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Damiano

Damiano

Titel: Damiano
Autoren: R. A. MacAcoy
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gestatteten. Unten leuchtete ein Licht; ein einziges rauchiges Feuer, wo Dutzende hätten sein sollen. Der Wind bauschte seinen Umhang, und der Hermelin schimmerte heller als der Schnee. Es war still bis auf das Rauschen des Windes und das Geräusch seines Atems.
    Schon fühlte er sich Partestrada fern, nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich. Sein Auszug war schnell vonstatten gegangen wie ein Schnitt, aber auch, so empfand er jetzt, wenn er es bedachte, genau so gründlich. Alle Bande, die ihn an sein Heim gefesselt hatten, waren durchschnitten. Carla hatte ihn im Stich gelassen; doch Macchiata und die Laute konnte er mitnehmen. Damiano steckte plötzlich ein Kloß in der Kehle, obwohl er gar nicht die Absicht hatte, Partestrada für immer zu verlassen, sondern lediglich so lange, wie er brauchte, um seine Mitbürger zu finden und etwas gegen diesen General Pardo zu unternehmen. Insgesamt vielleicht zwei Wochen, so schätzte er.
    Er kletterte den Kamm des Hügels hinunter und schlug dabei mit seinem Stab das niedrige Buschwerk auseinander, um den Eingang zu der Höhle aufzuspüren, an die er sich erinnerte.
    Dann entdeckte er sie. Auf allen vieren kroch er hinein. Seine Hände schmerzten auf der harten gefrorenen Erde.
    Im Inneren regte sich kein Lüftchen, und der kleine Bach, der die Höhle ursprünglich in den Fels gegraben hatte, lag wie eine abgerissene Silberkette gefroren auf ihrem Grund. Er schob sich über das Eis auf die andere Seite. Macchiata rutschte hinterher.
    Da war, wie er es noch im Gedächtnis hatte, das Loch in der Wand; eine eiförmig Kammer im Stein, die ihm als Knaben, der allein darin spielen wollte, ausreichend Platz geboten hatte. Dem erwachsenen Damiano mit seiner Laute war sie nicht mehr so bequem, und noch beengter wurde es, als Macchiata sich ebenfalls hereindrängte und sich zwischen seinen Knien zusammenrollte. Der Stab paßte nicht hinein. Er legte ihn an den Rand des Lochs, so daß der silberne Knauf ins Innere hereinragte. Er berührte ihn und murmelte dabei drei Worte auf Hebräisch. Darauf verströmte der silberne Knauf Licht genug, so daß er sich zurechtfinden und seinen pelzgefütterten Umhang zwischen seinem Körper und dem Stein ausbreiten konnte.
    »So übel ist es hier gar nicht«, flüsterte er Macchiata zu. Diese knurrte nur.
    Er ließ das Licht verlöschen.
    »Sag mal, Macchiata, hat sich eigentlich jemand dem Haus genähert, während ich in dem Kessel die Mixtur rührte? Ist vielleicht jemand vor dem Haus stehengeblieben und hat nach einem Licht im Fenster Ausschau gehalten, um dann weiterzugehen, als er keines sah?«
    Macchiata räkelte sich schläfrig.
    »Ich habe viele Menschen vorüberziehen sehen, und auch Pferde und Wagen. Alle Hunde der Stadt, glaube ich. Sie wollten, daß ich mitkomme; sie sagten, es würde lustig werden. Aber natürlich bin ich nicht mitgegangen.
    Einmal hat auch jemand an die Tür geklopft. Aber nicht heute. Ich weiß nicht mehr, wann.«
    »Ah!« Damiano hob den Kopf. »Pater Antonio?«
    Macchiata gähnte. »Nein. Diese Carla mit den blonden Haaren.«
    Damianos Kopf fuhr auf und prallte gegen die Felsdecke der Höhle, aber das konnte seine Freude nicht schmälern.
    »Carla Denezzi an meiner Tür? Warum ist sie nicht hereingekommen?«
    »Weil ich sie nicht gelassen hab«, erklärte die Hündin.
    »Du hattest gesagt, du wolltest nicht gestört werden. Ich erbot mich, dir eine Nachricht zu überbringen, wie ich das immer tue, aber sie riß nur die Augen auf und rannte davon. So scheu wie eine Katze, die Kleine.«
    Damiano war so selig, daß er dringend jemanden umarmen mußte. Macchiata grunzte zufrieden wie ein sattes Schwein.
    »Scheu? Aber nein, Macchiata, sie hatte Mut, sonst wäre sie überhaupt nicht gekommen. Wenn dieser Grobian Denezzi geahnt hätte, daß sie allein das Haus Delstrego aufsuchen würde, wäre er – nun ja, ich weiß nicht genau, was dann geschehen wäre, aber er wäre auf jeden Fall sehr böse geworden. Und sie muß doch unglaublich viel zu tun gehabt haben, alles sortieren und packen, die Rechnungen bei den Händlern begleichen. Nein, sag nicht, daß sie scheu ist, Macchiata!«
    Die Hündin steckte ihren Kopf mit unmißverständlicher Bewegung zwischen ihre Pfoten und schwieg.
     
     
    Als Damiano erwachte, schimmerten die Wände der Höhle kalkig weiß von diffusem Sonnenlicht. Ihm war warm, aber er war sehr hungrig. Macchiata war nicht da, aber er hörte sie an der Höhlenöffnung, wo sie im Gebüsch umherstreifte
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