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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still
Autoren: Christa von Bernuth
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trennte.
    »Warum hat er das alles getan?«
    Sabine schien darauf gewartet zu haben. »Willst du es sehen?«
    Sehen? »Äh – ja.«
    Sie schaltete den Fernseher wieder ein und spulte das Video ganz zurück, bis an den Anfang. Wieder war Janosch zu sehen, aber diesmal saß er mit dem Rücken zur Kamera, und seine Haare waren noch lang und verfilzt. Diese Aufnahme war also älter als die, der er bereits gesehen hatte. Sabine schaltete auf Standbild und wandte sich um, zu David.
    »Die ganze Wahrheit«, sagte sie. »Und danach bist du tot.«
    »Glaub ich nicht«, sagte eine Frauenstimme von der Tür her.
    David wälzte sich blitzschnell herum, obwohl ihm das höllische Schmerzen bereitete. Er sah KHK Seiler an der Tür stehen, die Pistole im Anschlag. Langsam kam sie in den Raum, hinter ihr der Kollege mit dem Tick am linken Auge, ebenfalls mit der Waffe im Anschlag, aber genauso linkisch und ungeschickt, wie David ihn von seiner Vernehmung her in Erinnerung hatte. Sabine hatte sich blitzschnell hinter den Fernseher geworfen, als gäbe es irgendeine Chance, dass man sie dort nicht finden würde. Trotz seiner Schmerzen und seines miserablen Gesamtzustands hätte David beinahe laut losgelacht. Stattdessen begann er zu weinen wie ein Kind, als ihm KHK Seiler hastig die Fesseln löste und das Blut mit qualvoller Wucht in seine Hände und Füße schoss.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte sie, und in diesem Moment liebte er sie, ihre wirren dunklen Haare, ihre übernächtigten braunen Augen, ihren besorgten Gesichtsausdruck, der überhaupt nicht zu der Frau passte, die er als KHK Seiler kannte.
    »Ganz – gut«, hörte er sich selber krächzen.
    »Der Krankenwagen ist gleich hier.«
    »Ja.« Die Tränen flossen ungehindert, und es war ihm egal.
    »Die kriegen Sie wieder hin.«
    »Ja. Und – danke. Und es tut mir Leid...«
    Zwei Schüsse und eine Explosion fegten ihm die Worte vom Mund. Sabine lag auf dem Boden, in ihrer schlaffen Hand eine Pistole. Der Fernseher rauchte. Das war das Letzte, was er sah: den rauchenden Fernseher. Ohne es zu merken, kniff er die Augen fest zu. Genug Leichen für die nächsten Wochen.
    »Verdammt, Patrick«, hörte er KHK Seiler sagen, während hinter seinen geschlossenen Augen rote Nebel wallten. »Warum hast du geschossen?«
    »Sie hatte..., hatte eine Waffe. Sie hat auf mich gezielt. Sie wollte...«
    »Lebt sie noch?«
    »Ich, ich glaub nicht.«
    »Verdammt«, sagte Mona Seiler ein zweites Mal, diesmal direkt an Davids Ohr. Er dachte noch: Das Video! Es ist bestimmt kaputt!
    Dann verlor er das Bewusstsein.

30
    Donnerstag, 1. 8., ca. 17 Uhr
    Die griechische Sonne brannte so heiß, dass man sich nur im Schatten aufhalten konnte. Mona döste auf einem Liegestuhl unter einem Bastschirm. Vor ihr das Meer, glatt wie ein Spiegel. Hinter ihr die Anlage eines Fünf-Sterne-Hotels. Ein Geräusch weckte sie. »Ich dachte, das interessiert dich«, sagte Anton. Er legte ihr jene Zeitung auf die nackten Beine, die man in jedem Urlaubsort bekam.
    Brutaler Serienmörder sagt:
Ich war’s nicht
    Mona setzte sich auf und las den dazugehörigen Artikel.
    »Und?«, fragte Anton, der sich neben sie gesetzt hatte.
    »Sie haben Serienmörder geschrieben, statt mutmaßlicher Serienmörder. Das gibt bestimmt Ärger.«
    »Das meine ich nicht«, sagte Anton ungeduldig.
    »Weiß ich schon. Aber seit wann interessierst du dich für meinen Job?«
    »Wieso? Ist doch spannend.«
    Mona sah ihn von der Seite an. »Na ja, hier steht’s doch. Janosch K. hat sein Geständnis zurückgenommen . »
    »Wieso?«
    »Ich darf nicht darüber sprechen. Weißt du doch.« Mona stand auf. »Komm«, sagte sie. »Lass uns schwimmen gehen.«
     
    Als sie zwei Stunden später ihre Zimmerschlüssel holten, gab ihr der Rezeptionist einen Zettel mit einer Telefonnummer, die sie nicht kannte. Daneben stand der Name Bergamar .
    »He wants you to call him back«, sagte der Rezeptionist.
    »Okay. Ich komm nach«, sagte Mona und sah Anton an. Anton zuckte die Schultern und nahm Lukas mit an die Poolbar, wo Lukas eine Cola und Anton ein Bier trinken würden. Mona fuhr mit dem Lift nach oben, ging in ihr Zimmer und rief die Nummer an, die auf dem Zettel stand. Schon nach dem zweiten Läuten hob Berghammer ab. Seine Stimme klang noch nicht wie die eines gesunden Mannes, aber es schien ihm schon erheblich besser zu gehen.
    »Du hörst dich gut an«, sagte Mona. Sie legte sich aufs Bett, den Hörer am Ohr. Die frische Bettwäsche roch gut, das Zimmer war
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