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Damiano

Damiano

Titel: Damiano
Autoren: R. A. MacAcoy
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zufügen, als an die eigene Gesundheit zu denken. Manche haben sich die Fertigkeit erworben, alle Bezahlung auf eine ferne Zeit in der Zukunft aufzuschieben, in der Hoffnung, daß sie sterben, ehe die Rechnung fällig wird.«
    Damiano seufzte tief. »Aber ich glaube nicht, daß man diese besondere Schuld hinter sich lassen kann, indem man stirbt.« Wieder mußte er an seinen Vater denken. »Und selbst wenn ich morden und ungeschoren davonkommen könnte, wäre es eine armselige Weise zu töten, denn in der Zeit, die ich dazu brauchen würde, einen Menschen durch Zauberei zu töten – einen Menschen, sage ich, denn die Macht, ein Regiment zu vernichten, besitze ich nicht –, könnte ich von einem einfachen Soldaten, der weder Hirn von Zauberkraft hat, niedergemacht werden.«
    Pardos Blick war begierig, räuberisch.
    »Das ist interessant. Sehr interessant. Und überzeugend, da meinem Gefühl nach nichts im Leben umsonst ist. Doch Ihr seid kein Soldat, Signor Delstrego, daher wißt Ihr nicht, was alles im Krieg von Wert sein kann. Man braucht kein ganzes Regiment zu töten, um es zu vernichten; man braucht die Leute nur mitansehen zu lassen, wie ihr Befehlshaber vom Pferd stürzt und dabei mit puterrotem Gesicht noch Luft schnappt. Ich will Euch erzählen, was ich da schon alles erlebt habe, wodurch Heere vernichtet wurden: durch den Fluß schlechten Wassers, durch die Prophezeiung einer verrückten alten Hure am Abend vor der Schlacht; durch den Anblick von drei Krähen, die auf dem Kadaver einer schwarzen Färse hockten. Solche Albernheiten entscheiden über Sieg und Niederlage. Und so wird es immer sein, solange Kriegsheere aus Menschen bestehen. Überlegt, was es meinen Leuten bedeuten wird zu wissen, daß der Zauberer Delstrego mit ihnen in die Schlacht reitet. Überlegt, was es dem Feind bedeuten wird.«
    Enthusiasmus blitzte in Pardos grauen Augen auf, und Damiano war nicht ganz dagegen gefeit. Noch nie hatte ein Mensch sich von der Vorstellung begeistert gezeigt, er könnte mit ihm ins Feld ziehen. Er, der Zauberer Delstrego…
    Aber noch während dies Damiano durch den Kopf ging, spürte er das leise summende Vibrieren des Stabes in seinen Händen, die geheime Stimme der Warnung, und er machte sich bewußt, daß er hierher gekommen war, um für seine Heimatstadt zu plädieren, und daß Pardo ihn zurückgewiesen hatte. Und Pardo war Römer, man konnte ihm also nicht trauen. Außerdem erinnerte er Damiano an seinen Vater, und was konnte abschreckender sein?
    Plötzlich hörte er von draußen Lärm. Der Saal verfinsterte sich, als Männer die Tür blockierten, durch die das Licht einströmte. Pardo wollte auf Nummer Sicher gehen.
    Damiano lächelte den General unbestimmt an, während er den zweiten Silberring seines Stabes fester umfaßte. Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, statt dessen jedoch verschwand er.
    General Pardo zwinkerte verdutzt. Sein Blick huschte nach rechts und nach links.
    »Sucht ihn!« brüllte er die Männer an, die jetzt hereingestürzt kamen.
    Einen Moment lang war die Türöffnung unbesetzt; Damiano schlich sich auf Zehenspitzen hindurch. Vorsichtig huschte er durch die Vorhalle und näherte sich dem gewölbten Portal, das zur Straße hinausführte.
    Macchiata hockte in der Haltung einer geduldigen Leidenden im Staub. Ihre Nase zuckte, als sie ihn in der Nähe witterte, und sie drehte den Kopf erwartungsvoll zum Portal. Der Posten hatte Damiano nicht bemerkt. Er spähte mit langem Hals ins Innere des Hauses, wo der Tumult immer lauter wurde.
    Damiano berührte die Hündin so leicht am Rücken, daß sie es nicht spürte. Er flüsterte zwei Worte. Sie blaffte und fuhr hoch.
    »Ach, da bist du«, stieß sie hervor und wedelte mit steifem Schwanz. Statt einer Antwort legte Damiano seine Hand auf seinen Mund und bedeutete ihr, ihm zu folgen.
    »Ich bin unsichtbar«, zischte er und eilte leichtfüßig die leergefegte Straße hinunter, wo jetzt die ersten Schneeflocken fielen.
    »Aber ich kann dich sehen, Herr«, entgegnete die Hündin, die weniger leichtfüßig hinter ihm hertrottete.
    »Du bist auch unsichtbar«, sagte Damiano. Dann blieb er abrupt stehen.
    An die Brunnenmauer gelehnt lag schnarchend der alte Marco. Die Filzjacke war leicht mit Schnee bestäubt. Er sah aus wie immer – schmutzig, träge, mürrisch, selbst im Schlaf. Hatte er wirklich die Bürger von Partestrada an Pardo verraten? Wenn ja, warum hockte er dann noch hier draußen im Schnee, anstatt in relativer
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