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Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Titel: Damit Dein Leben Freiheit Atmet
Autoren: Anselm Gruen
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spüre ich, wie für mich die Reinigung meiner Emotionen ein wichtiges Thema ist.

    So hoffe ich, daß ich mit diesem Buch über reinigende Rituale die Sehnsucht vieler Menschen nach Reinheit und Klarheit, nach Freiheit und Lauterkeit, nach Einfachheit und Einssein anspreche. Für manchen mag der Weg über die Vorstellungen von Reinheit und Reinigung in der Bibel und in der mystischen Tradition zu mühsam sein. Er kann sich gleich dem zweiten Teil des Buches zuwenden, in dem die persönlichen Wege der Reinigung angesprochen werden. Doch für mich war gerade die Beschäftigung mit der Bibel und mit dem frühen Mönchtum fruchtbringend. Sie hat mir gezeigt, daß die heutige Sehnsucht nach Reinheit schon immer die Menschen umgetrieben hat.
    Jesus hat auf seine originelle Weise auf diese Sehnsucht geantwortet. Und die Mönche und Mystiker haben Jesu Worte jeweils in ihre Zeit übersetzt und auf ihren spirituellen Weg bezogen, von dem wir viel über unseren eigenen Weg erfahren können. So möchte dieses Buch dazu beitragen, daß Sie, lieber Leser und liebe Leserin, für sich einen Weg finden, rein und lauter zu werden, damit Ihr Leben Freiheit atmet.

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    I. Reinheit und Reinigung in der
    Religionsgeschichte

    Das deutsche Wort »rein« hängt sprachlich mit dem »Sieb«
    zusammen. Rein ist das Gesiebte. Das Sieb hält das Grobe und Unreine zurück und läßt nur das Eigentliche durchsickern. Rein hat also damit zu tun, daß ich in Berührung komme mit dem eigentlichen Kern in mir und alles Äußere, das diesen Kern verstellt, ausgeschieden wird. Rein ist auch verwandt mit dem griechischen Wort »krino« (»scheiden«, »sondern«). Reinheit entsteht, wenn ich das Schmutzige und Saubere voneinander scheide, oder ethisch gesprochen, wenn ich das Gute vom Bösen trenne. Im Mittelalter sprachen vor allem die Mystiker oft von Lauterkeit. Das Wort »lauter« kommt von »lavo« (»waschen«): etwas Verschmutztes muß also gewaschen werden, damit es lauter und rein wird. Das lateinische Wort für Reinigen,
    »purgare«, heißt eigentlich »rein machen« (»purum agere«). Für die Römer ist Reinigen etwas Aktives. Ich muß etwas tun. Ich muß putzen und den Schmutz wegmachen.
    In allen Religionen spielt die Reinheit eine wichtige Rolle.
    Man muß sich Gott mit reinen Händen und einem reinen Herzen nahen. Das ist in Ägypten nicht anders als in Indien und Griechenland. Es gilt für das Judentum, den Islam, den Buddhismus, Hinduismus genauso wie für das Christentum.
    Reinheit ist oft ein kultischer Begriff. Bevor man im Tempel ein Opfer darbringt, muß man sich durch Reinigungsriten, oft durch Waschungen, darauf vorbereiten. Dem reinen Gott muß man sich rein nahen.
    In der Sehnsucht nach Reinheit drückt sich also die Ehrfurcht vor dem ganz anderen Gott aus. Gott ist heilig. Der Mensch fühlt sich dagegen oft befleckt. Unrein wird nach der
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    Auffassung der Ägypter der, der die Ordnung verletzt. Bei den Griechen verunreinigt sich der Mensch vor allem durch Blutschuld, durch Geburt und Tod, durch Menstruation und Geschlechtsverkehr und durch Entweihung des göttlichen Bereichs. Der Mensch muß sich durch Reinigungsriten heiligen, damit er vor den heiligen Gott zu treten vermag. Man glaubt, daß man durch besondere Riten den Zustand der Reinheit herbeiführen kann. Für die Ägypter sind solche Riten »rituelle Bäder, das Entfernen der Haare, das Anlegen weißer Gewänder, sexuelle Enthaltsamkeit und die Einhaltung bestimmter Speisevorschriften« (Bernhard Maier 474). Andere Religionen kennen »rituelle Reinigungen mit Feuer oder Wasser, Räuchern zum Zwecke der Vertreibung böser Geister, das rituelle Beschreiben eines Kreises zur Festlegung eines geheiligten Bezirks sowie die Vermeidung verunreinigender Substanzen durch verschiedene Formen der Enthaltsamkeit« (ebd. 476). Bei allen Reinigungsriten geht es darum, daß etwas Unreines aufgelöst wird und der Mensch rein vor den heiligen und reinen Gott tritt. Aber in allen Religionen bleibt man nicht bei der äußeren Reinheit stehen. »Rein« ist auch ein ethischer Begriff.
    Er bezieht sich auf die reine Gesinnung. Rein wird oft gleichbedeutend mit heilig verwendet. In den Mysterienkulten Griechenlands spielte der Begriff der Katharsis eine wichtige Rolle. Die Eingeweihten waren auserwählt, am »Gelage der Reinen« teilzunehmen.
    Im Alten Testament beschreiben zahlreiche Vorschriften, wie der Mensch sich reinigen soll, wenn er etwa durch Krankheit, durch Geburt oder
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