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Damals im Dezember

Damals im Dezember

Titel: Damals im Dezember
Autoren: Richard Paul Evans
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zweiten Stock hinauf.
    »Sie wohnt in der 207«, sagte ich.
    Mein Vater ging zu ihrer Wohnungstür, während ich hinten im Flur stehen blieb, wo sie mich nicht sehen konnte. Er klopfte. Einen Moment später hörte ich die Riegel zur Seite gleiten, dann öffnete sich die Tür.
    »Was möchten Sie?«, fragte Rachael. Es machte mich glücklich und nervös zugleich, ihre Stimme zu hören.
    »Sie sind Rachael Simmons?«, fragte mein Vater.
    »Ja«, bestätigte sie. Es folgte eine lange Pause. »Sie sehen aus wie …«
    Mein Vater streckte seine Hand aus. »Ich bin Carl Crisp, der Gründer von Crisp’s Copy Centers. Ich bin hier, weil ich einige der in meiner Abwesenheit getroffenen Entscheidungen beschämend fand – Entscheidungen, zu denen die Kündigung einiger wertvoller Mitarbeiter gehörten, zu denen auch Sie zählen. Ich komme aus eigenem Antrieb und im Namen von Crisp’s Copy Centers, um eine Entschuldigung auszusprechen und Ihnen Ihre Stelle wieder anzubieten.«
    Es verschlug ihr erst einmal die Sprache. »Machen Sie das bei allen?«
    Mein Vater lachte. »Nein.«
    »Danke«, sagte sie mit aufgewühlter Stimme. »Sie wissen ja nicht, wie viel mir das bedeutet.«
    »Möglicherweise.« Sein Blick wurde eindringlicher. »Rachael, gefällt Ihnen mein Unternehmen?«
    »Jetzt schon viel besser«, sagte sie.
    Mein Vater lachte.
    »Ich finde, es ist ein tolles Unternehmen«, setzte sie nach. »Sie haben immer gut für Ihre Angestellten gesorgt.«
    »Ich bin froh, dass Sie das sagen, weil ich glaube, dass wir noch viel besser für Sie sorgen können. Ich würde Ihnen gern ein Angebot machen. Wir haben eine freie Stelle in unserer Hauptverwaltung. Sie würden all Ihre Vergünstigungen behalten, aber Ihr Gehalt wäre wesentlich höher. Sie könnten nachmittags auch von zu Hause aus arbeiten, sodass Sie da sein könnten, wenn Ihr Sohn von der Schule nach Hause kommt.«
    Ich hätte nur zu gern ihr Gesicht gesehen.
    »Es gibt allerdings ein paar Haken bei der Sache.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Der erste wäre, dass Sie natürlich nach Phoenix umziehen müssten.«
    »Damit habe ich kein Problem«, versicherte sie schnell.
    »Der zweite ist nicht so angenehm. Sie wären dem neuen Leiter von Crisp’s direkt unterstellt.«
    »Warum sollte ich damit ein Problem haben?«, fragte sie.
    »Nun, vielleicht sollten Sie erst einmal erfahren, um wen es sich handelt.« Mein Vater drehte sich um und winkte mich zu sich. Ich kam zur Tür. Rachael erstarrte, als sie mich sah. Sie wusste noch immer nicht, dass er mein Vater war, und sah zwischen uns hin und her, um herauszufinden, welchen Zusammenhang es da gab.
    »Dies ist mein Sohn. Er wird wahrscheinlich der neue CEO von Crisp’s werden.«
    Rachael starrte mich nur an.
    Mein Vater sagte: »Ich würde es als einen persönlichen Gefallen betrachten, wenn Sie sich zumindest anhören würden, was er zu sagen hat.« Er sah zu mir und dann wieder zu Rachael hinüber. »Ich werde euch ein wenig Zeit allein geben. Es war mir eine Freude, Sie kennenzulernen, Rachael.« Dann wandte er sich mir zu. »Jetzt hast du das Wort, mein Sohn.« Damit ging er den Flur entlang und die Treppe hinunter und verschwand.
    Rachael stand weiter da und starrte mich an.
    »Hallo«, sagte ich.
    Sie umarmte mich. »Ich dachte, dass ich dich nie mehr wiedersehen würde.«
    Ich umarmte sie ebenfalls und drückte sie an mich.
    »Es tut mir leid, dass ich dir keine Möglichkeit gegeben habe, die Sache zu erklären«, sagte sie. »Ich hatte solche Angst. Und ich wollte, dass du zuverlässig bist. Ich wollte es so sehr.«
    »Ich bin kein Glücksspieler«, sagte ich.
    »Ich weiß. Ich habe deinen Steuerberater angerufen.«
    »Mike hat es dir erzählt?«
    »Ich habe ihm gesagt, dass es um Leben und Tod geht.«
    Ich hielt sie ein paar Minuten lang einfach nur fest. Als wir uns schließlich voneinander lösten, meinte sie mit einem Grinsen: »Dann kennst du Mr Crisp also doch persönlich, was?«
    »Tut mir leid. Das habe ich tatsächlich vor dir verheimlicht.«
    »Ich verzeih es dir«, sagte sie und presste sich wieder an mich.
    »Also wie lautet deine Entscheidung?«, fragte ich. »Kommst du nach Phoenix?«
    Sie lächelte. »Was glaubst du denn?«

Epilog
    Mein Vater hat einmal gesagt: »Der Krieger, der in die Schlacht zieht, sollte sich nicht damit rühmen, derjenige zu sein, der aus ihr zurückkehrt.«
    Ich habe jetzt erkannt, dass ich nur mit den guten Menschen prahlen kann, die mein Schild hielten, als meine Arme dafür zu
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