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Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)

Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)

Titel: Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)
Autoren: Samarkand
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hinüber, der weder trank noch aß. „Isst Du denn gar nicht?“, fragte ich ihn.
    „Nein“, antwortete er mir, „ich bin gesättigt. Aber greif Du nur zu. Aufregendes ist Dir in der letzten Nacht passiert und wir haben noch viel vor heute. Also, lass Dir Zeit und iss in aller Ruhe.“
    Während ich eine Scheibe frischen Baguettes mit cremigem Ziegenkäse verspeiste, lockte Gavin mit ein paar Bro tkrumen ein paar Papageientaucher an, die wohl einen kleinen Ausflug ins Landesinnere unternahmen. Lustig sahen sie aus mit ihren bunten Schnäbeln. Ohne Angst saßen sie in Gavins Nähe und ließen es sich gefallen, dass er ihnen erst die Brotkrumen gab und sie dann mit ein wenig Fisch fütterte.
    „So, meine Kleinen“, sprach er, „für heute soll es genug sein. Ihr sollt ja schließlich für Euren Hauptgang selber sorgen.“
    Verträumt schaute ich zu. Ich ließ die Momente an mir vorüberziehen. Genoss die Ruhe um mich herum und ließ geschehen, was geschehen sollte. Früh genug würde ich aufwachen, mich nur noch an diesen schönen Traum erinnern können und tagtäglich meine Blicke über das Meer zur Île de Seine wandern lassen. Aber vielleicht würde ich ja doch, jetzt endlich nach so vielen Jahren, einen der Fischer ansprechen, der mich zur Île de Seine bringen würde. Ja, vielleicht sollte ich das tun.
    Gesättigt von all den guten Sachen , wollte ich mich gerade auf dem weichen Boden ausstrecken, um noch ein wenig die kleinen weißen Wolken am blauen Himmel vorüberziehen zu sehen, als Gavin aufstand.
    „Wenn Du mit dem Frühstück fertig bist, dann gehen wir los.“
    „Wohin soll ich gehen?“, fragte ich erstaunt.
    Langsam kam mir der Verdacht, dass ich doch keinem Traum erlag, sondern mich stattdessen in einer wundersamen neuen Wirklichkeit befand.
    „Komm“, sagte Gavin nur und ergriff me ine Hand. Er führte mich weg von der Lichtung hinein in einen kleinen Wald. Wir liefen über weiches, kühles Moos und für den Moment genoss ich das Gefühl, barfuß über den weichen Boden zu laufen. Ein Gefühl, das mir bis dahin völlig unbekannt war.
    Wir liefen und liefen, jegliches Zeitgefühl hatte mich verlassen, ohne ein Wort zu sprechen bis wir zu einem Berg gelangten. Er war nicht sehr hoch, aber dennoch ein Berg. Wir gingen ein Stückchen rechts entlang des Berges, bis wir zu einem Busch gelangten, der uns den Weg versperrte. Gavin zog ein paar Zweige zur Seite, so dass ich hindurchgehen konnte. Er folgte mir und nach nur wenigen Schritten standen wir vor dem Eingang einer Höhle. Für mich fühlte es sich an wie ein Déjà-vu.
    Gavin drehte sich zu mir und seit unserer Wanderung, wie lang sie auch immer gedauert haben mochte, richtete er das erste Wort in bretonischer Sprache an mich: „Prest?“
    „Bereit?“
    Und ich fragte nicht danach, wozu bereit. Bis hierher hatte ich mich vorgewagt, hatte „ja“ gesagt, ich war das erste Mal voller Leben, wie hätte ich verneinen können und so antwortet ich auf bretonisch „ya!“
    Wir betraten die Höhle, deren Eingang noch vom Sonnen licht erhellt war; also konnte es noch nicht allzu spät sein und doch fühlte ich mich, als wenn ich schon seit Wochen meinem alten Leben entflohen war. Ich konnte nicht zwischen dem hellen Sonnenschein und dem Licht der Höhle unterscheiden, denn in kurzen Abständen waren an den Felswänden zu beiden Seiten große weiße Kerzen angebracht, die hell ihr Licht erstrahlen ließen.
    De r Weg, den Gavin mich entlangführte, war kurz, bis wir, ohne abzubiegen, in eine Kammer kamen. Hell erleuchtet von noch mehr Kerzen in allen Farben, die man sich nur vorstellen kann.
    Die Höhle war rund, genauso wie die Höhle, in der mein wundersamer Traum begonnen hatte. Nur war diese r Raum ebenerdig. Keine Stalaktiten, keine Stufen, keine Reliefs. Nur, von wem auch immer, glatt bearbeitete Natursteine und Licht, erzeugt von unzähligen Kerzen.
    „Gavin“, fragte ich, „wo sind wir?“
    „Hier fängt alles neu an und hier endet alles Alte“, antwortete er.
    Mit großen Augen schaute ich mich um und irritiert wandte ich mich in seine Richtung. „Was endet hier? Was fängt neu an?“
    Gavin hob die Arme in einem weiten Bogen, als wenn er die ganz Höhle umarmen wollte. „Schau“, sprach er, „hier siehst Du einen kleinen Teil der Menschenbilder, die sich an diesem Ort entschieden haben, neu zu beginnen.“
    Gavin zeigt e an das gegenüberliegende Ende der Höhle und sprach weiter: „Wenn wir weitergehen, siehst Du Hunderte
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