition Platons sieht Plotin dabei die Reinigung immer auch als Trennung der Seele vom Leib an. Von Plotin sagt sein Biograph, daß er sich geschämt habe, in einem Leib zu wohnen.
    Diese leibfeindliche Dimension hat sich auch in manchen christlichen Kreisen negativ auf das Verständnis von Katharsis und Reinheit ausgewirkt.
    Hippokrates, der große griechische Arzt, hat auf dem Hintergrund griechischer Philosophie eine kathartische Medizin entwickelt. Der Mensch wird unrein, wenn einer der vier Säfte im Menschen - Blut, Schleim, schwarze und gelbe Galle - im Überfluß vorkommen. Die Medikamente, die Hippokrates verabreicht, sollen die schädlichen Stoffe aus dem Leib hinaustragen. Heilung besteht daher letztlich in einer Reinigungskur. Das, was den Menschen verunreinigt, wird durch die entsprechenden Medikamente ausgeleitet. So wirken auch heute noch manche Medikamente. Wenn jemand an
    Amalganvergiftung leidet, helfen Algenmittel und viel Trinken, das Gift auszuscheiden. Hippokrates fordert vom Arzt auch, er solle auf die Reinheit der Umwelt achten, damit der Mensch seine Reinheit bewahren kann. Und der Arzt muß sich zu einer reinen Lebensführung und Berufsausübung verpflichten.
    Hippokrates wußte, daß man den Menschen nicht in erster Linie mit technischen Mitteln oder mit Medikamenten heilt, sondern durch die Reinheit der Gesinnung, mit der der Arzt den
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    Patienten behandelt. Die Beziehung zwischen Arzt und Patient ist wichtig. Sie darf nicht durch unlautere Nebenabsichten und durch Projektion der eigenen Affekte auf den Patienten verunreinigt werden.

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    II. Jesus von Nazareth

    Jesus spricht auf seine persönliche Weise von Reinheit und Reinsein. Er kämp ft gegen die engen Reinheitsvorschriften der Pharisäer. Die sind ihm zu äußerlich und können zu einem zwanghaften Denken und Handeln führen. Jesus geht es um die innere Reinheit des Menschen, um die Lauterkeit des Herzens, um das reine Herz.

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    Das reine Herz

    Die Pharisäer stoßen sich am liberalen Verhalten Jesu. Sie werfen ihm vor, daß er und seine Jünger ihre Hände vor dem Essen nicht waschen. Man müsse mit reinen Händen essen.
    (Vgl. Markus 7,2) Jesus wehrt sich gegen diesen Vorwurf. Er wirft den Pharisäern vor, daß sie sich nicht an den Sinn des göttlichen Gebotes halten, sondern an ihre eigenen
    Überlieferungen, die den Willen Gottes verstellen. Den Pharisäern sind nicht nur die reinen Hände wichtig, sondern auch die reinen Speisen. Bei den Juden galten die vierfüßigen Tiere als unrein. Daher durfte man ihr Fleisch nicht essen. Jesus stellt die Unterscheidung von reinen und unreinen Speisen in Frage und rührt damit an das Fundament alttestamentlicher Reinheitsvorstellungen: »Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.« (Mk 7,15) Es gibt keine unreinen Speisen. Das hält Markus eigens fest: »Damit erklärte Jesus alle Speisen für rein.« (Mk 7,19) Denn die Reinheit hängt nicht von dem ab, was ich esse, was ich in mich aufnehme, sondern von dem, was aus mir herausgeht.
    Und dann erklärt Jesus, was er meint: »Was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft.
    All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.« (Mk 7,20-23)

    Wie sollen wir dieses Wort Jesu verstehen? Jesus geht es weniger um die äußere Reinheit, sondern um die Reinheit des Herzens. Aber - so sagt sein Wort - in diesem Herzen ist das
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    Böse. Wie das Böse ins Herz kommt, darüber sagt Jesus nichts.
    Ich kann mir zwei Deutungen des Jesuswortes vorstellen: Die erste Deutung meint: Jesus rechnet damit, daß böse Gedanken und verderbliche Leidenschaften im Herzen
    vorkommen. Aber nur wenn sie geäußert
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