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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still
Autoren: Christa von Bernuth
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heiß, dass sie sich beinahe die Hand verbrannte, als sie sich beim Hinsetzen abstützen wollte. Auch das Lenkrad war zu heiß, um es anzufassen. Mona kramte ihre alten Handschuhe aus dem Handschuhfach und war sich über den Anblick, den sie bot im Klaren: Eine Frau, die mitten im besten Sommer aller Zeiten schwarze Lederhandschuhe trug. Sie öffnete alle vier Fenster, fluchte, wie so oft in diesen Wochen, über die nicht vorhandene Klimaanlage und gab Gas.
    Eine Viertelstunde später saß Mona an ihrem Schreibtisch im Dezernat und bat Lucia, eine außerplanmäßige Konferenz in ihrem Büro einzuberufen. Sie hatte seit gut dreißig Stunden nicht mehr geschlafen. Wann sie das letzte Mal etwas gegessen hatte, konnte sie nicht sagen. Bei der Hitze hatte man sowieso keinen Hunger. Mit den Zähnen riss sie das Zellophan von einer neuen Schachtel Zigaretten. Kern, Fischer, Bauer, Forster, Schmidt kamen, die beiden LKA-Beamten ließen sich entschuldigen, was Mona völlig egal war. Sie waren sowieso keine Hilfe gewesen.
    Mona erstattete der SoKo Samuel Bericht über die Aussage Plessens – falls man das Stammeln eines Schwerverletzten so nennen konnte.
    Skeptisches Schweigen in der Runde, das Mona ignorierte. »Was ist mit dem Brief?«, fragte sie Fischer.
    »Einer der Schupos hat grade angerufen. Da ist kein Brief in Plessens Nachtkästchen und auch sonst nirgendwo im Schlafzimmer. Kein Schriftstück, nichts.«
    »Verdammt. Wurde das Ding durchsucht? Ich meine, von dem Täter?«
    »Ziemlich wahrscheinlich. Die Schublade ist halb rausgezogen, Sachen liegen auf dem Boden, hat der Schupo gesagt.«
    »Und was ist mit Janosch Kleiber?«
    Fischer schüttelte den Kopf. »Weder mobil noch Festnetz.«
    »Ist er in Urlaub? Hat er sich bei irgendwem abgemeldet?«
    »Weiß ich doch nicht. Seine Dienststelle hat jedenfalls keine Ahnung, wo er steckt. Er hat diese Woche frei, die interessieren sich nicht dafür, was...«
    »Ja, ja. Was ist mit Susanne Kleiber?«
    »Susann a . Mit a am Schluss. Nichts. Scheint nicht zu Hause zu sein. Handy hat sie keins. Jedenfalls kein angemeldetes.«
    »Hast du auch die Richtige?«
    »Ich hab Nummer und Adresse von Kleibers Dienststelle. Sie gehört zu den Personen, die benachrichtigt werden sollen, wenn Kleiber was passiert. Zufrieden?«
    »Okay. Dann...« Mona nahm einen letzten Zug von ihrer Zigarette und drückte den heißen Filter aus. Ihr Team stand um ihren Schreibtisch herum wie bestellt und nicht abgeholt, und manchmal war dieser Anblick regelrecht lähmend. Aber sie hatte nun mal kein besseres. »Patrick«, sagte sie. »Du und ich, wir fahren jetzt zu Kleibers Wohnung. Danach zu seiner Mutter. Hans, du besorgst einen Durchsuchungsbeschluss für beide Wohnungen.«
    »Jetzt?«
    »Jetzt. Heute ist Freitag, ein ganz normaler Arbeitstag...«
    »Wetten, dass kein Richter mehr da ist bei dem Wetter?«
    »Ist mir egal. Dann spürst du die eben auf ihrem Segelboot auf. Ich brauche diesen Durchsuchungsbeschluss. Gerulaitis ist verschwunden und Kleiber vielleicht flüchtig. Wir haben keine Zeit mehr.«
    »Und was soll ich sagen?«
    »Dass wir Kleiber für den Täter halten.«
    »Aber...«
    »Er ist es. Die Verantwortung dafür übernehme ich. Wenn jemand Näheres wissen will, soll er mich anrufen.«
    »Kleiber ist unser Hauptverdächtiger«, sagte Fischer, und man sah richtig, wie der alte Trotzkopf in ihm wieder zum Leben erwachte. »Mehr nicht. Und das weißt du genau.«
    »Besorg mir den Beschluss, und dann sehen wir weiter.« Mona stand auf und winkte Bauer. »Gib mir Kleibers Adresse. Und die seiner Mutter«, sagte sie zu Fischer.
    Fischer riss ein Blatt aus seinem Block und gab es ihr. »Was willst du damit machen?«, fragte er, aber so, als wüsste er die Antwort schon.
    »Besorg mir den Beschluss, dann ist alles in Ordnung. Dann muss sich kein Mensch nachträglich aufregen«, sagte Mona. Gemeinsam mit Bauer, der hinter ihr hertrottete wie ein junger Hund, verließ sie das Büro und ließ vier ratlose Männer zurück.

27
    Der Keller schien heißer und heißer zu werden, aber vielleicht lag das nur an Davids Fieber und an seinem Durst. Sabine hatte ihm bereits die ganze Literflasche Wasser eingeflößt, aber er fühlte sich immer noch ausgedörrt wie nach einem Wüstentrip. Das Problem war, er durfte Sabine jetzt nicht zum Wasserholen schicken. Verließ sie diesen Raum, war der Bann gebrochen, und sie würde wieder wissen, was aus ihrer Sicht zu tun war: David zu töten, damit er sie nicht ans
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