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Damals im Dezember

Damals im Dezember

Titel: Damals im Dezember
Autoren: Richard Paul Evans
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»Wenn Sie in Zukunft eine Stelle behalten wollen, sollten Sie unbedingt in Erfahrung bringen, für wen Sie arbeiten.«
    Mein Dad versuchte, Henrys Tür zu öffnen, aber sie war abgeschlossen, was zweifellos auf mein vorheriges Eindringen zurückzuführen war. Er klopfte.
    »Ich habe keine Zeit für dich, Luke«, rief Henry.
    »Hättest du Zeit für mich, Henry?«, fragte mein Vater.
    Stille. Plötzlich öffnete sich die Tür. »Carl. Entschuldige. Ich dachte, dass …«
    »… es mein Sohn ist?« Mein Vater ging in das Büro. »Setz dich, Henry.«
    »Ja, Sir.« Henry hastete an seinen Schreibtisch zurück.
    Mein Vater sah sich in seinem einstigen Büro um. »Was hast du mit meinem Büro gemacht, Henry?«
    Henry schluckte. »Ein paar Veränderungen hier und da, um es zu meinem zu machen.«
    »Offensichtlich«, meinte mein Vater und wandte sich wieder Henry zu. »Was hast du mit meinem Unternehmen gemacht, Henry?«
    Henry zwang sich zu einem nervösen Lächeln. »Ich habe es durchrationalisiert, Sir.«
    »Durchrationalisiert?«
    »Ja, Sir. Ballast abgeworfen.«
    »Gut«, sagte mein Vater. »Ich hasse Ballast.« Er ging zur Wand und betrachtete ein Foto, auf dem Henry mit einem Rapstar auf einer Bühne stand. »Was ist das?«
    »Wir haben einen Rapper in unsere letzte Konferenz gebracht. Ich dachte, es würde den Kampfgeist stärken.«
    »So, so«, meinte mein Vater und nahm das Foto von der Wand. »Wie gesagt, ich hasse Ballast.« Er warf das Foto in den Papierkorb neben dem Schreibtisch. »Ich werde dir helfen, Henry. Wir werden die Dinge noch ein wenig weiter durchrationalisieren.« Mein Vater drehte sich wieder um. »Denn von diesem Moment an bist du von deinen Pflichten entbunden.«
    Henry sah meinen Vater schockiert an. »Aber Carl, ich bitte dich. Ich habe nur die Interessen der Aktionäre vertreten.«
    »Hast du vergessen, dass ich der Mehrheitsaktionär bin?«
    »Nein, Sir.«
    »Ich glaube schon, dass du das hast.« Er beugte sich vor, und seine kraftvollen Augen funkelten. Einen Moment lang dachte ich, er könnte den angsterfüllt wirkenden Henry erwürgen. »Du hast die Grundprinzipien dieses Unternehmens vergessen, Henry. Das kann ich dir noch verzeihen. Du hast die Menschen verraten, die dieses Unternehmen aufgebaut haben. Das kann ich dir fast noch verzeihen. Aber du hast meinen Sohn mit Missachtung behandelt, Henry, und das werde ich dir nicht vergeben.« Er wandte sich an die beiden noch im Flur wartenden Sicherheitsleute. »Michael, führen Sie Mr Price aus meinem Gebäude. Er ist hier nicht mehr willkommen.«
    »Ja, Sir.«
    »Und Henry …«, sagte mein Vater.
    Henry sah ihn versonnen an.
    »Gegen das Karma kann man nichts machen.« Mein Vater wandte sich mir zu und zwinkerte. Dann meinte er: »Gehen wir, mein Sohn. Wir haben noch viel zu tun.«

Fünfzigstes Kapitel
    Mein Vater wollte gern die Menschen kennenlernen, die mir in meinen schweren Zeiten geholfen haben. Meine Rückkehr nach Las Vegas hat eigenartige Gefühle in mir ausgelöst. Ich fühle mich wie ein Schauspieler, der nach der Aufführung auf die Bühne eines leeren Theaters zurückkehrt, oder wie ein Soldat, der das Schlachtfeld Jahre nach Kriegsende erneut betritt.
    Aus dem Tagebuch von Luke Crisp
    Der schwarze Lincoln passte nicht zu dem ärmlichen Haus im Pueblo-Stil, vor dem er hielt. Der Fahrer parkte den Wagen ein und stellte den Motor ab.
    »Da ist es«, sagte ich.
    »Gehen wir«, forderte mich mein Vater auf. Wie üblich, stieg er aus dem Auto, bevor ihm der Fahrer die Tür öffnen konnte. Ich stieg nach ihm aus, und wir gingen gemeinsam zur Haustür der Familie Sanchez.
    Carlos hatte den Wagen draußen vorfahren sehen und öffnete die Tür, bevor wir sie erreicht hatten. Er blickte zwischen meinem Vater und mir hin und her.
    »Hallo Carlos. Das ist mein Vater«, sagte ich, obwohl ich vermutete, dass er sich das bereits gedacht hatte.
    »Es ist mir eine Ehre, Sir.«
    »Die Ehre liegt ganz auf meiner Seite«, entgegnete mein Vater. »Dürfen wir für einen Augenblick hereinkommen?«
    »Natürlich.«
    Als wir das Wohnzimmer betraten, kam auch Carmen herein. »Luke!«, rief sie und umarmte mich. Dann wandte sie sich an meinen Vater. »Sind Sie Lukes Vater?«
    »Ja, ich bin Carl«, bestätigte er. »Darf ich mich setzen?«
    »Selbstverständlich«, sagte Carlos und ging zu einem ausgeblichenen grünen Samtsessel, der fast in der Mitte des Raumes stand. »Bitte, nehmen Sie Platz.«
    Mein Vater setzte sich auf die Sesselkante, während
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