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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still
Autoren: Christa von Bernuth
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verlockten ihn mit herrlich schrecklichen Bildern von Tod und Macht, und irgendwann ertappte er sich bei nächtlichen Spaziergängen, in denen er auf der Suche nach einem geeigneten Objekt seiner Begierden war, die er kaum noch im Zaum halten konnte, und daran war …

25
    » ... er schuld«, sagte Janosch. Er beugte sich nach vorn, und sein Gesicht lag nun wieder im Schatten, das Licht des Spots spiegelte sich in der Fensterscheibe hinter ihm, und man sah eine schemenhafte Figur. Wahrscheinlich Sabine.
    »Wer war an was Schuld?«, fragte David wie betäubt, ungeachtet der Tatsache, dass Janosch ihn nicht hören konnte. Und es gab auch keine Antwort darauf, nur noch einen Schlusssatz. »Wenn du das hörst, David, bin ich weg, weit weg. Wenn du hier herauskommst – und das wird passieren, keine Angst – bin ich untergetaucht. Ich habe alle Papiere zusammen. Danke David, dass du mein einziger Freund warst.«
    Das Rauschen kehrte zurück, Sabine schaltete das Gerät mit der Fernbedienung ab und starrte auf den schwarzen Bildschirm, als würde sie trotz allem noch mehr erwarten. Als müsste da noch etwas kommen, etwas, das sie selbst betraf. Es war sehr still in dem Raum, und die Angst in David wuchs. Möglicherweise wollte Janosch tatsächlich nicht, dass David etwas passierte. Was Sabine betraf, sah die Sache aber ganz anders aus, das spürte David an ihrem Blick, ihren angespannten Bewegungen, an ihrer Aura von jahrelang ertragener Frustration, die sie umgab wie ein schwüles, schweres, explosives Parfum. Sabine würde ihn nicht gehen lassen, nicht freiwillig.
    David wusste, er durfte nichts sagen, nichts fragen. Gelassenheit konnte ihn retten, Nervosität töten. Sabine stand mit knackenden Gelenken auf und trug den Fernseher wieder hinaus, diesmal laut und genervt stöhnend, als sei das Gerät plötzlich doppelt so schwer wie vorhin. Als sie wieder hereinkam, mied David ihren Blick, tat so, als ob er sehr müde wäre, als ob er nicht mehr viel mitbekäme. Sabine setzte sich neben ihn und begann zu sprechen, als sei er gar nicht da oder vollkommen unwichtig. Aber in Wirklichkeit wollte sie, dass er zuhörte, dass er nachfragte, sich für sie interessierte, für ihre Erfahrungen und Gedanken. Solange er das tat, würde sie ihn leben lassen. Deswegen musste er jetzt dafür sorgen, dass sie erzählen konnte, tausendundeine Stunde lang, wenn nötig.

26
    Freitag, 25. 7., 14.32 Uhr
    »Janosch Kleiber«, sagte Fischer in Monas Ohr. »Das ist der Partner von diesem Gerulaitis. Hat Gerulaitis in seiner Vernehmung gesagt. Soll ich dir die Stelle mal vorlesen?«
    »Nein danke. Ich bin sowieso gleich da.« Mona unterbrach im Gehen die Verbindung und ließ ihr Handy sinken. Janosch Kleiber war Hannes Staller. Aus Hannes hatte er Janosch gemacht, und Kleiber hieß er wahrscheinlich, weil seine Mutter Susanna ein zweites Mal geheiratet hatte. Sie hatte Recht gehabt: Der Täter war von der Polizei, und das war bei der Professionalität seines Vorgehens kein bisschen erstaunlich. Sie rief Fischer erneut an.
    »Hör zu, Hans, und frag jetzt nicht lange. Janosch Kleiber ist der Täter. Jedenfalls mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit. Ich will, dass du ihn vorlädst.«
    »Jetzt gleich?«
    »Ja, aber unauffällig. Sag ihm, es geht um seinen Kollegen Gerulaitis. Tu so, als brauchten wir seine Hilfe. Okay?«
    »Ja.«
    »Ich bin gleich da. Viertelstunde. Wenn er nicht auffindbar ist, versuchst du’s bei seiner Mutter Susanna Kleiber. Die wird ebenfalls vorgeladen. Wenn du ihn nicht erreichst, schreibst du ihn zur Fahndung aus.«
    »Und seine Mutter?«
    »Die noch nicht. Irgendwas von Gerulaitis gehört?«
    »Nichts.«
    »Okay. Bis gleich. Ach, noch was. Schick einen Streifenwagen zu Plessens Haus. In seinem Schlafzimmer, im Nachtkästchen befindet sich die Kopie eines Briefes. Die brauchen wir. Beeil dich Hans. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
    »Ja.«
    »Gut, danke. Ich fahr jetzt los.«
    Mona verließ die Klinik, in der Plessen operiert wurde, und steuerte den Parkplatz an, auf dem sie ihren Wagen abgestellt hatte. Es war der heißeste Tag, den sie je erlebt hatte. Die Luft war trocken wie in der Wüste, eine leichte Brise brachte keine Abkühlung, sondern fühlte sich an, als käme der Wind direkt aus dem Backofen. Das Auto stand in der prallen Sonne, weil es keinen Schattenplatz mehr gegeben hatte. Mona öffnete die Wagentür, und eine Hitzewelle schlug ihr entgegen, die sie nach Luft ringen ließ. Die Polster aus Kunstleder waren so
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