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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still
Autoren: Christa von Bernuth
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quietschenden Reifen bremsen: sonst nichts. Keine hämmernden Bässe, kein durch die Wände gedämpftes vielstimmiges Geschrei. Der Club schien Ruhetag zu haben. David wollte gerade wieder einsteigen, da sah er etwas vor dem Eingang liegen.
    David zog seine Waffe und entsicherte sie.
    Es war sehr still und dunkel, nur über dem Eingang spendete eine trübe Funzel etwas Licht und beleuchtete schwach dieses Ding , das da lag. Vielleicht nur ein Bündel Kleidung. Sicher nichts Bedrohliches. Um trotzdem keine Zielscheibe in der Dunkelheit abzugeben schaltete David die Scheinwerfer des BMWs nicht ein. Er nahm stattdessen die Waffe in beide Hände und ging langsam, links und rechts schauend, auf den Eingang zu.
    Das Ding war ein junger Mann in überweiten Hosen und einem schwarzen, bedruckten T-Shirt. Er lag auf der David abgewandten Seite und schien zu schlafen. Jedenfalls hoffte David, dass er das tat. Er kniete vorsichtig nieder, nahm die Pistole in die linke Hand und fasste mit der rechten dem Mann an die Schulter. Sie fühlte sich seltsam steif an, wie gefroren, dabei war es eine milde Sommernacht. David legte zwei Finger auf die Halsschlagader und fühlte keinen Puls. Die Haut war kalt und fast so unbeweglich wie Wachs.
    »Scheiße«, sagte David vor sich hin. Sein Mund wurde trocken, und plötzlich spürte er im Magen jede einzelne Zigarette dieser langen Nacht. Es war bei weitem nicht sein erster Toter, aber er hatte heute überhaupt nicht mit so was gerechnet. Es hatte ihn kalt erwischt. Er dachte an Sandy, die jetzt allein im Bett lag, sprintete zurück zum Auto und holte seine Taschenlampe, eine riesige Mag-Lite. In ihrem kalten Licht wirkte das Gesicht des Toten grau und noch auf andere Weise seltsam. David hatte keine Lust genauer hinzuschauen. Da lag eine Leiche, und er war derjenige, der sie gefunden hatte. Das hieß, dass er in den nächsten Stunden nicht nach Hause kommen würde und später bestimmt keine Chance bekäme, den verlorenen Schlaf nachzuholen.
    Er zog sein Handy aus der Hosentasche und informierte den Bereitschaftsdienst im Dezernat für Todesermittlung. Aus seiner Sicht, dachte er, war alles klar. Heroin, Highball oder Crack. Der Club war ein Umschlagplatz für alle möglichen Drogen, auch harten Stoff. Er erklärte das dem Beamten, der ihm zusagte, die üblichen Leute vorbeizuschicken. Die Nacht war so warm, dass er bei diesem kurzen Gespräch beinahe ins Schwitzen kam. Vielleicht lag das aber auch gar nicht an den Temperaturen.
    »Ist er sicher tot?«, fragte der Beamte zum Schluss.
    »Ja. Leichenstarre hat schon eingesetzt.«
    »Ich ruf trotzdem einen Krankenwagen.«
    »Kann man sich sparen. Wirklich.«
    »Ganz sicher?«
    »Ja!«
    »Okay. Sie bleiben vor Ort, bis die Kollegen da sind, klar?«
    »Nee«, sagte David. »Ich geh jetzt nach Hause und hau mich hin. Ihr kriegt das schon alleine auf die Reihe.« Der Beamte produzierte ein blechernes »Hö, hö!« und legte auf. David wandte sich erneut der Leiche zu und kniete sich hin. Ohne die Lage des Toten zu verändern, untersuchte er vorsichtig die nackten, kalten, steifen Arme. Das Gesicht sparte er aus. Irgendetwas stimmte damit nicht, und er wollte noch immer nicht wissen, was es war. Die Arme waren unauffällig, jedenfalls auf den ersten Blick. Keine Narben alter Einstiche fühlbar. Vielleicht Selbstmord, dachte er. Aber wie hat er es gemacht?
    Eine Überdosis Pillen?
    Sehr unwahrscheinlich.
    Er stand wieder auf und rief Sandy an. Mittlerweile war es hell geworden, die Zeit, wenn das Baby meistens wach wurde und zu weinen begann. Dann verließ Sandy das gemeinsame Bett, und er drehte sich um und schlief weiter, obwohl er es nicht mochte, wenn sie ging, und sie jedes Mal am liebsten festgehalten hätte, weil er sich ohne sie so einsam fühlte. Dabei blieb sie doch in der Wohnung, ganz in seiner Nähe. Und trotzdem war ihm in solchen Momenten, als würden sie sich unausweichlich voneinander entfernen.
    Es klingelte einmal, zweimal, dreimal, dann hörte er ihre verschlafene Stimme.
    »David? Wo bist du denn?«
    »Sandy, tut mir Leid. Ich hab’ne Leiche gefunden. Vor dem Babylon .«
    »Was?«
    »Ein toter Junge. Wahrscheinlich Drogen, wie immer. Aber ich muss warten, bis die Kollegen kommen.«
    »Klar. Du bist ja auch ein ganz Wichtiger.«
    »Sandy...«
    »Und wie lange musst du da jetzt rumstehen?«
    »Weiß nicht. Bis die kommen, eben. Danach muss noch ein Protokoll geschrieben werden, dafür muss ich dann...«
    Er hörte ihr genervtes
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